Fundstücke KW 34

Das so genannte „Voynich-Manuskript“ stellt die Forschung seit Jahren vor Rätsel: Handelt es sich um eine moderne Fälschung? Das Werk eines Spinners? Und nicht zuletzt: Wovon handelt es eigentlich?
Wer sich selbst einmal mit dem wundersamen Werk auseinandersetzen möchte, hat ab sofort Gelegenheit dazu: Ein bekannter spanischer Verlag hat eine Faksimile-Edition auf den Markt gebracht, wie derstandard.at berichtet.

In Sachsen-Anhalt werden, wie anderswo auch, die Lehrpläne der weiterführenden Schulen überarbeitet. Dabei soll auch das Fach Geschichte gründlich neu konzipiert werden. In diesem Zusammenhang scheint den Verantwortlichen (wie auch dem Autor dieses ZEIT-Artikels) die überraschende Erkenntnis gekommen zu sein, dass es in der Beschäftigung mit Geschichte gar nicht so sehr auf Jahreszahlen, Daten, Biographien ankommt, sondern z.B. auf Recherche, Anylse, Quellenkritik, Abstraktion, Perspektivwechsel, Medienkompetenz und viele weitere Fähigkeiten, die auch im Alltag eine wichtige Rolle spielen (sollten):

„So gesehen ist Geschichte eines der wichtigsten Fächer im Kanon überhaupt“

Das wussten Historiker natürlich schon lange, aber es stimmt hoffnungsvoll, wenn sich diese Erkenntnis nun tatsächlich auch in bildungspolitischen Kreisen durchsetzen sollte …

In der Steiermark sind Teile der ältesten mittelalterlichen Glasmalerei Österreichs entdeckt worden, meldet derstandard.at.

Die größte Gefahr in der mittelalterlichen Stadt, daher auch die größte Angst der Menschen, ging vom Feuer aus. Doch selbst heute sind mittelalterliche Städte nicht vor Großbränden gefeit – selbst wenn es sich nur um Kulissen für eine Fernsehserie handelt, wie in diesem Fall, von dem Spiegel Online berichtet.

Daniel Ossenkop widmet sich in einem Beitrag der sozialen Stellung der Frau im Mittelalter.

vrouwen maere schreibt über die Verarbeitung von Flachs.

In Lausanne hat am Freitag der Historiker Daniel Jaquet seinen Hindernislauf in Rüstung gegen einen Feuerwehrmann und einen Soldaten absolviert. Die Ergebnisse werden im Oktober vorgestellt (und dann mit Sicherheit in diesem Blog verlinkt!), das Schweizer Fernsehen berichtete am Samstag über das Experiment (leider nur auf Französisch):

Fundstücke KW 33

Sommerpause, Sommerferien, Sommerloch … Immerhin, einige Meldungen aus Geschichte und Archäologie fanden sich denoch:

Helmut Windl erklärt, warum experimentelle Archäologie und historische Handwerksdarstellung nicht das gleiche sind.

Im Nachlass eines Sammlerpaares ist ein bislang unbekannter Holzschnitt Albrecht Dürers aufgetaucht, worüber der WDR berichtet.

Ernst Nolte, einer der bekanntesten und umstrittensten Historiker Deutschlands, Auslöser des sogenannten „Historikerstreits„, ist im Alter von 93 Jahren gestorben.
Nachrufe in der ZEIT, auf Spiegel online und derstandard.at, außerdem noch eine ausführlichere Würdigung in der ZEIT.

Die Süddeutsche Zeitung widmet sich in einem Beitrag der Zukunft der Berliner Landesarchäologie (mit Dank an H. Jablonski für den Hinweis).

Auf Curiositas Mittelalter schreibt Max Emmanuel Frick über öffentliche Demutsgesten der ottonischen Herrscher.

Schon etwas älter, aber diese Woche erst in meinen Fokus geraten ist der Beitrag „Museen in der Krise: Konzepte, Probleme, Lösungen“ vom „Stradiot“.

