November

„Der Neunte“ (von lat. novem = neun) ist seit 153 v.Chr. der elfte Monat des Jahres. Die Schreibweisen 9ber oder IXbris finden sich zuweilen in mittelalterlichen Urkunden und können für Verwirrung sorgen. Windmonat oder Nebelmond sind alte Bezeichnungen, die  sofort einleuchten, wenn man dieser Jahreszeit morgens oder abends aus dem Fenster blickt.
Zuweilen war auch der Name „Schlachtmond“ gebräuchlich. Allerdings diente der November in weiten Teilen Deutschlands noch der Schweinemast, mit dem Schlachten wurde meist erst gegen Ende des Monats oder Anfang Dezember begonnen. Zur Mast wurden die Schweine in den Wald getrieben, um sich an Eicheln, Bucheckern und Kastanien vollzufressen. Noch heute lassen sich ehemalige Hutewälder an ihrem Bestand alter Eichen und Buchen erkennen. Eine natürliche Waldverjüngung wurde erschwert oder verhindert, da junge Pflanzen beschädigt oder abgefressen wurden. Die Waldmast führte auch nicht selten zu Konflikten mit anderen Formen der Waldnutzung wie dem Holzeinschlag oder der Jagd.

Schweinemast im November: Playfair Book of Hours, spätes 15. Jh. (London, Victoria & Albert Museum, Ms. L.475-1918, fol. 11r.)

Schweinemast im November: Playfair Book of Hours, spätes 15. Jh. (London, Victoria & Albert Museum, Ms. L.475-1918, fol. 11r.)

Die Eichelmast findet sich auch bevorzugt auf spätmittelalterlichen Monatsbildern dargestellt. Ein weiteres beliebtes Motiv war die Jagd: Neben Rotwild wurde nun vor allem Wildschweinen nachgestellt. Der Adel befriedigte so nicht nur sein Verlangen nach Vergnügen und Sport, sondern füllte auch seine Vorratskammern. Auch Teile der Landbevölkerung, denen die Jagd (zumindst auf Hochwild) eigentlich untersagt war, dürften noch einmal verstärkt heimlich auf die Pirsch gegangen sein, um die Fleischversorgung während des Winters zu sichern.
Die Diskussion, wie groß der Anteil von Wildbret an der Ernährung des mittelalterlichen Adels gewesen ist, wird in der Geschichtswissenschaft seit Jahrzehnten sehr kontrovers geführt. Dass z.B. auf Burgen nur sehr wenige Wildknochen gefunden wurden – insbesondere im Vergleich zu Hausschwein und Geflügel –, ist allerdings dadurch zu erklären, dass die erlegte Strecke in der Regel gleich vor Ort aufgebrochen wurde. Innereien und minderwertige Teile wurden an die Hunde verfüttert, besondere Stücke als Geschenke an die Jagdgäste verteilt, das übrige Fleisch möglichst ohne die schweren Kochen nach Hause transportiert. Dieses Vorgehen ist in zahlreichen Romanen, Epen und anderen Erzählungen des Mittelalters gut dokumentiert.

Das Fleisch wurde durch pökeln und räuchern haltbar gemacht, um die Versorgung während des Winters sicherzustellen. Auch andere Lebensmittel wurden auf verschiedene Weisen konserviert. Sauerkraut etwa war seit der Antike bekannt und fand um 1270 in der Dichtung „Meier Helmbrecht“ von Wernher dem Gartenaere Erwähnung. Auch andere Gartenerzeugnisse konnten sauer eingelegt werden, Obst wurde eingelagert, Milch zu Käse und Butter verarbeitet. Das Anlegen von Vorräten war im November eine der wichtigsten Tätigkeiten aller Bevölkerungsschichten. Dazu zählte auch das Sammeln von Brennholz, das neben der Jagd, der Schweinemast und dem Dreschen des letzten Sommerkorns auf dem Monatsbild in einem flämischen Stundenbuch von Simon Bening zu sehen ist.

