Rezension GEO Epoche 70: KARL der Große und das REICH der Deutschen

Das „Heilige Römische Reich (Deutscher Nation)“ existierte von 962 bis 1806 und war zeit seines Bestehens ein höchst eigentümliches Konstrukt. Zahlreiche Personen, Ereignisse und Entwicklungen haben seine Geschichte geprägt, und die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift „GEO Epoche“ unternimmt den Versuch, auf knapp 180 Seiten einige davon näher zu beleuchten. Von Karl dem Großen und der Idee eines christlichen Kaisertums im Westen bis zu Napoleon und der Abdankung Kaiser Franz‘ II. spannt sich der Bogen der Beiträge teils namhafter Autorinnen und Autoren. Behandelte Themen umfassen etwa den Wormser Reichstag von 1495, die Reformation in Nürnberg, den Dreißigjährigen Krieg oder auch die Insignien des Kaisertums.
Den Verfassern gelingt vielfach, nicht zuletzt durch die konsequente, ungewöhnliche Erzählweise im Präsens und zuweilen die Perspektive von Beteiligten oder Zeitgenossen, eine lebendige, anschauliche Schilderung der Ereignisse und Zustände. Als Leser fühlt man sich häufig sehr dicht am Geschehen, doch stellt sich zuweilen die Frage, woher die Autoren ihre Kenntnisse über die vergangenen Zeiten beziehen, etwa wenn es von der Ausbildung zum Ritter im 15. Jahrhundert heißt:

„Schon als Fünfjährige zwingt man sie aufs Pferd und bindet sie im Sattel fest. Drückt sie in den Dung der Ställe, wo sie still liegen müssen, den Bissen, Tritten und Ausscheidungen der Tiere ausgesetzt.“
(Jörg-Uwe Albig: Götz von Berlichingen, S. 90)

Der Verzicht auf die Angabe von Quellen birgt die Gefahr, eine Nähe und ein Wissen über die historischen Gegebenheiten zu suggerieren, die von der Forschung zuweilen schwerlich gestützt werden können.
Problematisch erscheint zudem die Illustration mehrerer Artikel durch Geschichtsdarstellungen des 19. Jahrhunderts. Diese können für die dargestellte Zeit keinen Quellencharakter beanspruchen und sind zudem oft von nationalistischen, die Vergangenheit verklärenden Motivationen geprägt. Auch die Verwendung burgundischer Buchmalereien des 15. Jahrhunderts in einem Beitrag über Otto I. (936-973) trägt nicht unbedingt dazu bei, ein realistisches Bild der damaligen Verhältnisse zu transportieren.
Die Lebensbeschreibung des Raubritters Götz von Berlichingen wiederum wird durch stimmungsvolle Fotografien verschiedener Burgen illustriert. Allerdings liegen die meisten davon im Osten des heutigen Deutschland, und keine hat irgendeinen Bezug zum Thema des Beitrags. So erscheint die Bildauswahl des Hefts zuweilen etwas willkürlich und geradezu „grobmittelalterlich“ – es ist ist eben „irgendwie alles Mittelalter“. (Bei den neuzeitlichen Themen besteht das Problem nicht.) Das ist ein wenig schade, aber dennoch lassen sich die Texte durchaus mit Gewinn lesen.
Eine Zeittafel und (etwas spärliche) Literaturhinweise erhöhen den Nutzwert des Magazins.

DVD-Beilage

Das Heft ist entweder einzeln oder zusammen mit einer DVD erhältlich. Dabei handelt es sich um die dreiteilige sogenannte Dokumentation „Karl der Große – Der erste Kaiser“ aus dem Jahr 2013. Mit großem filmischem und technischem Aufwand wird hier die Lebensgeschichte des Frankenherrschers ins Bild gesetzt, eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der der gealterte Einhard einem jungen Schreiber seine „Vita Karoli Magni“ diktiert.
Zwischen die Spielszenen sind Aussagen namhafter Historiker und Experten wie Johannes Fried, David Nicolle oder Dame Janet Nelson eingebettet. Mit Hilfe dieses geballten Wissens hätte es eigentlich möglich sein müssen, eine historisch fundierte und zugleich spannende und unterhaltsame Dokumentation zu produzieren, doch leider versagt das Machwerk hier auf ganzer Linie.
Angefangen von peinlichen Dialogen und albernen Bettszenen erinnert das Schauspiel eher an eine billige Fantasy-Trash-Produktion als an ein seriöses Format mit Bildungsanspruch. Wer soll hier eigentlich die Zielgruppe sein?
Ganz und gar unterirdisch ist das Niveau der Ausstattung, das selbst die extrem niedrigen Standards von Fernsehserien wie „Vikings“ noch locker unterbietet. Ich will gar nicht auf die allgegenwärtigen Kerzen und Fackeln, orientalische Teppiche als Bodenbelag oder moderne Sättel und Steigbügel eingehen, doch was etwa (durchaus hübsche) Renaissance-Himmelbetten in einer Dokumentation über das 8.-9. Jahrhundert zu suchen haben, wird wohl ein Geheimnis der Fernsehmacher bleiben.
Für die Bekleidung wurden offenbar übrig gebliebene Bestände sämtlicher Geschichts- und Märchenproduktionen der vergangenen 20 Jahre geplündert. Da wird unter fachkundiger Leitung des britischen Militärhistorikers David Nicolle ein Beschusstest auf Kettenhemden durchgeführt, von denen es zu Recht heißt, sie seien das wichtigste Element der Körperpanzerung der Zeit gewesen. Warum tragen die Darsteller diese dann nicht im Film, sondern … ja, was soll das eigentlich sein, was die Franken da unter ihre wehenden roten Umhänge geschnallt haben??? Und warum schlagen sie 773 n.Chr. (!) beidhändig mit Langschwertern des 14.-15. Jahrhunderts auf die Sachsen ein? Das alles ist Grobmittelalter auf unterstem Mittelaltermarkt-Niveau!

Szene aus "Der erste Kaiser": Grobmittelalterlicher Gewandungsmix auf Mittelaltermarkt-Niveau. (c) taglicht media.

Szene aus "Der erste Kaiser": Grobmittelalterlicher Gewandungsmix auf Mittelaltermarkt-Niveau. (c) taglicht media.

Es lohnt nicht, noch weitere Worte über dieses mit einer großen Menge an öffentlichen Fördergeldern produzierte Machwerk zu verlieren. Der in weiten Teilen durchaus ernstzunehmende Inhalt und die fundierten Aussagen der zu Rate gezogenen Experten werden leider durch die vollkommen unhistorische, lächerliche und letztlich vollkommen überflüssige Darstellung überschattet. Hier wurde mit viel Pomp und Getöse eine große Chance vertan. Schade!

GEO Epoche 70 (Dezember 2014): Karl der Große und das Reich der Deutschen. 172 S. ISBN 978-3-652-00341-4. € 10,- (Einzelheft), € 17,50 (mit DVD).

Zum GEO-Shop.

Fundstücke KW 52

Im Hafenbecken von Stade sind zahlreiche mittelalterliche Pilgerabzeichen zum Vorschein gekommen. War es Brauch, diese nach glücklicher Heimkehr hier zu versenken? Die Archäolgin Angelika Franz schreibt darüber auf Spiegel Online.

Betrieben die Wikinger in der Neuen Welt Bronzeguss? Ein in Kanada entdeckter Steintiegel scheint darauf hinzudeuten, wie derstandard.at berichtet.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag zeigte das SWR Fernsehen „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Die Sendung über die Küche des Mittelalters entstand unter Beteiligung meiner Wenigkeit, HistoFakt. Historische Dienstleistungen zeichnete für die historische Beratung verantwortlich.
Die vollständige Sendung ist nun über die SWR Mediathek abrufbar, weitere Informationen, Rezepte etc. zu der dreiteiligen Reihe gibt es hier. Meine Erfahrungen beim Dreh habe ich vergangene Woche im Blog zusammengefasst.