Noch bis Donnerstag besteht die Möglichkeit, Daniel Jaquets „Obstacle Run in Armourauf Kickstarter zu unterstützen. Der Schweizer Historiker wird in einer spätmittelalterlichen Plattenrüstung bei einem Hindernislauf gegen einen modernen Soldaten und einen Feuerwehrmann antreten. Sportwissenschaftler der Universität Lausanne werden dabei Daten über Herz-Kreislauf- und Muskelaktivitäten sammeln. Das Projekt verspricht spannende neue Erkenntnisse über die physische Belastung und Belastbarkeit mittelalterlicher Kämpfer.
Hier der neueste Trailer:

Fundstücke KW 32

Die SHZ schreibt über die große, ein wenig künstlich inszenierte Aufregung um mögliche „Nazi-Symbolik“ bei einer Wikinger-Veranstaltung in Schleswig.
Die taz bauscht das Ganze dann noch ein wenig auf, spricht von „rechter Unterwanderung“ der living history-Szene, fügt ein Archivbild hin zu, das mit dem aktuellen Fall überhaupt nichts zu tun hat, und lässt den „Experten“ und Museumsdirektor Karl Banghard ein wenig Werbung für seine Broschüre zum Thema machen.
Der Fall landet dann sogar noch in der ZEIT, die (wie unten zu sehen ist) das fragliche Bild selbst noch einmal abdruckt, sich aber bemüßigt fühlt, darauf hinzuweisen, welcher der gezeigten Schilde der böse ist – von alleine kommt ein unbedarfter Zuschauer nämlich möglicherweise gar nicht darauf …

Nazis im Wolfspelz

Sicher, beim Ausräumen alter Schränke kann man mitunter Entdeckungen machen. Aber Figuren aus dem 15. Jahrhundert???
So geschehen im Ulmer Münster, wie der SWR vermeldet.

Die Süddeutsche berichtet über ein Projekt, das den mittelalterlichen Mönchen des Klosters Lorsch ein Gesicht geben soll.

Die Bergischen Historiker veröffentlichen auf ihrem Blog ein interessantes Interview mit der Archäologin Carmen Dietz-Röhl zum Thema „Kinder & Archäologie“.

Die Volkswagenstiftung fördert verschiedene museale Forschungsprojekte mit insgesamt € 3,9 Mio., weiß archaeologie-online.de.

Die Wienischen Hantwercliute präsentieren Informationen und Bilder zu Frisur, Haartracht, -schmuck und -pflege im 14. Jahrhundert.

Der Teufel steck im Detail, heißt es – doch nicht nur der: In der „living history“ sind es oft die kleinen, unscheinbaren Details, die aus einer guten eine hervorragende, einer inszenierten eine wirklich lebendige Geschichtsdarstellung machen. Von Besuchern werden sie oft gesehen aber gar nicht richtig wahrgenommen. Umso besser, wenn sie jemand mit Kennerblick im Bild festhält, so wie in diesem wunderbaren Album zur Veranstaltung „Leben & Alltag im 13. Jahrhundert“ in Puchberg (A):

Leben & Alltag im 13. Jahrhundert – Puchberg. (c) Andreas Bichler

Fundstücke KW 31

Die Kloake als „Archiv der Kulturgeschichte“ wird im Blog des LWL-Landesmuseums für Archäologie Herne gewürdigt.

Wie soll das neue Museum heißen, das in Köln in den kommenden drei Jahren entstehen soll? Vorschläge sind willkommen, sagt der WDR.

Eine kurze Meldung zur Geschichte der Hammertechnologie in der nördlichen Oberpfalz findet sich im Blog der Schauhütte.

Auf „Neues aus der Gotik“ schildert Niklas Hofbauer diese Woche die Tiroler Mode in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Auf archivalia.hypotheses.org schreibt Klaus Graf über den spätmittelalterlichen Liederdichter Hans von Westernach.

