Habitus (non) facit monachum?

Die Symbolik der Mönchskleidung und die Bedeutung des Kleiderwechsels in der mittelalterlichen Mönchsprofess

Zierinitiale: Mönch mit „Kutte“ und Tonsur. Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, Ms. C 27, fol. 1r.

„Die Kutte macht noch nicht den Mönch“ weiß der Volksmund. Allerdings steht der Ausdruck „die Kutte nehmen“ metonymisch für den Eintritt in den Mönchsstand. Wie also gehören Kutte und Mönchwerdung zusammen? Welche Rolle spielte der Kleiderwechsel in der mittelalterlichen Mönchsprofess, d.h. der Weihezeremonie, die den Novizen zum Mönch werden ließ? Handelt es sich beim Habit der Mönche um ein geheiligtes Kleidungsstück oder ist er nur Arbeitskleidung, eine Art Standes- oder Berufsuniform?

Die Wurzeln des europäischen Mönchtums liegen im Nahen Osten und in Afrika, wo sich zwei Formen herausbildeten: die Anachoreten (gr. anachoreta = Einsiedler) kehrten sich völlig alleine von der Welt ab und gaben sich an einem einsamen Ort Gebeten und Meditation hin – bevorzugt in der Wüste (gr.: eremos), daher meist als Eremiten bezeichnet; die Koinobiten (von gr. coinos = gemeinsam, bios = Leben) bildeten Hausgemeinschaften, lebten, arbeiteten, beteten und feierten den Gottesdienst gemeinschaftlich. Letztere Form wurde für das abendländische Mönchtum prägend.

Die Kleidung der Mönche

Vor Entstehung der Orden war mit der Mönchwerdung keine Zeremonie oder Förmlichkeit verbunden. Wer den Drang verspürte, entsagte dem weltlichen Leben und ging in die Wüste oder schloss sich einer bestehenden Gemeinschaft an. Was er mit sich nahm, sollte gerade den notwendigsten Bedürfnissen genügen. So diente die einfache Kleidung nur dem Schutz und der Bedeckung der Blöße, hatte jedoch unweigerlich symbolische Bedeutung, denn sie machte die innere Einstellung ihres Trägers, seine Verachtung für irdische Angelegenheiten und weltlichen Besitz, nach außen sichtbar.
Recht früh wurde diese Symbolik offenbar bewußt eingesetzt, indem schlechte, zerlumpte oder vielfach geflickte Gewänder getragen wurden, die das Außenseitertum des Eremiten augenfällig machten. Der Asket zeichnete sich durch seine Lebensweise aus, deren Ausdruck auch seine Kleidung war – nicht umgekehrt; die Kutte machte also nicht den Mönch.

V. l. n. r.: Dominikaner, Franziskaner, Augustiner, Benediktiner, Kartäuser, Kapuziner (Zweig der Franziskaner).aus: Wolfgang Tilke u. Max Bruhn, Kostümgeschichte in Bildern, Wiesbaden: Drei-Lilien-Verlag 1991, S. 28.

V. l. n. r.: Dominikaner, Franziskaner, Augustiner, Benediktiner, Kartäuser, Kapuziner (Zweig der Franziskaner).
aus: Wolfgang Tilke u. Max Bruhn, Kostümgeschichte in Bildern, Wiesbaden: Drei-Lilien-Verlag 1991, S. 28.

Die Anfänge einer mehr oder weniger einheitlichen Bekleidung der Mönche liegen wohl in der Tatsache, daß sich um einige Einsiedler Schüler sammelten, die deren Lebensweise nachzuahmen versuchten und auch ihre Kleidung entsprechend anpaßten. Einer dieser Lehrer war der Ägypter Pachomius (um 287-346), der um 320 dem Eremitendasein entsagte und mit dem Bau eines Klosters begann, was als Beginn des koinobitischen Mönchtums gilt.
Das in diesen Gemeinschaften erwachende Zusammengehörigkeitgefühl weckte wohl auch den Wunsch nach einer einheitlichen Kleidung, die zudem die Abkehr von der Welt und die Unterscheidung von den „gewöhnlichen“ Menschen sichtbar machen half. Noch im 4. Jh. erwuchs dem Kleiderwechsel beim Eintritt ins Kloster daher eine neue Bedeutung: Wer Mönch werden wollte, legte nun seine Alltagskleidung zusammen mit seinem übrigen Besitz ab und nahm das Mönchskleid bzw. bekam es von einem Bruder oder Altvater überreicht.
Im 5. Jh., gut einhundert Jahre nach Pachomius, waren Aufnahme der Mönche in die Gemeinschaft und Reglementierung ihres Lebens bereits streng formalisiert und ritualisiert. Im ersten Buch seines Werkes „De institutis coenobiorum“, das die Entwicklung des abendländischen Mönchtums nachhaltig prägen sollte, behandelt Johannes Cassianus (ca. 360-435) den „habitus monachorum“, also das Mönchsgewand. Er macht allerdings keine Vorschriften, sondern erklärt, warum die einzelnen Teile des Habits zweckmäßig und angemessen seien, und geht dann auf ihre symbolische Bedeutung ein.
Die von Cassian beschriebene Tracht war typisch für die Koinobiten des Nahen Ostens, sie bestand in erster Linie aus Tunika und Kapuze, Kukulle (cuculla) genannt. Deren Funktion war vor allem Schutz vor der Hitze der Sonne sowie vor Regen und Sturm, aber das Aufsetzen der Kapuze und Senken des Kopfes gilt bis heute als Geste der Demut.

Die Benediktiner-Kongregation vom Kloster Monte Oliveto Maggiore trägt weißen Habit. Gut zu erkennen: die separaten, eng anliegenden Kapuzen (Kukullen).Fresko von Sodoma, Monte Oliveto Maggiore. Su concessione del Ministero per i Beni e le Attività Culturali, Foto: Soprintendenza PSAD Siena e Grosseto aus: Gleba, Klosterleben, S. 71.

Die Benediktiner-Kongregation vom Kloster Monte Oliveto Maggiore trägt weißen Habit. Gut zu erkennen: die separaten, eng anliegenden Kapuzen (Kukullen).
Fresko von Sodoma, Monte Oliveto Maggiore. Su concessione del Ministero per i Beni e le Attività Culturali, Foto: Soprintendenza PSAD Siena e Grosseto
aus: Gleba, Klosterleben, S. 71.

Cassians Schrift diente dem hl. Benedikt von Nursia (ca. 480-547) als eine der Vorlagen für seine Ordensregel. Kapitel 55 der „Regula Benedicti“ (RB) befaßt sich mit der Kleidung und dem Schuhwerk der Brüder, ist jedoch wenig detailliert, so daß davon ausgegangen werden kann, daß hier nicht eine „Tracht“ entworfen, sondern Gewohnheit fixiert werden sollte. Benedikt nennt Kukulle, Tunika und Skapulier (von lat. scapulae = Schultern), ein schulterbreites Tuch, das Rücken und Vorderseite des Körpers bedeckt. Die Formulierung „… scapulare propter opera …“ („Skapulier wegen der Arbeiten“, RB 55,6) läßt vermuten, daß es sich ursprünglich um eine Art Arbeitsschürze zum Schutz der Tunika handelte. Farbe oder Qualität des Materials waren nicht von Bedeutung, wichtig waren Benedikt vor allem Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Wetterschutz.
Durch ihre rasche Verbreitung wurde die RB zur beherrschenden Ordensregel im gesamten Abendland, die darin beschriebene Form der Bekleidung damit zum typisch mönchischen Habit – eben der „Kutte“ (von mhd. kotze = grobes Wollzeug bzw. Kleidung daraus). Bis in unsere Tage prägen Tunika, Kukulle und/oder Skapulier, gegürtet mit cingulum (lat.: Gürtel) oder Strick, das Erscheinungsbild der Mönche gleich welchen Ordens.

Die Symbolik der Mönchskleidung

Schon früh in der Entwicklung des abendländischen Mönchtums wurde die Tracht mit symbolischer Bedeutung versehen. Cassian verglich die Kukulle mit der Kapuze von Kindern, sie solle die Mönche an Einfachheit und Unschuldigkeit gemahnen. Die leinene Tunika (colobion) symbolisiere, daß die Mönche für die Welt gestorben seien: „Mortui enim estis, et vita vestra abscondita est cum Christo in Deo.“ Vom Augenblick seiner feierlichen Einkleidung an lebe im Mönch Christus der Gekreuzigte; er sei in seinen Gewändern gekreuzigt, das lege die Form der Tunika nahe.
Die weit ausgeschnittenen Ärmel der Tunika erinnerten andere Autoren an Engelsflügel. Wie verschiedene Quellen belegen, wurde das Mönchsgewand auch den sechsfach geflügelten Seraphim oder Cherubim gleichgesetzt. Mit den sechs Flügeln waren vermutlich die beiden Ärmel, Vorder- und Rückseite des Skapuliers und die zwei Zipfel der Kukulle gemeint.
Andere Teile des Habits sollen den Mönch an seine Verpflichtung zur Arbeit gemahnen, in seiner Tugendhaftigkeit bestärken oder die Versuchungen des Bösen von ihm fernhalten. Besonders der Gürtel, der ihn schnüre, halte ihn zu spirituellem Streben, zu Reinheit des Herzens, Gehorsam und Arbeit an. Die Franziskaner benutzen bis heute einen Strick mit drei Knoten, die sie an ihre Gelübde (Armut, Keuschheit, Gehorsam) erinnern sollen. Der Gürtel wurde aber auch als Symbol des geistlichen „Kriegsdienstes“ gedeutet, der Habit als „Uniform“ der milites Christi (Soldaten Christi).

Der Franziskaner-Prediger Berthold von Regensburg. Im Hintergrund scheinen zwei Franziskaner einen weißgekleideten Mönch (Zisterzienser?) zu ermahnen.Österr. Nationalbibliothek, Cod. 2829, fol. 1 aus: Gleba, Klosterleben, S. 180.

Der Franziskaner-Prediger Berthold von Regensburg. Im Hintergrund scheinen zwei Franziskaner einen weißgekleideten Mönch (Zisterzienser?) zu ermahnen.
Österr. Nationalbibliothek, Cod. 2829, fol. 1
aus: Gleba, Klosterleben, S. 180.

Die Farbe der Kleidung wurde im Mittelalter zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal verschiedener Orden. War in den Anfängen des Mönchtums die Farbgebung der Gewänder noch weitgehend dem Zufall bzw. dem Grad der Verschmutzung überlassen, wurde bereits im frühen Mittelalter Schwarz als Grundton vorherrschend. Das Bewusstsein von der Sündhaftigkeit des Menschen, innere Einkehr, Demut, Entsagung, Selbstverleugnung und Sühne sollten darin zum Ausdruck kommen. Dem schwarzen Gewand wohnte sozusagen eine negative Symbolik inne, indem es Ablehnung weltlichen Strebens, Abkehr und besonders den Tod seines Trägers, dessen Gestorbensein für die Welt symbolisiere.
Dieser Auffassung traten im 12. Jh. die Cistersienser mit ihrem weißen Habit entgegen. Im Matthäus-Evangelium heißt es von dem Engel, der den Jüngern die Auferstehung Christi verkündet: „Er leuchtete wie ein Blitz und sein Gewand war schneeweiß.“ (Mt 28, 3) Weiß galt daher als Farbe der Auferstehung, der Freude und des Sieges, aber auch der Reinheit, Unschuld, Keuschheit und geistigen Liebe. Weitere Assoziationen waren Erfolg, Glückseligkeit und Güte, allgemein also positive Werte, welche die Anhänger der Reform in ihrem Habit zum Ausdruck bringen wollten.
Am Streit über Farbe und Form des Mönchsgewandes, der lange währte und mit großer Schärfe geführt wurde, beteiligten sich u. a. so bedeutende Autoren wie Abaelard, Joachim von Fiore und Bernhard von Clairveaux. Nicht selten glitt die Debatte dabei ins Polemische ab, wie die zahlreichen Vergleiche mit Krähen bzw. Tauben, den sprichwörtlichen „schwarzen Schafen“ oder auch mit Schatten und Licht zeigen. Lieber nützliches Schwarz als unnützes Weiß bzw. lieber weiße Schafwolle als schwarze Seide – die Fronten waren ziemlich verhärtet.

Es konnte in diesem Streit keine Lösung geben, denn ihm lagen konträre Auffassungen vom Gewand der Mönche zugrunde. Für Mönche der alten Regel, Benediktiner und andere, die schwarze Kutten trugen, galt vorrangig, im Kleid Abkehr, Entsagung, Enthaltsamkeit, Einfachheit und Bescheidenheit zum Ausdruck zu bringen. Die benediktinische Kutte symbolisierte, wovon man sich abgewandt hatte. Das gilt auch für das Gewand der Franziskaner, das im Mittelalter noch grau war (und nicht braun wie heute), weswegen sie auch als „Graue Brüder“ bekannt waren.
Die Reformer, welche die weiße oder ungefärbte Tracht einführten, wollten damit anschaulich machen, wonach die Mönche streben sollten: neben Reinheit, Unschuld und Gottgefälligkeit wurden wiederum Einfachheit und Bescheidenheit auch mit der Farbe Weiß assoziiert.

