Fundstücke KW 52

Im Hafenbecken von Stade sind zahlreiche mittelalterliche Pilgerabzeichen zum Vorschein gekommen. War es Brauch, diese nach glücklicher Heimkehr hier zu versenken? Die Archäolgin Angelika Franz schreibt darüber auf Spiegel Online.

Betrieben die Wikinger in der Neuen Welt Bronzeguss? Ein in Kanada entdeckter Steintiegel scheint darauf hinzudeuten, wie derstandard.at berichtet.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag zeigte das SWR Fernsehen „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Die Sendung über die Küche des Mittelalters entstand unter Beteiligung meiner Wenigkeit, HistoFakt. Historische Dienstleistungen zeichnete für die historische Beratung verantwortlich.
Die vollständige Sendung ist nun über die SWR Mediathek abrufbar, weitere Informationen, Rezepte etc. zu der dreiteiligen Reihe gibt es hier. Meine Erfahrungen beim Dreh habe ich vergangene Woche im Blog zusammengefasst.

 

Fundstücke KW 51

Auf der Liste zur Wahl des Wissenschaftsblogs des Jahres 2014 stehen auch zwei Blogs zur Geschichte: Rainer Schregs archaeologik und mittelalter.hypotheses.org. Abstimmen geht schnell und kostet nichts …

Vergangene Woche wies ich auf die Petition zum Erhalt des Lehrstuhls für Archäologie an der Universität des Saarlands hin. Nun soll es auch dem renommierten Lehrstuhl für rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn an den Kragen gehen. Auch dagegen gibt es eine Petition.

Bereits am 4. Dezember zeigte der Bildungssender RTL das „Historiendrama Götz von Berlichingen„. Zugegebenermaßen ist dieses Großereignis des Geschichtsfernsehens unbemerkt an mir vorüber gegangen, doch ich möchte hier zumindest einen Teil der Beschreibung nachliefern:

Berühmt und berüchtigt und ein unverbesserlicher Frauenheld: Henning Baum verkörpert im TV-Event „Götz von Berlichingen“ den Raubritter mit der eisernen Hand. Der Historienfilm spielt im 16. Jahrhundert. […]
Als Götz von Berlichingen Kisten mit Goldmünzen des französischen Königs erbeutet, wird ihnen die Brisanz ihres Fundes erst klar, nachdem sie sicher ihre Burg erreicht haben. […] Im Kampf verliert Götz seine rechte Hand – er überlebt nur mit Hilfe der geheimnisvollen Heilerin Saleema (Dennenesch Zoudé). Der Ritter schafft das Unmögliche: Mit seiner eisernen Hand erkämpft er sich nicht nur seine alte Stärke zurück, sondern findet auf diesem Weg auch treue Weggefährten und nicht zuletzt die Unterstützung der Bauern. […]

Den Rest mag sich Jede/r anhand des zugehörigen Fotos selbst zusammenreimen:

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Ich hoffe, damit ist nun endgültig der absolute Tiefpunkt der Geschichtsdarstellung im Fernsehen erreicht …

A propos Mittelalter im TV: Auf der Facebook-Seite von EpochenKochen gibt es die offiziellen Bilder von den Dreharbeiten zur gleichnamigen Sendung, an der HistoFakt. Historische Dienstleistungen mitgewirkt hat. Die Sendung ist am zweiten Weihnachtstag ab 14.15 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen. Darüber berichtet u.a. das Mittelaltermagazin „Praeco Medii Aevi“.

Erfahrungen beim Dreh einer Unterhaltungssendung mit historischem Hintergrund

Am 26. Dezember 2014 zeigt das SWR Fernsehen um 14.15 Uhr die Sendung „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Moderatorin Heike Greis und Starkoch Vincent Klink begeben sich auf die Suche nach Rezepten und Küchengeheimnissen des Mittelalters.
Obwohl (oder vielleicht weil?) ich mich in der Vergangenheit mehrfach kritisch mit der Darstellung des Mittelalters im deutschen Fernsehen auseinandergesetzt habe, wurde ich von der Produktionsfirma maz&more als historischer Berater und Experte in der Sendung engagiert. Die Vorbereitungen und die Dreharbeiten im September waren eine überaus interessante und aufschlussreiche Erfahrung!

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

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Fundstücke KW 50

Es ist nicht immer ganz einfach, sein Dasein als freischaffender Historiker zu fristen. Doch ein Anlass für den Schritt in die Selbständigkeit und ein Grund, warum eine Rückkehr an die Akademie nicht in Frage kommt, waren und sind die dortigen Arbeitsbedingungen von wissenschaftliechen Hilfskräften, Doktoranden, etc. Darüber berichtete diese Woche mal wieder die SZ online: Hire-and-fire an der Universität.

Unterdessen geht der Kahlschlag der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fakultäten munter weiter. An der Universität Saarbrücken soll der renommierte Lehrstuhl für klassishe Archäologie gestrichen werden – hier gibt es eine Petition dagegen.

Ob die Lage für Geisteswissenschaftler an Universitäten im Ausland besser ist, kann ich nicht beurteilen. Auffällig ist jedoch, dass Deutschland mal wieder in einem wichtigen und zukunftsträchtigen Bereich hinterherhinkt, nämlich beim Thema Online-Publikation und Open Access. Die Zahl englischsprachiger, meist (z.T. nach Ablauf einer Sperrfrist) frei zugänglicher mediävistischer Fachzeitschriften von hoher Qualität steigt derzeit sprunghaft an, wohingegegn mir nicht eine nennenswerte deutschsprachige Online-Zeitschrift zur Mediävistik bekannt ist. (Sollte ich mich irren, freue ich mich über entsprechende Hinweise!)
Die Western Michigan University hat jedenfalls diese Woche die neue frei zugängliche mediävistische Online-Zeitschrift The Medieval Globe vorgestellt, deren erste Ausgabe sich mit neuen Ansätzen zur Geschichte der Pest befasst.
Eine Übersicht weiterer englischsprachiger Online-Journals (sowie ein Video einer Diskussionsrunde zum Thema „Open Access in der Mediävistik“ der International Conference on Medievalism vom 29. Oktober 2014) gibt es auf medievalists.net.

Das ewige Thema „Mittelalter im TV“: Der Online-Sender Netflix zeigt eine neue Serie über Marco Polo, die sich wohl an das Vikings- und Game of Thrones-Publikum zu richten scheint – Der Spiegel war jedenfalls nicht gerade begeistert, Die Zeit spricht von „bombastischer Leere“.
Bemerkenswert ist immerhin, dass Netflix für den Versuch, seine Abonnentenzahlen zu erhöhen und damit Marktanteile zu gewinnen, ausgerechnet auf historische Themen setzt – natürlich aufgemotzt mit Sex, Gewalt und asiatischer Kampfkunst, wie der ansonsten eher nichtssagende Trailer deutlich macht:

Fundstücke KW 49

Die Nachricht ist schon etwas älter, ich hatte immer gehofft, sie würde früher oder später auch in deutschsprachigen Medien ein Echo finden oder sogar Kommentare renommierter Forscher wie Alfred Geibig oder Stefan Mäder hervorrufen, doch leider war dies bislang nicht der Fall. Daher hier also der Link zur Originalmeldung in der Siberien Times: In Sibirien ist ein früh-/hochmittelalterliches Schwert gefunden worden, dessen Klinge sehr wahrscheinlich im Fränkischen Reich hergestellt wurde. Es könnte in späterer Zeit Iwan dem Schrecklichen gehört haben – ein äußerst gut erhaltener und spannender Fund!

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Das Nationalmuseum von Dänemark hat die Wikingersiedlung und den Königshof von Tissø digital wieder auferstehen lassen. Zwar habe ich im Detail so meine Schwierigkeiten mit der Rekonstruktion – z.B. wird wieder einmal das Klischee bedient, die Langhäuser der Wikinger hätten nur als Met-Halle und „Party Location“ gedient, statt als Wohnstätten –, doch die Umsetzung finde ich dennoch recht gelungen und anschaulich:

Richard III. und kein Ende: Der englische König erfreut sich seit der Entdeckung seiner Gebeine unter einem Parkplatz größerer Beliebtheit als zu Lebzeiten! Im aktuellen Bericht aus Spiegel Online geht es um die DNA-Analyse seiner Überreste und die Erkenntnis, dass wohl nicht alle seine Kinder seine Kinder waren

Die Zeit widmete in dieser Woche der neuen Sonderausstellung „Fleisch. Jäger, Fischer, Fallensteller in der Steinzeit“ im Neanderthal Museum in Mettmann einen Artikel: Heimwerker der Steinzeit von Sami Skalli.

 

Rezension: "Handwerk. Von den Anfängen bis zur Gegenwart" von Rainer S. Elkar, Katrin Keller und Helmuth Schneider (Konrad Theiss Verlag)

Titelbild (c) Konrad Theiss Verlag/WBG

Titelbild (c) Konrad Theiss Verlag/WBG

Handwerk berührt viele Lebensbereiche, und die Geschichte des Handwerks stützt sich auf viele historische Teildisziplinen wie Wirtschafts-, Sozial-, Kultur-, Kunst- und Technikgeschichte oder Archäologie und Realienkunde. Die Autoren des vorliegenden Bandes bemühen sich redlich, auf nur rund 200 Seiten ein umfassendes Bild der handwerklichen Entwicklung in Europa zu vermitteln, doch muss ein solcher Versuch notwendigerweise oberflächlich bleiben. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen des Handwerks in den einzelnen Epochen bzw. Jahrhunderten sowie auf dem technischen Fortschritt, der diese beeinflusste. Daneben stehen zeitspezifische Aspekte im Mittelpunkt: Zunftorganisation im Mittelalter, Kunsthandwerk in Renaissance und Rokoko, Mechanisierung im 19. Jahrhundert etc. Diese Betrachtungsweise ist nicht eben originell, aber solide und vor allem unterhaltsam umgesetzt. Mit den zahlreichen qualitätsvollen Illustrationen und der guten Lesbarkeit der Texte eignet sich der Band bestens zum Schmökern. Das Fehlen von Stichwort- und Literaturverzeichnis zeugt davon, dass das Werk weniger (populär-) wissenschaftlichen als vielmehr unterhaltenden Zwecken dienen soll, und diese Absicht erfüllt es mehr als zufriedenstellend. Als historisch fundierter Lobgesang auf die Leistungen des Handwerks in seiner vieltausendjährigen Geschichte ist das Buch daher durchaus mit Gewinn zu lesen.

Rainer S. Elkar, Katrin Keller und Helmuth Schneider: Handwerk. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Darmstadt: Konrad Theiss Verlag 2014.
Geb., 224 S., zahlr. Abb. ISBN 978-3-8062-2783-3. € 49,95.