Ich bin kein Bogenbauer. Der Besuch von zwei Einführungskursen und einige mehr oder weniger gescheiterte Versuche haben mich davon überzeugt, diese Arbeit lieber Profis zu überlassen und mich auf das Bauen und Schießen von Pfeilen zu beschränken. Hätte ich mich anders entschieden, wenn es das vorliegende Büchlein schon früher gegeben hätte? Wahrscheinlich nicht, aber vielleicht wären einige der erwähnten Experimente nicht ganz so schief gegangen …
An Büchern zum Bogenbau herrscht inzwischen wahrlich kein Mangel mehr. Von Anleitungen für Kinder und Jugendliche über spezielle Titel zum Skythenbogen oder zu Bögen aus Weißhölzern bis hin zur vierbändigen „Bibel des traditionellen Bogenbaus“ reicht die Auswahl. Was kann das neue, mit 68 Seiten eher schlanke Werk des amerikanischen Experten Jim Hamm bieten, das nicht bereits anderswo ausführlich abgehandelt wurde?
Nun, vor Allem hält der Autor seine Ausführungen sehr einfach, ohne dabei oberflächlcih zu werden. Sein Ansatz ist nicht so technisch wie der mancher anderen Autoren, denen es aufrgund ihrer langjöhrigen Erfahrung und ihrem angehäuften Wissen schwerfällt, sich in blutige Anfänger und weniger talentierte Holzbearbeiter hineinzuversetzen. Hamm gelingt es gut, sich an seine eigenen Anfangsjahre zu erinnern und aus dieser Perspektive darzulegen, welche Tips und Erkenntnisse ihm damals Fehler und Enttäuschungen erspart hätten.
Im Zentrum seiner Anleitung stehen drei einfache Regeln:
- Folge den Holzfasern des Bogenrückens
- Wähle die Form des Bogens nach der Art des Holzes
- Tillere richtig!
Gerade zum letzten Punkt finden sich hier einige wichtige Hinweise, die ich so deutlich noch nirgends sonst entdeckt (oder in der Fülle der Informationen vielleicht immer überlesen?) habe.
Trotz des geringen Umfangs ist Hamms Buch eine vollständige und vollwertige Anleitung zum Bau einfacher Bögen aus verschiedenen Hölzern – ja, er schafft es sogar, noch einige Seiten über Pfeile und zum Schießen darin unterzubringen! Der Anhang enthält eine Liste des spezifischen Gewichts weit verbreiteter Holzarten, was für die Wahl des richtigen Bogendesigns nach Hamm das entscheidende Kriterium darstellt.
Als Zielgruppe dürfen sich sowohl blutige Anfänger angesprochen fühlen, die einfach gerne mal einen Holzbogen selber bauen möchten, ohne daraus gleich ein neues Hobby oder gar einen Beruf machen zu wollen, als auch Fortgeschrittene, die durch wiederholte Fehlversuche oder von all der komplizierten Fachliteratur frustriert sind. Sicher werden die ersten Bögen, die nach dieser Anleitung angefertigt werden, eher schlicht ausfallen, wenig originell und nicht zu vergleichen mit manchen Meisterwerken erfahrener und talentierter Bogenbauer. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es sich um funktionierende, langlebige und viel Freude bereitende Exemplare handeln wird. Und ein simpler, aber schießbarer Bogen ist wohl allemal mehr wert als ein beim ersten Schuss zerbrochenes Schmuckstück!
Ob ich dank Hamms Büchlein nun doch noch zum ambitionierten Bogenbauer werde, wage ich zu bezweifeln. Aber Lust, es noch einmal zu versuchen, habe ich nach der Lektüre schon! (Ich werde ggf. berichten …)
Wer also ähnliche Erfahrungen gemacht hat oder auch nur eine einfache, verständliche und günstige Anleitung zum Bau traditioneller Holzbögen sucht, ist mit der Neuerscheinung aus dem verlag Angelika Hörnig gut beraten.
Ludwigshafen 2018. 68 S., zahlr. farb. Abb. ISBN 978-3-938921-59-3. € 14,80.