In den ersten Statuten der Cistercienser findet sich noch nichts zur Farbwahl des Mönchsgewandes, mehr Wert wurde auf die Wahl einfacher, billiger Stoffe gelegt. Dort heißt es:

„Die Kleidung sei einfach und wohlfeil, ohne Pelz und Unterkleidung, wie sie die Regel beschreibt. Die Kukullen seien außen nicht flockig und die Tagesschuhe von Kuhleder.“

Alberich, der zweite Abt des neuen Klosters, soll auf Geheiß der Gottesmutter weiße Schafwolle für Tunika und Kukulle bestimmt haben.

Zisterzienser bei der Getreideernte: weiße Tunika, schwarzes Skapulier und schwarze Kukulle, der hl. Bernhard in der schwarzen Tracht der Benediktiner. (Jörg von Breu d.Ä., Bernhardsaltar, Stiftskirche Zwettl/Nö., um 1500.)

Zisterzienser bei der Getreideernte: weiße Tunika, schwarzes Skapulier und schwarze Kukulle, der hl. Bernhard in der schwarzen Tracht der Benediktiner. (Jörg von Breu d.Ä., Bernhardsaltar, Stiftskirche Zwettl/Nö., um 1500.)

Dass Änderungen in Schnitt und Farbe der Ordenstracht bei allen Reformen stets ein wichtiger Punkt gewesen sind, belegt die Bedeutung, die der Symbolik des Kleides zugesprochen wurde. Moderne Studien und Vergleiche bildlicher Darstellungen von Mönchen zeigen, daß auch das Erscheinungsbild von Angehörigen ein und desselben Ordens durch die Jahrhunderte keineswegs so gleichförmig war, wie es die strengen Kleidervorschriften vermuten lassen. Die unterschiedlichen Formen wurden verschieden interpretiert, was wiederum in den Auseinandersetzungen um das Reformmönchtum im 12. und 13. Jh. besonders wichtig wurde.
Ein Beispiel hierfür ist der Streit zwischen Cisterciensern und Cluniacensern, deren Arbeitskleidung aus einer ärmellosen Kutte bestand, die also folglich nur vier statt sechs Flügel aufwies. Auch die Reformbestrebungen von Gorze und Cluny unterschieden sich u. a. in der Auffassung vom Mönchsgewand, insbesondere der Form der Kukulle. Die Unterschiede in der Auslegung der Mönchsregel, die Strenge der Lebensführung und die Berufung auf die Anfänge des Koinobitentums wurden zu jener Zeit heftig debattiert und fanden ihren Ausdruck auch in den Kleidervorschriften und symbolischen Interpretationen der Mönchskleidung.
Der „Klosterspiegel“ bewertet die Farben dagegen vollkommen anders: „Weiße Kutten, ein liederlich Tuch; schwarze Kutten, faules Tuch“ heißt es da (42, 22). Und überhaupt: „Für Kutten braucht man keine Seife mehr – Sanct Peter hat sie für alle Zeiten gewaschen“ (63, 4) oder „Fort mit der Kutte, daß man den Schelm sieht.“ (63, 6)
Auch Erasmus von Rotterdam hatte für den „Kuttenstreit“ der Orden wenig mehr als Spott übrig. In seinem 1509 erschienenen „Lob der Narrheit“ macht sich diese über die Mönche lustig:

„Recht zum Lachen ists, wie sie alles auf die vorgeschriebene Weise einrichten […]: wie viele Knoten am Schuh sein müssen; von welcher Farbe der Gurt; von welchem Schnitte das Kleid, von welchem Stoffe; wie viele Strohhalme breit der Gürtel; wie gestaltet, wie viele Scheffel haltend die Kappe […].“

Ungeachtet ihres Standes und ihrer vermeintlichen Heiligkeit hätten sie keine Bedenken, „wegen einem anderst gegürteten Kleide, einer etwas bräuneren Farbe, den blutigsten Unfug zu stiften.“

