Fundstücke KW 48

In Zeiten knapper Kassen haben die Reiß-Engelhorn-Museen in Mannheim eine neue Einnahmequelle aufgetan: Man verhängt in den eigenen Räumlichkeiten ein generelles Fotografierverbot für Besucher, lässt Kunstwerke – bevorzugt solche, die ohnehin nicht zu sehen sind – dann abfotografieren und verlangt für die Nutzung der Repro-Fotos überzogene Gebühren, indem man sich auf ein mehr als fragwürdiges „Urheberrecht“ beruft.
Wer sich diesem Geschäftsmodell nicht beugen will, wird abgemahnt und verklagt, wie derzeit die deutsche Wikipedia erleben muss. Details und Hintergründe bei Spiegel Online und auf heise.de.

In ihrer Reihe über historische, seltene und aussterbende Berufe stellt Die Zeit diese Woche den Köhler vor.

Am Niederrhein wirft die Entdeckung eines massiv gesicherten Römerlagers mehr Fragen auf als sie beantwortet. Meldung im Südkurier.

In Kärnten ist eine Leiche des 6. Jahrhunderts mit einer Beinprothese aus Metall und Holz entdeckt worden, wie der kurier.at berichtet.

„Bernie“ ist die einzige deutsche Moorleiche des frühen Mittelalters. Mit Hilfe seines gut erhaltenen Schädels haben Experten nun sein wahrscheinliches Aussehen rekonstruiert, steht auf schwaebische.de zu lesen.

In Wien gibt es ein Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch … Was es dort zu sehen und zu erfahren gibt, beschreibt der Südkurier.

Der Klartext-Verlag schreibt den 3. Essaypreis der Werkstattgeschichte aus. Thema: Wie viel Selbstdarstellung braucht Geschichte?
Einsendeschluss ist der 30. Juni 2016, der Hauptpreis beträgt € 500,-. Alle weiteren Details gibt’s beim Verlag.

Der Historikerverband hat auf seinem Blog ein Positionspapier von Eva Schlothuber und Frank Bösch veröffentlicht. Titel: „Quellenkritik im digitalen Zeitalter. Die Historischen Grundwissenschaften als zentrale Kompetenz der Geschichtswissenschaft und benachbarter Fächer„. Bereits die EInleitung enthält einen ganz entscheidenden Satz:

„Die Fähigkeit zur eigenständigen Erschließung und wissenschaftlichen Würdigung (Quellenkritik) der Originalüberlieferung markiert einen wesentlichen Unterschied zwischen Geschichtsinteresse und Forschung.“

Weiter geht es mit einer ernüchternden, bitteren und leider präzise zutreffenden Situationsanalyse:

„Für die Vermittlung dieser Kompetenzen (Paläografie, Kodikologie, Epigrafik, Diplomatik, Numismatik, Aktenkunde, Heraldik, Siegelkunde) sind die Historischen Grundwissenschaften zuständig, die heute jedoch aus der deutschen Hochschullandschaft zu verschwinden drohen. Zwischen 1997 und 2011 hat das Fach ein Drittel der Lehrstühle verloren. Die Situation wird durch die parallel stattfindende Reduzierung mittellateinischer Studienangebote, die traditionell grundwissenschaftliche Ausbildung in Paläografie, Kodikologie und Bibliotheksgeschichte einschließen, weiter verschärft. Grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten drohen deshalb nicht nur bei den Studierenden, sondern langfristig auch bei den Lehrenden in einem Maße abzunehmen, dass die kulturelle Überlieferung der Vergangenheit nicht mehr eigenständig erschlossen und beurteilt werden kann. Bereits jetzt ist die Kompetenz, mittelalterliche, frühneuzeitliche und selbst Handschriften und Akten bis zum frühen 20. Jahrhundert sowie antike oder mittelalterliche Inschriften, Texte oder Papyri lesen und einordnen zu können, an vielen universitären Standorten fast verschwunden. Ein regelmäßiges Angebot der Historischen Grundwissenschaften existiert nur noch an wenigen Universitäten. Einst gehörte das Fach zu den international angesehensten Disziplinen der deutschen Wissenschaft, das mit seinem herausragenden Ruf zahllose Forscherinnen und Forscher aus dem Ausland an deutsche Einrichtungen zog. […]“

Hervorherbung von mir.
Aus Sicht eines zeitgeschichtlichen Archivars mit mediävistischer Ausbildung kommentiert Holger Berwinkel auf aktenkunde.hypotheses.org.

Manche Dinge ändern sich nie? „Die Frau als Kulturbringerin“ lautet der (moderne) Titel dieser (antiken) Malerei:

"Die Frau als Kulturbringerin" Antike Vasenmalerei

"Die Frau als Kulturbringerin" Antike Vasenmalerei

Fundstücke KW 46

Hiltibold hat sich diese Woche mit frühmittelalterlichen Pfeilköchern auseinandergesetzt.

Daniel Ossenkop schreibt über Aufstieg und Untergang des Templerordens.

Auf krautreporter.de erschien ein Text von Charlotte Jahnz über Ursachen von Flucht und Verfolgung im 16. Jahrhundert – oder eine Antwort auf die Frage: Warum eigentlich trägt der deutsche Innenminister einen französischen Nachnamen?

