Fundstücke KW 41

Vortrag von Andreas Sturm auf der EXAR-Jahrestagung: „Ärgernis Authentizität: Antrieb der Performativen Geschichtsdarstellung“ (Download, pdf-Dokument).

Wie wir im Mittelalter lebten“ – Video aus der Reihe „Geschichte im Südwesten“ im Rahmen der ARD-Themenwoche „Heimat“ (SWR-Mediathek).

Im Erfurter Ursulinenkloster haben Archäologen bei Ausgrabungen Hinweise auf die älteste Brauerei der Stadt gefunden, wie Angelika Franz im Spiegel berichtet. Dass Bierbrauen Frauensache war, ist allerdings keine neue und schon gar keine überraschende Erkenntnis …

Woher kam das Baumaterial für das Ulmer Münster? Die Bauforscherin Anne-Christine Brehme hat neue Erkenntnisse, wie die Südwest-Presse vermeldet (mit Dank an Herrn Jablonski für den Hinweis!).

Spiegel Online gratuliert der Prager Rathausuhr zum 605. Geburtstag.

Mittelalterlicher Humor: „K“-Initialein einer illuminierten Handschrift von 1516 …

Cambrai, Bibliothèque municipale, MS. 125B, fol. 110r.

Cambrai, Bibliothèque municipale, MS. 125B, fol. 110r.

Fundstücke KW 40

Die berühmten mittelalterlichen Schachfiguren von Lewis könnten auf Island hergestellt worden sein, wie Jan Osterkamp auf spektrum.de schreibt.

Die Archäologen des Landschaftsverbands Westfalen.Lippe (LWL) sind mit dem bisherigen Verlauf der Ausgrabungen in der Herforder Innenstadt sehr zufrieden, meldet Archäologie online.

In Norwegen kann man jetzt eine neue, anerkannte Berufsausbildung absolvieren – als Wikinger … André Anwar berichtet in der Sächsischen Zeitung.

Der BR berichtet vom Ökologisch-Botanischen Garten in Bayreuth, der sich u.a. um mittelalterliche Nutzpflanzen kümmert.

Pünktlich zum 1. Oktober: Der Rezensionsüberblick September auf mittelalter.hypotheses.org.

Welches sind die zehn schönsten mittelalterlichen Manuskripte? Eine persönliche Auswahl präsentiert Giovanni Scordioni auf medievalists.net.
Darunter auch dieses einmalige Stück mit 121 schwarzen Blättern:

Black Hours (M. 493 › Morgan Library & Museum)

Black Hours (M. 493 › Morgan Library & Museum)

 

Oktober

Wie schon der September verweist auch der Oktober mit seinem Namen auf die alte römische Zählweise, die das Jahr mit dem März beginnen ließ. Entsprechend war der mens october der achte Monat (lat. octo = acht), was sich mitunter in historischen Datumsangaben niederschlägt: 8ber, VIIIbris oder 8bris bezeichnen den Oktober, und nicht, wie man meinen könnte, den August.

Im Mittelalter war der Oktober vornehmlich als Weinmond bekannt, seltener ist seine Bezeichnung als Gilbhart, aufgrund der Vergilbung des Laubs (ahd. hart = viel).
In den Weinbaugebieten, die im Mittelalter noch ausgedehnter waren als heute, waren nun Weinlese und Keltern in vollem Gange. Die roten und blauen Trauben reifen schneller und konnten oft schon Ende September geerntet werden, die weißen profitierten von sonnigen Tagen Anfang Oktober. Weiterlesen

Fundstücke KW 39

„Geschichte zieht“ – so der Titel eines Beitrags in der SZ. Gemeint sind in diesem Fall die bayerischen Landesausstellungen, die von Jahr zu Jahr mehr Besucher anziehen. Das ist sicherlich eine erfreuliche Entwicklung – aber auch eine gefährliche. Seit Jahren ist zu beobachten, dass Ausstellungen zu historischen Theman an ihrer Spektakularität gemessen werden. Sie müssen immer größer, bunter, lauter sein, und sie müssen immer neue Besucherrekorde aufstellen.
Bezeichnend ist die Aussage des Direktors des Hauses der Bayerischen Geschichte am Ende des SZ-Beitrags: „Ohne populäre Verpackung und stimmige Inhalte hast du auf dem Unterhaltungsmarkt kaum noch Chancen“. Geschichtsausstellungen werde also dem „Unterhaltungsmarkt“ zugerechnet, sollen mit Superhelden-Kinofilmen, Computerspielen, Freizeitparks, Achterbahnen und was nicht allem konkurrieren.
Das geht natürlich nur, wenn man sich populären Themen zuwendet, die möglichst breite Bevölkerungsschichten ansprechen. Sicher, vielleicht gelingt es auf diese Weise, einen wachsenden Teil des Publikums für Geschichte im Allgemeinen zu interessieren. Doch besteht zugleich die Gefahr des Entstehens (bzw. der Förderung) einer Mainstream-Geschichte: Populäre, möglichst unkontroverse Themen, die möglichst breite Bevölkerungsschichten ansprechen werden erforscht, ausgestellt, auf allen Kanälen präsentiert, finanziell gefördert; „Wohlfühlgeschichte“ für Alle!
Die weniger spektakulären, markttauglichen, vielleicht sogar kontroversen Themen fallen hingegen zunehmend unter den Tisch.
Und niemand erzähle mir, dieser Prozess sei nicht bereits seit Jahrzehnten im Gange – in Museen ebenso wie an den Fakultäten, in den Verlagen, von den Fernsehsendern ganz zu schweigen!

Im Keller eines Hauses in Pirna wurden mittelalterliche Wandmalereien zum Motiv der „Verkehrten Welt“ entdeckt – Meldung via dpa im Westfalen-Blatt.

„Habt ihr euch schon einmal gefragt, warum es geregelte Sitzordnungen in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens gibt?“ Auf kurz!-Geschichte widmete sich Christoph Gwisdeck diese Woche dem Ritual des Sitzens.

Niklas Hofbauer schreibt auf seinem Blog „Neues aus der Gotik“ zum Thema „Gewandschließen im 14. Jahrhundert„.

RP-Online berichtet über die Ausstellung „Das Schwert – Gestalt und Gedanke“, die am Wochenende im Deutschen Klingenmuseum Solingen eröffnet wurde.

 

Fundstücke KW 38

Ein Brite erklärt den Deutschen ihre Geschichte: Weil es sich um den wunderbaren Neil MacGregor handelt, sollte man sich anhören, was er zu sagen hat. Die taz hat mit ihm gesprochen.

Bei einer Notgrabung ist im schweizerischen Winterthur eine frühmittelalterliche Siedlung zutage gekommen, wie die Handelszeitung vermeldet.

Nürnberg ist wohl 100 Jahre älter als bislang angenommen – das legt zumindest der Fund einer Scherbe nahe, über den vergangene Woche zahlreiche Medien berichteten, u.a. Der SPON.

Zur SWR-Themenwoche „Heimat“ ab dem 4. Oktober gibt es bereits jetzt ein „Webspecial“ zur Geschichte des Südwestens mit „Empathy Game“ und weiteren „cross-medialen“ Angeboten voller Denglisch.

Auf mittelalter.hypotheses.org berichten Muriel Wegner und Catharina Lahme über den 4. Mittelaltertag der Universität Heidelberg.

Der Niederländer Roeland Paardekooper soll eigentlich nur den Direktor des AFM Oerlinghausen Karl Banghardt während dessen Forschungsauszeit vertreten – und macht nun bereits seit mehr als einem Jahr einen entschieden besseren Job als sein Vorgänger je zu leisten im Stande war, wäre oder sein würde.
Für seine Leistungen „zur Professionalisierung der Archäologischen Freilichtmuseen auf den Gebieten Finanzmanagement, Interpretation und Öffentlichkeitsarbeit“ wird Paardekooper nun verdientermaßen mit dem Museum-Horizon-Preis ausgezeichnet, wie die NW schreibt.
Eine solche Auszeichnung ruft auch mal eine Bildungsministerin auf den Plan, die sich prompt von – nein, nicht dem frisch geehrten, sondern dem zu Forschungszwecken beurlaubten Museumsleiter Banghardt über das Gelände führen und über die Rolle des Freilichtmuseums zur Zeit des NS aufklären ließ, was der Lippischen Zeitung einen Beitrag wert war.

Hier gibt es jetzt die offizielle Bildergalerie der IG14 von ihrer Aktion „Kindheit im Mittelalter“ am 17.-19. Juli auf der Bachritterburg Kanzach.

Kindheit im Mittelalter (c) Ig14.at

Kindheit im Mittelalter (c) Ig14.at

Fundstücke KW 37

Was bedeutet eigentlich der Begriff „Völkerwanderung“? Und kann angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsbewegungen tatsächlich von einer „neuen Völkerwanderung“ gesprochen werden? Der Historiker Dr. Christian Scholl geht für die Gerda Henkel-Stiftung diesen und weiteren Fragen nach.

Neuer Beitrag zur Reihe “Aufstieg und Fall an den europäischen Höfen des Mittelalters“ auf mittelalter.hypotheses.org: „Der Günstling global? Favourites and Faction at Early Modern Courts“ von Jeroen Duindam.

Im Main-Tauber-Kreis informierte sich Finanzstaatssekretär vor Ort unter dem schönen Motto „Zukunft braucht Herkunft“ über Fragen von Archäologie, Denkmalschutz, historischem Gedenken etc. Die Fränkischen Nachrichten haben Details zur Reise.

Im Alamannenmuseum Ellwangen wurde am Wochenende die Ausstellung „Bernstein – Gold der Germanen“ eröffnet. Die Schwäbische hat schon einmal einen Blick darauf geworfen und dabei gleich die Kamera laufen lassen.
Zum Tag des offenen Denkmals konnte man dort auch einem Bernsteinschleifer bei der Arbeit zusehen, wie ebenfalls Die Schwäbische berichtet.

Wer sich für das Limesmuseum in Aalen interessiert, sollte sich mit einem Besuch beeilen: Im November schließt die Einrichtung bis 2018 wegen Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.

Der niederländische Buchhistoriker Erik Kwakkel befasste sich in seinem jüngsten Blog-Eintrag mit mittelalterlichen Postern – leider nur auf Englisch, aber dafür mit vielen schönen Bildern:

Ebstorfer Weltkarte, um 1300.

Ebstorfer Weltkarte, um 1300.

Fundstücke KW 36

Die Gerda Henkel-Stiftung veröffentlichte vergangene Woche eine Hausarbeit (!) im Fach Germanistik über „Vorsatz, Erbsünde und Erlösung bei Hartmann von Aue„. Zwar inhaltlich durchaus gehaltvoll, sind die sprachlichen Fehler allein in der kurzen Vorschau bereits abschreckend …

Das Amtsgericht Detmold hat das Hausverbot eines bekannten Rechtsextremisten im AFM Oerlinghausen bestätigt, wie die Lippische Zeitung berichtet. Schön, dass das Freilichtmuseum hier so klare Kante zeigt und (hoffentlich!) als Vorbild für andere Museen und öffentliche Kultureinrichtungen dient!

Das Mittelalter-Blog ist aus den Sommerferien zurück und liefert als erstes einen Rezensionsüberblick für den Monat August.

Dank Hiltibold stieß ich diese Woche auf dieses tolle Diorama des Deutschen Ordens 1329. Auch ein Weg, Geschichte anschaulich zu machen!

Und gleich noch eine originelle Form der Geschichtsvermittlung: Die LEGO-Verfilmung des angelsächsischen Gedichts „The Battle of Maldon“ … Zugegeben, die Verfügbarkeit und Ausstattung der Figuren setzen hier der Authentizität sehr enge Grenzen, aber Idee und Umsetzung finde ich überaus originell!

 

September

Der September ist der erste Monat des Jahres, der nicht nach einer Gottheit bekannt ist. Stattdessen deutet seine Bezeichnung auf die alte römische Zählung hin, die bis 153 v.u.Z. in Gebrauch war und das Jahr mit dem März beginnen ließ. Der September (lat. septem = sieben) war demnach der siebente Monat der Jahres, was in manchen mittelalterlichen Urkunden und Briefen seinen Niederschlag gefunden hat, wo zuweilen „7bris“, „VIIbris“ oder „7ber“ als Datierung zu lesen ist.
Alte deutschsprachige Namen lauten z.B. Holting oder Holzmond, Weinmonat oder Scheiding, da es nun heißt, vom Sommer Abschied zu nehmen. Um den 22. September herum fällt das Herbstäquinoktium, die Tag-und-Nacht-Gleiche: Die Sonne geht genau im Osten auf und im Westen unter, Tag- und Nachtphase sind exakt gleich lang, und wenn auch nicht der meteorologische, so doch immerhin der astronomische Herbst ist damit eingeläutet. Weiterlesen

Fundstücke KW 35

Es gibt Neues zu den Ausgrabungen in Paderborn, an denen Studierende aus Cardiff beteiligt sind: Die bislang entdeckten Gräber liegen weniger tief als erwartet (Archäologie Online).

Im bayerischen Kümmersbruck wurden Spuren eines karolingerzeitlichen Werkstattkomplexes entdeckt, in dem u.a. Eisen verhüttet und weiter verarbeitet wurde, wie der Bayerische Rundfunk vermeldet.

Es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten, Geschichte als Marketinginstrument zu nutzen: Die Stadt Conwyn in Wales z.B. hat nun wieder einen Hofnarren … Der Spiegel hat mit dem Unterhaltungskünstler gesprochen.

In Zeiten knapper Stadtkassen, sinkender Kulturetats und häufig auch sinkender Einnahmen aus Eintrittsgelderne etc. müssen sich viele Kulturinstitutionen Gedanken machen, wie Kosten eingespart werden können. Im Düsseldorfer Schloss Benrath meinte man, die Lösung gefunden zu haben: Alle Stellen der (qualifizierten, studierten, z.T. promovierten) Museumsführer sollten in geringfügige Beschäftigung mit einem Entgelt knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn umgewandelt werden. Dafür sollten die rund 20 Angestellten dann aber auch noch zusätzliche Aufgaben übernehmen – doch diese wehren sich, indem sie geschlossen zum Jahresende gekündigt haben, wie RP Online berichtet.
Eine Aktion, die hoffentlich die erwünschte Aufmerksamkeit auf diesen und ähnliche Fälle lenkt, auf die zunehmend prekärer werdende Situation qualifizierter Kräfte im Kultur- und Bildungsbereich aufmerksam macht, letztlich aber leider nach hinten losgehen könnte: Angesichts der miesen Arbeitsmarktlage für Historiker, Kunsthistoriker etc. werden sich wahrscheinlich problemlos genügend verzweifelte Absolventen finden lassen, die auch zu derartigen Konditionen zu arbeiten bereit sind, in der trügerischen Hoffnung, so wenigstens schon mal „einen Fuß in die Tür“ des Kulturbetriebs zu bekommen. Oder aber man bedient sich einfach unqualifizierter Hilfskräfte, die Besucher merken den Unterschied doch ohnehin nicht … Es wäre nicht das erste Beispiel, und es wird nicht das letzte bleiben. Traurig, aber wahr.

Im Blog kurz!-Geschichte befasste sich Timo Bülters vergangene Woche mit dem Aderlass im Mittelalter.

Wer gerade keine Zeit oder kein Geld hat, um sich die wunderbare historische Stadt Troyes in Fankreich „live“ anzusehen, kann sich dank des Projekts „360 Cities“ und des Fotografen Carsten Arenz immerhin an diesem 360°-Panorama erfreuen:


Troyes – Old Town Alley

 

Fundstücke KW 34

Der Spiegel widmete sich diese Woche zum wiederholten Male der Perspektivlosigkeit von Nachwuchswissenschaftlern. Diese ist natürlich kein Zufall, sondern politisch gewollt, und daran werden leider auch ein weiteres Dutzend kluger Beiträge nichts ändern, sondern allenfalls ein Aufstand des akademischen Mittelbaus mit Unterstützung jener Professoren, die in der Lage sind, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, und genügend Weitblick besitzen, die Gefährdung des Wissenschaftsstandorts Deutschland in dieser kurzsichtigen Politik zu erkennen.

In der Rhein-Main-Presse schreibt Falko Daim über die Rekonstruktion einer frühmittelalterlichen Doppelorgel aus Byzanz im Mainzer RGZM.

Unter großem wissenschaftlichen, technischem und handwerklichem Aufwand wurde in Beckum im Auftrag des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) eine frühmittelalterliche Spatha mit „wurmbunter“, also feuerverschweißter Klinge vermessen, analysiert, nachgeschmiedet und poliert. Das Ergebnis wird in den kommenden Monaten in verschiedenen westfälisch-lippischen Museen zu sehen sein (Meldung des LWL).

Meine persönlichen Ansichten zum inflationär gebrauchten Begriff „Sensationsfund“ habe ich bereits des öfteren zum Ausdruck gebracht. Aber beeindruckend ist es schon, was Archäologen im südlichen Dänemark aus der Erde geholt haben: Bislang 165 Silbermünzen und eine Goldperle aus der Wikingerzeit. Es berichtete die SHZ.

Schon etwas älter ist dieses Video, auf das ich diese Woche von irgendwoher verlinkt wurde: Die virtuelle Auferstehung der 1465 zerstörten polnischen Stadt Nieszawa anhand nicht-invasiver Bodenuntersuchungen. Mehr zum Projekt „Stara Nieszawa“ gibt es hier (auf Englisch).