Der Eintritt in den Mönchsstand

Die Tragweite der Entscheidung, ein Leben im Kloster zu führen, kann vermutlich gar nicht überschätzt werden. Mit der professio und der Aufnahme als vollwertiges Mitglied in die Gemeinschaft der Mönche vollzog der Novize einen Statuswechsel, wie er sich vollständiger kaum denken lässt: den Verzicht auf seine gesamte bisherige, weltliche Existenz. Aufnahme in die Klostergemeinschaft bedeutete Abkehr von Familie, Besitz, Aussicht auf Erbe oder Heirat, Unterwerfung unter die Ordensregel mit Einschränkung der Willens- und Bewegungsfreiheit – aber auch Vergebung aller begangenen Sünden, Versorgung mit allem zum Leben Notwendigen sowie die Aussicht auf eine privilegierte Stellung im ewigen Leben.
Daher ist nicht verwunderlich, dass der Vollzug dieses Statuswechsels eine reiche zeremonielle und liturgische Ausgestaltung erfahren hat. Sie ist von Orden zu Orden und sogar von Kloster zu Kloster verschieden, die Grundzüge des Verfahrens sind einander aber ähnlich. Grundlage für die Aufnahme eines neuen Mönchs in die klösterliche Gemeinschaft bildet bis heute die Regel des heiligen Benedikt, die er ab 529 in seinem Kloster Monte Cassino verfaßte.
Als Vorbild dienten ihm wiederum die „Institutes Coenobiorum“ des Cassian, der die Aufnahme neuer Mönche in den ersten zehn Kapiteln des vierten Buches beschreibt. Der Eintrittswillige hatte zunächst zehn Tage vor dem Tor des Klosters zu verbringen, um seine Standhaftigkeit und die Festigkeit seines Entschlusses zu prüfen. Nachdem er eingelassen wurde, hatte er sich von all seinem weltlichen Besitz – darunter auch seinen Kleidern – zu trennen und erhielt dafür den Habit des Klosters. Als Grund gab Cassian an, dass der Mönch keine Verwendung für Eigenbesitz habe, da ihm das Kloster alles, was er zum Leben benötigte, zur Verfügung stelle (Inst. IV, 3-5).
Die weltliche Kleidung des Neuaufgenommen wurde jedoch aufbewahrt, um sie ihm zurückzugeben, sollte er aus der Gemeinschaft verstoßen werden. Großen Wert legte Cassian darauf zu betonen, daß es niemandem erlaubt sei, mit dem Habit bekleidet das Kloster zu verlassen. Seine nüchterne Beschreibung des Kleidertauschs und die strengen Vorschriften, die mit dem Tragen des Habits verbunden wurden, erinnern an Vorgänge in Kasernen und militärischen Drill – entsprechen also ganz Cassians Vorstellungen von den Mönchen als milites Christi.
Der Ordensgründer Benedikt, der seine regula betont kurz fasste und viel Raum für ihre Auslegung ließ, behandelte auch die Mönchsweihe sehr knapp. Kapitel 58 befaßt sich mit der disciplina suscipiendorum fratrum, dem Verfahren zur Aufnahme neuer Brüder. Der Text lässt wenig von einer Feier ahnen. Benedikt betont das Ablegen der Gelübde von Beständigkeit, klösterlichem Tugendwandel und Gehorsam sowie die Demonstration von Demut, indem die der Novize vor jedem Bruder zu Boden wirft.

Der Mystiker Heinrich Seuse im typisch schwarz-weißen Gewand der Dominikaner (Holzschnitt aus dem 15. Jh.).Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg, Inkunabel K. 7

Der Mystiker Heinrich Seuse im typisch schwarz-weißen Gewand der Dominikaner (Holzschnitt aus dem 15. Jh.).
Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg, Inkunabel K. 7

Dem Eintritt ins Kloster, sofern er durch einen erwachsenen Mann aus freien Stücken erfolgte, folgte die Aufnahme unter die Novizen. Unter diesen blieb der Eintrittswillige ein Jahr, während dessen er auf seine Festigkeit im Glauben und die Beständigkeit seiner Entscheidung geprüft wurde, am Gemeinschaftsleben teilnahm und dreimal die regula vorgelesen bekam. Nach Ablauf dieses Probejahres trennte er sich von all seinem Besitz, legte die feierlichen Gelübde ab (promissio) und übergab sich auf Lebenszeit dem Kloster. Das geschah durch eine selbst oder, bei Schreibunkundigen, im Auftrag verfasste und unterzeichnete Bitturkunde (petitio), die der Novize im Beisein des Abtes auf den Altar legte. Dann stimmte er einen Vers mit der Bitte um Annahme durch den Herrn an („Suscipe me, Domine“), der von den Brüdern dreimal wiederholt wurde. Es folgten ein „Gloria Patri“, die Niederwerfung zu Füßen der Brüder mit der Bitte, für ihn zu beten, und von diesem Tage an galt er als Glied der Klostergemeinschaft („ex illa die in congregatione reputetur“, RB 58, 23).