Matthias Schulz geht auf Spiegel Online den Problemen um das Geburtsdatum Kaiser Heinrichs III. auf den Grund.

Zu den unverwüstlichen Mittelalter-Mythen zählt jener vom unbeweglichen Ritter, der aufgrund des Gewichts seiner Rüstung mit Hilfe eines Krans aufs Pferd gehoben werden musste. Die Ursprünge dieses Mythos‘ gehen auf Missverständnisse des 19. Jahrhunderts zurück – und auf den Film „Henry V“ von Sir Laurence Olivier aus dem Jahre 1944, in dem gegen den Rat der beratenden Historiker Kräne wie der abgebildete eingesetzt wurden.
Diesem und anderen Mythen über mittelalterliche Waffen und Rüstungen widmet sich ein Beitrag von Dirk Breiding im Blog des Metropolitan Museums.

Kran, mit dem Ritter aufs Pferd gehievt werden. Château de Tiffauges, Frankreich.

Kran, mit dem Ritter aufs Pferd gehievt werden. Château de Tiffauges, Frankreich.

In seiner maßgefertigten Plattenrüstung tritt der schweizer Historiker Daniel Jaquet seit Jahren den Beweis an, dass Ritter tatsächlich kaum Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit in Kauf nehmen mussten (siehe auch die Fundstücke KW 26). Sein neuestes Projekt ist ein geplanter Hindernislauf gegen einen Feuerwehrmann und einen Soldaten, der filmisch dokumentiert werden soll. Zu diesem Zweck hat er eine Kickstarter-Kampagne gestartet.

 

Fundstücke KW 30

Sollten historische Darsteller bezahlt werden, wenn sie ein Museum oder eine historische Stätte „beleben“? Oder sollten sie dafür bezahlen, dass ihnen eine solche Örtlichkeit zur Ausübung ihres Hobbys zur Verfügung gestelltl wird? Das ist eine Diskussion, die seit Jahren immer wieder mal auftaucht und auch noch einige Zeit aktuell bleiben wird, denn weder Museumsbetreiber noch Darsteller sind sich in dieser Hinsicht untereinander einig.
Aktuell nahm Silvia Bestgen persönliche Erlebnisse zum Anlass, in ihrem Blog „ZeitenSprung“ auf Erwartungen und Realitäten beider Seiten einzugehen.

Das Wissensmagazin „scinexx.de“ schreibt über die Entdeckung und Untersuchung mysteriöser Krakeleien aus Kinderhand in einem Manuskript des 14. Jahrhunderts (mit Dank an Jens S.).

Navigierten die Wikinger mit Hilf der Lichtbrechung bestimmter Edelsteine? Ein ungarischer Physik-Professor ist davon überzeugt und führt entsprechende Experimente durch, worüber „Die Zeit“ berichtet.
Das Artikelbild zeugt allerdings von wenig Kenntnis über die Kultur der WIkinger zumindest bei den zuständigen Redakteuren!

Die Geschichtswissenschaft muss in der Öffentlichkeit präsenter werden, sie muss sich in aktuelle Debatten einmischen, auch Diskussionen anstoßen – kurz gesagt, sie muss aufhören, sich selbst wahlweise als Elfenbeinturmdisziplin zu betrachten oder die mangelnde Aufmerksamkeit durch Medien und Öffentlichkeit zu bejammern.
Aber wie? Einige Ansätze dazu finden sich im Beitrag „Die Guerilla-Historiker“ auf spektrum.de.

Eine Menge schöner Videos gerieten mir diese Woche in die Finger, daher werde ich in den kommenden Tagen mal eine Liste interessanter Kanäle zu Geschichte und Archäologie zusammenstellen.
Für die Fundstücke habe ich mich für diesen kurzen Clip von „Anarchäologie“ entschieden, in dem die C14- oder Radiocarbon-Methode zur Datierung in der Archäologie sehr schön anschaulich erklärt wird: