Vorbemerkung: Im Mittelalter war das Leben der Menschen in weit größerem Maße von den Jahreszeiten beeinflusst als heute. In einer Zeit ohne effektive Heizung, Wärmedämmung, künstliche Beleuchtung, Kühlmöglichkeiten, Gewächshäuser und andere technische Errungenschaften waren zahlreiche Arbeiten – insbesondere in der Landwirtschaft – von Wetter- und Umweltbedingungen abhängig. Tätigkeiten wie Aussaat, dreschen, Ernte, aber auch Bier brauen, Hausbau, Jagd und Fischfang oder Schlachtung konnten nur zu bestimmten Zeiten des Jahres erfolgen. Diese wurden vor allem im Spätmittelalter in sogenannten Monatsbildern festgehalten.
In dieser Beitragsreihe sollen die einzelnen Monate und die ihnen zugewiesenen Tätigkeiten, aber auch ihre wichtigen Feiertage, Fastenzeiten und ihre Bedeutung im Leben der Menschen kurz dargestellt werden.
Der Januar trägt seine Bezeichnung vom lateinischen Ianuarius, abgeleitet von Ianus, dem römischen Gott mit den zwei Gesichtern, von denen eines in die Vergangenheit, das andere in die Zukunft blickt. In Österreich und Südtirol ist stattdessen die Bezeichnung Jänner gebräuchlich. Ältere Namen sind Hartung, Hartmonat, Eis-, Schnee- oder Wintermond sowie Wolfsmonat.
Bis zur Umstellung des römischen Kalenders 153 v.Chr. war der Januar der elfte Monat des Jahres. Allerdings waren auch im Mittelalter noch unterschiedliche Termine für den Jahresbeginn gebräuchlich, etwa am 1. März oder zum astronomischen Frühlingsbeginn der Tagundnachtgleiche (20./21. März). Erst seit dem 13. Jahrhundert setzte sich in weiten Teilen Europas der 1. Januar als einheitlicher Termin durch.
Im jüdischen Ritus erfolgte die Beschneidung der Neugeborenen am achten Tag nach ihrer Geburt. Mit der Festlegung der Geburt Christi auf dem 25. Dezember wurde der 1. Januar, der Oktavtag nach Weihnachten, damit zum Tag der Beschneidung des Herrn, der in der Ostkirche bereits im 4. Jahrhundert, im Westen spätestens seit dem 11. Jahrhundert als Feiertag galt.
Die Anbetung durch die Heiligen Drei Könige soll sich am 6. Januar ereignet haben. Der Tag galt daher in der Westkirche als Tag der Erscheinung des Herrn oder Epiphanias, da dessen Göttlichkeit in der Verehrung durch die heidnischen Gesandten erstmals offenbar wurde. Das Datum bildet den Abschluss des zwölftätigen Weihnachtsfestkreises und wurde daher im Volksmund und in deutschsprachigen Urkunden auch schlicht „Zwölfter“ oder „Weihnachtszwölfter“ genannt.
Die zwölf Tage zwischen Weihnachten und Epiphanias – die Zeit „zwischen den Jahren“ – waren im Volksglauben auch als Rauhnächte bekannt, in denen die Grenzen zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, der Welt der Geister und Dämonen, besonders durchlässig waren. Wahrscheinlich gründet diese Tradition auf dem Unterschied zwischen Mondjahr (354 Tage) und Sonnenjahr (365 Tage). Es war die Zeit, in der die „Wilde Jagd“ durch die Lüfte zog, und zahlreiche Regeln, Rituale und Vorkehrungen sollten dafür sorgen, dass die Menschen in dieser Zeit und im Verlauf des kommenden Jahres von allem Bösen verschont blieben.
Die Taufe Jesu wurde traditionell am Sonntag nach Epiphanias begangen.
Für die meisten Menschen im Mittelalter war der Januar eine Zeit des Stillstands, der (erzwungenen) Ruhe. Alles war von Schnee und Eis bedeckt, weder auf dem Feld noch auf den Baustellen konnte gearbeitet werden. Man hoffte, dass die Vorräte an Nahrung und Feuerholz ausreichen würden. Die Tage verbrachte man in der engen, verräucherten, schummerigen Kammer am Feuer mit dem Flicken der Kleidung, Reparatur von Werkzeugen, mit Ausbesserungen an Wänden und Dach, mit Handarbeiten, spinnen und weben.
Eine Glasmalerei aus Norwich (um 1500) zeigt die Personifikation des Januar als alten Mann, der seine kalten Füße am Feuer wärmt.
Wer es sich leisten konnte, der nutzte den „Hausarrest“ allerdings für Feste. Im November und Dezember war geschlachtet worden, so dass in wohlhabenden Haushalten nun reichlich Fleisch zur Verfügung stand. Das Breviarium Grimani eines unbekannten flämischen Künstlers (um 1490-1510) zeigt eine solche Szene, die recht anschaulich vermittelt, wie sich die kurzen, trüben und kalten Tage des Januar erträglich gestalten ließen, wenn man über die erforderlichen Mittel verfügte:
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