Erst nach Beschreibung dieses Rituals geht Benedikt auf den Kleiderwechsel ein. Die Formulierung „mox ergo in oratorio“ (RB 58, 26) sorgt bis heute für Diskussionen. Ist damit gemeint, daß dem Novizen „gleich nach Eintritt ins Oratorium“, d.h. zu Beginn des Weiheritus’, der Habit übergeben wird, oder bildet die Einkleidung im Oratorium „gleich danach“, also nach den beschriebenen Handlungen, den feierlichen Abschluss der Zeremonie? Offenbar legte der Ordensgründer auf die Frage des Zeitpunkts weniger Wert als nachfolgende Generationen, die den von ihm so nüchtern beschriebenen Vorgang liturgisch ausgestalteten.
Die weltlichen Kleider des Novizen wurden jedenfalls in der Kleiderkammer aufbewahrt, um sie ihm zurückzugeben, sollte er das Kloster verlassen oder daraus verstoßen werden – „quod absit“, „was Gott verhüte“.

Monachus factus est“ – die Mönchsweihe im Mittelalter

Die äußere Form der Mönchsweihe blieb über Jahrhunderte weitgehend gleich. Sie bestand aus vier Teilen – promissio, petitio, vestitio, benedictio –, von denen Benedikt nur die beiden ersten näher beschrieb. Sein Augenmerk lag in erster Linie auf dem Eintritt ins Kloster als einer verbindlichen Rechtshandlung, die vor Zeugen aus freien Stücken schriftlich fixiert wurde.
Im Verlauf des Mittelalters füllten zahlreiche ordines und consuetudines die Leerstellen in Benedikts Professritus aus. Sie betrafen vor allen Dingen die liturgische Ausgestaltung der Feier: die RB erwähnt nur das „Suscipe me“ und das „Gloria Patri“, das Beispiel eines „Ordo ad faciendum monachum“ des Abts (1173-1192) Wernher II. von Einsiedeln vom Ende des 12. Jahrhunderts zeigt dagegen, wie reichhaltig die liturgische Ausgestaltung der Mönchsweihe zu diesem Zeitpunkt gediehen war. Es erwähnt neben verschiedenen „orationes super caput“, Gebeten über dem Haupt des Novizen, auch zahlreiche Gesänge und Gebete wie „Kyrie eleison“ und „Pater noster“ sowie den Segen der Kukulle, welcher der Einkleidung (vestitio) vorausgeht. Die Zeremonie endet mit dem Segen (benedictio) des oder der Neuaufgenommenen.

Viele Autoren aus dem Mönchsstand verglichen die Profess mit einer zweiten Taufe. „De duplici baptismo“ nannte Bernhard von Clairvaux eine seiner Predigten. Da die Menschen, Mönche nicht ausgenommen, den Versuchungen des Teufels erlegen seien, tue eine erneute Taufe Not. Gott nehme die Getauften als seine Kinder an und führe sie ins ewige Reich. „Denn wenn wir in Christi Namen getauft sind, bekleiden wir uns mit Christus.“
Auch im ordo Wernhers II. kommt die Idee der Profess als zweiter Taufe zum Ausdruck. Die Taufe beinhaltet die Reinwaschung von allen zuvor begangenen Sünden, der Novize tritt also gleichsam als unschuldiger, neugeborener Mensch in den Mönchsstand ein: „Secundo ergo baptizatus est et emundatus ab omnibus pecatis suis.“
Gerade dieser generelle Sündenerlass im Rahmen der professio wurde jedoch zu einem Problem des mittelalterlichen Kirchenrechts. Die Aussicht, durch Mönchwerdung von seinem sündigen Leben ledig gesprochen zu werden, wollte sich Mancher kurz vor dem Tod durch Krankheit oder Alter wohl nicht entgehen lassen. Auch der Wunsch, das Kloster zu verlassen und zum Laiendasein zurückzukehren, beschäftige die geistlichen Juristen der Zeit. In welchem Moment der Profess wurde also aus dem Novizen ein Mönch: mit Ablegen der Gelübde (promissio), Übergabe der petitio, mit dem Segen (benedictio) oder mit Anlegen des Habits, also der vestitio?