Der November in einem flämischen Stundenbuch von Simon Bening, 1. Hälfte 16. Jh. (München, StB, cod. lat. 23638, fol. 12v.)

Der November in einem flämischen Stundenbuch von Simon Bening, 1. Hälfte 16. Jh. (München, StB, cod. lat. 23638, fol. 12v.)

Das kirchliche Hochfest Allerheiligen wurde Anfang des 7. Jahrhunderts in der Westkirche eingeführt und im 9. Jahrhundert auf den 1. November verlegt. An diesem Tag wurde aller Heiligen und Märtyrer gedacht, denen kein eigener Festtag gewidmet war, sowie jener, um deren Heiligkeit niemand wisse außer Gott.
Der Feiertag Allerseelen am 2. November wurde 998 durch Odilo von Cluny für alle kluniazensischen Klöster eingeführt. Von dort aus verbreitete er sich in den folgenden Jahrhunderten über die gesamte katholische Kirche. Durch Gebete, Fürbitten und Almosen sollte die Zeit der verstorbenen Seelen im Fegefeuer verkürzt werden. Die Gräber wurden gesegnet und mit Kerzen oder Laternen geschmückt, damit das Licht des wahren Glaubens die Dunkelheit vertreibe und den Seelen den rechten Weg weise.

Der hl. Martin teilt seinen Mantel. Gemäldes des Meisters von Uttenheim, um 1475. (Adelaide, Art Gallery of South Australia.)

Der hl. Martin teilt seinen Mantel. Gemäldes des Meisters von Uttenheim, um 1475. (Adelaide, Art Gallery of South Australia.)

Der Festtag des hl. Martin von Tours ist vom Datum seiner Grablege am 11. November 397 abgeleitet. Dem Tag kam im Mittelalter in mehrfacher Hinsicht große Bedeutung zu: Zum Einen war es der letzte Tag vor der 40 Tage währenden vorweihnachtlichen Fastenzeit, es konnte also ein letztes Mal ausgiebig geschlemmt werden – zumindest in den Häusern der Wohlhabenden. Auf der weltlichen Ebene wiederum war am Martinstag traditionell der Zehnt fällig, insbesondere der Gänsezehnt, damit die Gänse noch rechtzeitig geschlachtet werden konnten und nicht den Winter über gefüttert werden mussten. Die Martinsgans hat sich also vermutlich aus einer Mischung dieser beiden Traditionen entwickelt.
Pacht- und Dienstverhältnisse endeten nicht selten am 11. November, der als Abschluss des Bauernjahrs galt. Auch Zinsen wurden oft zu Martini fällig.

Eine der beliebtesten Heiligen des Mittelalters war Katharina von Alexandrien, deren Festtag am 25. November begangen wurde. Der Legende nach war sie als Märtyrerin auf einem mit Stacheln gespickten Rad gefoltert und anschließend enthauptet worden. Sie zählte zu den 14 Nothelfern und galt als Beschützerin der Mädchen, Jungfrauen und Ehefrauen sowie als Schutzpatronin der Philosophen, Theologen, Gelehrten, Lehrer, Studenten, Anwälte und Notare, der Wagner, Müller, Töpfer, Gerber, Spinner, Tuchhändler, Seiler, Schiffer, Buchdrucker, Schuhmacher und Näher. Zahlreiche Zünfte hielten daher zu ihrem Festtag Prozessionen, Gottesdienste und Festmähler ab.

Die Adventszeit (von lat. adventus = Ankunft) wurde von Papst Gregor dem Großen im 6. Jahrhundert auf die vier Sonntage und damit 22 bis 28 Tage vor Weihnachten festgelegt. Der früheste Termin für den ersten Adventssonntag war somit der 27. November.

Alle bisherigen Beiträge der Reihe „Mittelalterlicher Jahreslauf“.

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