Im Mittelalter, so heißt es, hätten die Menschen – selbst die reichen und vornehmen – mit der Hand gegessen, weil die Kirche den Gebrauch der Gabel verboten habe. Als Werkzeug des Teufels sei sie angesehen worden und habe sich daher erst später, in einem aufgeklärteren, rationaleren, kultivierteren Zeitalter, als Teil des Essbestecks durchsetzen können.
Nahezu immer, wenn in populären Medien die Essgewohnheiten des Mittelalters thematisiert werden, dient dieses Beispiel dazu, gleichermaßen die vermeintlich rohen Tischsitten wie die naive Frömmigkeit und Kirchenhörigkeit zu illustrieren. Doch die These findet sich auch in zahlreichen Fachpublikationen zum Thema und hat es sogar ins renommierte Lexikon des Mittelalters geschafft. Die Geschichte vom Teufel, seiner Gabel und der Kirche ist zum Selbstläufer geworden, zum geschichtswissenschaftlichen Topos, der nicht länger hinterfragt, sondern nur mehr kolportiert wird.
Eines nämlich haben all diese Reiterationen, vom LexMA über bekannte Online-Lexika bis zur Kochsendung im Fernsehen, gemeinsam: Es fehlt ihnen an zeitgenössischen Quellen, um die so beliebte These zu belegen.
Die Gabel – ein Werkzeug des Teufels?
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