Die Bedeutung des Kleiderwechsels

Ekkehard IV. berichtet in seiner Schrift „Casus S. Galli“, wie der Kanzler des Königs und spätere Bischof von Konstanz, Salomon, heimlich ein Mönchsgewand anlegte und so versuchte, nachts in den geweihten Klosterbezirk einzudringen, um zu beten. Von den dort wachenden Mönchen ertappt bat er darum, vom Abt die Erlaubnis zu erwirken, in Mönchstracht gekleidet am Leben der Klosterbrüder teilnehmen, in der „Außenwelt“ aber weiterhin die Kleidung eines Weltgeistlichen tragen und seine Ämter verwalten zu dürfen. Dies wurde ihm zwar gewährt, gleichzeitig jedoch nahegelegt, sich ganz und gar zum Mönchtum zu bekennen und das Mönchskleid für immer zu tragen. Aus Dankbarkeit verlieh Salomon dem Kloster reiche Schenkungen und wurde später sogar selbst Abt von St. Gallen.

Die Episode mag wahr sein oder nicht, sie verrät jedenfalls einiges über das Selbstverständnis der Mönche und ihre Beziehung zu ihrer Tracht: Sogar ein hoher geistlicher und weltlicher Würdenträger strebte danach, „die Kutte zu nehmen“, und sei es nur zeitweilig.
„Die Kutte nehmen“ bedeutet noch heute, ein Leben als Mönch führen zu wollen. In den Anfangstagen des christlichen Mönchtums, als diese Entscheidung eher den „Austritt“ aus dem weltlichen Leben als den „Eintritt“ in einen Orden bzw. einen organisierten Mönchsstand darstellte, war das Anlegen des Asketengewandes als symbolischer Akt durchaus hinreichend. Mit Ausbreitung des Koinobitentums war das Mönchskleid jedoch nicht länger ein Gewand, das man aufgrund einer persönlichen Entscheidung anlegte, sondern eines, das man ähnlich einer Auszeichnung verliehen bekam. Bei Pachomius beschließt die susceptio habitus, die Entgegennahme des Habits, die Profess und macht den Statuswechsel nach außen sichtbar. Auch bei Benedikt zeigt der Kleiderwechsel an, daß die Profess erfolgt und aus dem Mensch ein Mönch geworden ist.
Besonders deutlich wird diese Funktion der vestitio wiederum im erwähnten ordo Wernhers II., der zunächst die Segnung der Kukulle vorschreibt, die der neue Mönch tragen will, „um unter den übrigen Menschen erkannt zu werden.“ Dann erfolgt der Kleiderwechsel, durch den der Novize zu einem „neuen Menschen“ werde, „in iustitia et sanctitate veritas“, also nicht nur im spirituellen, sondern auch im rechtlichen Sinne.

Tatsächlich war die Rechtsverbindlichkeit der vestitio im Mittelalter durchaus umstritten. Nach Ansicht verschiedener Autoren diente die Profess nicht dazu, einen Mönch zu „erschaffen“, sondern ihn rechtlich an seine Verpflichtungen zu binden, wie dies auch das von Benedikt beschriebene Ritual nahelegt. „Nichts anderes als Verachtung für die Welt oder die vollkommene Liebe zu Gott machen einen wahren Mönch“ urteilte Ende des 11. Jahrhunderts Ivo von Chartres. Mönch soll also sein, wer ein mönchisches Leben führt – so sahen es bereits die frühchristlichen Wüstenväter.
Anselm von Canterbury nennt dagegen das Beispiel einer Adeligen, die ohne Profess den Habit einer Nonne getragen hatte und somit allen, die sie sahen, ihre Hingabe an Gott bezeugt habe, als hätte sie die Gelübde abgelegt, denn das Tragen des Habits sei bereits eine implizite und nicht zu leugnende Profess. Auch Anselm beruft sich damit auf die Ansichten der ersten Mönche, denen das Tragen des Asketenkleides als „stillschweigende“ Form der Profess galt (professio tacita).
Streitfälle entstanden meist, wenn es um die Rückkehr in ein Dasein als Laie ging, etwa um zu heiraten, ein Erbe anzutreten oder weil der Habit in Erwartung eines nahen Todes genommen worden war, der dann aber ausblieb. Da es ab dem 9. Jh. außerdem üblich wurde, daß bereits Novizen den Habit trugen (i.d.R. ohne Kukulle, die dann stellvertretend in der Weihezeremonie überreicht wurde), bedurfte es dringend einer Beantwortung der Frage: Wie bindend ist das Tragen des klösterlichen Gewandes?

