Christian Cameron: The Ill-Made Knight und The Long Sword

Zugegeben: Es waren historische (und Fantasy-) Romane, die einst mein Interesse am Mittelalter geweckt haben. Doch wenn darin von Rittern in glänzenden Rüstungen die Rede war, wollte ich immer schon wissen, wie diese eigentlich hergestellt wurden; wenn von Festmählern berichtet wurde, fragte ich mich, was wohl auf den Tisch kam, wer das Essen zubereitete und wie; bei der Beschreibung einer Burg stellte sich mir unweigerlich die Frage, wie diese errichtet werden konnte; etc.
Antworten auf diese Fragen habe ich in anderen Büchern gefunden, und seit etlichen Jahren – seit ich die Beschäftigung mit (mittelalterlicher) Geschichte zu meinem Beruf gemacht habe – lese ich fast gar keine historischen bzw. Mittelalter-Romane mehr. Nicht, weil sie zu wenig auf die oben genannten Fragen eingehen, sondern weil sie größtenteils einfach schlecht sind: Schlecht recherchiert, schlecht konstruiert, schlecht erzählt – oft genug das alles auf einmal!
Selbst Autoren, die in vielen Details dem realen historischen Alltag (soweit wir ihn überhaupt rekonstruieren können) recht nahe zu kommen scheinen, scheitern meist daran, sich in die fremdartige Mentalität ihrer Figuren hineinzuversetzen – sofern sie es überhaupt versuchen. In den meisten und gerade in den besonders populären Fällen scheint es moderne Menschen in ein mehr oder weniger mittelalterliches Szenario verschlagen zu haben, werden gesellschaftliche Zustände, Grenzen und Zwänge der Zeit allenfalls dargestellt, um sie von (bevorzugt weiblichen) Protagonisten überwinden zu lassen.
Das Hauptproblem des Genres besteht nicht in der Konstruktion der Geschichten, der Anpassung der historischen Chronologie an die Bedürfnisse der Erzählung, der Erfindung biographischer Details, noch nicht einmal in der möglichst korrekten Schilderung von Bekleidung, Handwerk, Handel, Kriegswesen u.ä., sondern in der fehlenden Glaubwürdigkeit der Welt, in der sie angesiedelt sein sollen.

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