Für nur € 299.000,- steht im Landkreis Freyung-Grafenau bei Passau ein ganzes Keltendorf zum Verkauf, wie die Passauer Neue Presse vermeldet.
Es handelt sich um das Keltendorf Gabreta – und wohlgemerkt wird nur ein neuer Besitzer, nicht aber Betreiber gesucht. Geld dürfte mit der Investition also kaum zu verdienen sein …

Offenbar kann man Geschichte heute nur noch vermitteln, indem man Parallelen zur Gegenwart zieht und alles in Worte packt, die der heutigen Jugend vertraut sind. So wird in diesem Beitrag auf „Welt Icon“ aus dem Buchhalter Matthäus Schwarz („der Urahn der Kardashians“) der „erste Modeblogger der Welt“, aus den gemalten Porträts „selfies“ etc.
Das „Klaiderbüchlein“ des Fugger-Buchhalters gibt es als Scan auf wikicommons.

Trachtenbuch des Augsburgers Matthäus Schwarz (1497–1574), Landesbibliothek Hannover (Kopie, 18. Jh.)

Trachtenbuch des Augsburgers Matthäus Schwarz (1497–1574), Landesbibliothek Hannover (Kopie, 18. Jh.)

In der kommenden Woche müssen die Fundstücke leider entfallen!

 

Fundstücke KW 45

Textiler Unterarmschutz im Frühmittelalter? Ein Beitrag von Peter Hartmann auf stradiot.

Da ich dieses Blog nicht kannte, habe ich mich gleich mal ein wenig umgesehen und noch einen weiteren schönen Beitrag entdeckt: Über Aluhutträger, Verschwörungstheorien & Geschichte.

Daniel Ossenkop M.A. schreibt auf „Das Mittelalter – der Blog“ über Gemeinschaft im Mittelalter.

Das sächsisch-anhaltinische Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle zeigt vom 6. November 2015 bis 22. Mai 2016 die Sonderausstellung „Krieg. Eine archäologische Spurensuche“.
Archäologie Online stellt die Ausstellung vor.
Das Blog der Ottonenzeit hat die Rezension dazu.

Und ein Video von matern.tv über die archäologischen Ausgrabungen in Lorsch:

November

„Der Neunte“ (von lat. novem = neun) ist seit 153 v.Chr. der elfte Monat des Jahres. Die Schreibweisen 9ber oder IXbris finden sich zuweilen in mittelalterlichen Urkunden und können für Verwirrung sorgen. Windmonat oder Nebelmond sind alte Bezeichnungen, die  sofort einleuchten, wenn man dieser Jahreszeit morgens oder abends aus dem Fenster blickt.
Zuweilen war auch der Name „Schlachtmond“ gebräuchlich. Allerdings diente der November in weiten Teilen Deutschlands noch der Schweinemast, mit dem Schlachten wurde meist erst gegen Ende des Monats oder Anfang Dezember begonnen. Zur Mast wurden die Schweine in den Wald getrieben, um sich an Eicheln, Bucheckern und Kastanien vollzufressen. Noch heute lassen sich ehemalige Hutewälder an ihrem Bestand alter Eichen und Buchen erkennen. Eine natürliche Waldverjüngung wurde erschwert oder verhindert, da junge Pflanzen beschädigt oder abgefressen wurden. Die Waldmast führte auch nicht selten zu Konflikten mit anderen Formen der Waldnutzung wie dem Holzeinschlag oder der Jagd. Weiterlesen

Fundstücke KW 44

Mit einer Woche Verspätung haben nun auch deutschsprachige Medien wie z.B. die SZ die Meldung vom in Norwegen von einem Wanderer gefundenen „Wikingerschwert“ aufgenommen. Doch wenngleich es sich dabei um einen tollen Zufallsfund handelt: Ein Sax ist kein Schwert, sondern eine einschneidige Klingenwaffe und damit streng genommen ein Messer. (Ungeachtet dessen übrigens, was Wikipedia schreibt!)

Der Streit um den sogenannten Welfenschatz mit Reliquien des 11. bis 15. Jahrhunderts zwischen Nachfahren jüdischer Kunsthändler und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz geht in eine neue Runde, wie derstandard.at berichtet.

Nachbau zerstörter oder gefährdeter archäologischer Stätten mit Hilfe von 3D-Druckern, um das kulturelle Erbe und „die Geschichte für kommende Generationen [zu] bewahren“? Noch einmal derstandard.at.

Auf mittelalter.hypotheses.org gibt es den Rezensionsüberblick Oktober 2015.

Was ist das Leben? Die FB-Seite Discarding Images hat eine schöne mittelalterliche Bildmetapher dafür gefunden:

Augustinus, La Cité de Dieu. Frankreich, ca. 1450 (Strasbourg, Bibliothèque nationale et universitaire, ms. 523, fol. 54r.)

Augustinus, La Cité de Dieu. Frankreich, ca. 1450 (Strasbourg, Bibliothèque nationale et universitaire, ms. 523, fol. 54r.)