Die rechtliche Seite

Verschiedene Synoden befassten sich mit der Problematik der susceptio habitus und ihren rechtlichen Folgen, ohne eine einheitliche Regelung herbeiführen zu können. So wurde von Fall zu Fall unterschiedlich geurteilt, z.B. auch wenn Söhne gegen ihren Willen ins Kloster gegeben worden waren oder minderjährige Oblaten die Profess abgelegt hatten. In der Regel wurde aber der Eintritt in den Mönchsstand, ob freiwillig oder nicht, als unumkehrbare Entscheidung angesehen.

Erst nach dem zweiten Laterankonzil (1139) begann sich zunehmend die Überzeugung durchzusetzen, daß nicht das Gewand den Mönch mache, sondern die klösterliche Profess, und zwar möglichst in schriftlicher Form. Damit fand in der Geschichte der professio eine Entwicklung statt, die Parallelen zu anderen mittelalterlichen Lebensbereichen aufweist: den Übergang von einer materiellen oder auch symbolischen Handhabung hin zu einer stärker formalisierten, verschriftlichten oder „bürokratischen“ Form.
Die susceptio habitus wurde nun weithin als Absichtserklärung angesehen, ein Leben als Mönch führen zu wollen und eine verbindliche Profess folgen zu lassen. Das Tragen des Mönchsgewandes ohne feierliche professio verhinderte demnach z.B. künftige Ehen, machte bestehende aber nicht ungültig.
Papst Innozenz III. (1198-1216) erklärte zwar kategorisch: „Habitus non facit monachum, sed professio“ – nicht die Kutte mache den Mönch, sondern die Profess. Tatsächlich dauerte es jedoch bis ins 19. Jh., ehe ein päpstliches Dekret abschließend entschied, daß zur Mönchwerdung ausschließlich der ausdrücklich – mündlich oder schriftlich – erklärte Professwille entscheidend sei. Es hatte vom Anbeginn des christlichen Mönchtums bis fast in unsere Zeit gedauert, ehe die vestitio bzw. susceptio habitus von einem rechtsverbindlichen zu einem rein symbolischen Akt „degradiert“ wurde. Doch hatte Benedikt von Nursia diese Entwicklung gewissermaßen vorweggenommen, indem er die Bedeutung von promissio und petitio hervorhob, den Kleiderwechsel dagegen eher am Rande erwähnte und die liturgische Gestaltung der Weihezeremonie dem Abt überließ.

Literatur:

  • Odo Casel: Die Mönchsweihe, in: JB f. Liturgiewissenschaft 5 (1925), S. 1-47.
  • Giles Constable: The Ceremonies and Symbolism of Entering Religious Life and Taking the Monastic Habit. From the Fourth to the Twelfth Century, in: Segni e riti nella chiesa altomedievale occidentale. Settimana du studio 33, Spoleto 1987, S. 771-834.
  • Giles Constable: The Reformation of the Twelfth Century, Cambridge 1996.
  • Hieronymus Frank: Untersuchungen zur Geschichte der benediktinischen Profeßliturgie im frühen Mittelalter, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 63 (1951), S. 93-139.
  • Karl Suso Frank: Grundzüge des christlichen Mönchtums, Darmstadt 1975.
  • Gudrun Gleba: Klosterleben im Mittelalter, Darmstadt 2004.
  • Peter Hawel: Das Mönchtum im Abendland, Freiburg 1993.
  • Raphael Hombach: Das Kapitel 58 der Regula Benedicti und die Benediktinische Profeßliturgie, in: Anselm Rosenthal (Hg): Itinera Domini. Gesammelte Aufsätze aus Liturgie und Mönchtum, Münster 1988, S. 31-75.
  • Hubertus Lutterbach: Monachus factus est. Die Mönchwerdung im frühen Mittelalter, Münster 1995.
  • Gregor Potthoff: Habitus non facit monachum, sed professio. Die susceptio habitus und ihre Rechtsfolgen bis zum Konzil von Trient, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige 108 (1997), S. 7-79.

Eine frühere Fassung dieses Beitrags erschien zuerst in Karfunkel 74 (Februar 2008), S. 43-47.

 

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