 

Fundstücke KW 51

Auf der Liste zur Wahl des Wissenschaftsblogs des Jahres 2014 stehen auch zwei Blogs zur Geschichte: Rainer Schregs archaeologik und mittelalter.hypotheses.org. Abstimmen geht schnell und kostet nichts …

Vergangene Woche wies ich auf die Petition zum Erhalt des Lehrstuhls für Archäologie an der Universität des Saarlands hin. Nun soll es auch dem renommierten Lehrstuhl für rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn an den Kragen gehen. Auch dagegen gibt es eine Petition.

Bereits am 4. Dezember zeigte der Bildungssender RTL das „Historiendrama Götz von Berlichingen„. Zugegebenermaßen ist dieses Großereignis des Geschichtsfernsehens unbemerkt an mir vorüber gegangen, doch ich möchte hier zumindest einen Teil der Beschreibung nachliefern:

Berühmt und berüchtigt und ein unverbesserlicher Frauenheld: Henning Baum verkörpert im TV-Event „Götz von Berlichingen“ den Raubritter mit der eisernen Hand. Der Historienfilm spielt im 16. Jahrhundert. […]
Als Götz von Berlichingen Kisten mit Goldmünzen des französischen Königs erbeutet, wird ihnen die Brisanz ihres Fundes erst klar, nachdem sie sicher ihre Burg erreicht haben. […] Im Kampf verliert Götz seine rechte Hand – er überlebt nur mit Hilfe der geheimnisvollen Heilerin Saleema (Dennenesch Zoudé). Der Ritter schafft das Unmögliche: Mit seiner eisernen Hand erkämpft er sich nicht nur seine alte Stärke zurück, sondern findet auf diesem Weg auch treue Weggefährten und nicht zuletzt die Unterstützung der Bauern. […]

Den Rest mag sich Jede/r anhand des zugehörigen Fotos selbst zusammenreimen:

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Ich hoffe, damit ist nun endgültig der absolute Tiefpunkt der Geschichtsdarstellung im Fernsehen erreicht …

A propos Mittelalter im TV: Auf der Facebook-Seite von EpochenKochen gibt es die offiziellen Bilder von den Dreharbeiten zur gleichnamigen Sendung, an der HistoFakt. Historische Dienstleistungen mitgewirkt hat. Die Sendung ist am zweiten Weihnachtstag ab 14.15 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen. Darüber berichtet u.a. das Mittelaltermagazin „Praeco Medii Aevi“.

Erfahrungen beim Dreh einer Unterhaltungssendung mit historischem Hintergrund

Am 26. Dezember 2014 zeigt das SWR Fernsehen um 14.15 Uhr die Sendung „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Moderatorin Heike Greis und Starkoch Vincent Klink begeben sich auf die Suche nach Rezepten und Küchengeheimnissen des Mittelalters.
Obwohl (oder vielleicht weil?) ich mich in der Vergangenheit mehrfach kritisch mit der Darstellung des Mittelalters im deutschen Fernsehen auseinandergesetzt habe, wurde ich von der Produktionsfirma maz&more als historischer Berater und Experte in der Sendung engagiert. Die Vorbereitungen und die Dreharbeiten im September waren eine überaus interessante und aufschlussreiche Erfahrung!

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

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Fundstücke KW 50

Es ist nicht immer ganz einfach, sein Dasein als freischaffender Historiker zu fristen. Doch ein Anlass für den Schritt in die Selbständigkeit und ein Grund, warum eine Rückkehr an die Akademie nicht in Frage kommt, waren und sind die dortigen Arbeitsbedingungen von wissenschaftliechen Hilfskräften, Doktoranden, etc. Darüber berichtete diese Woche mal wieder die SZ online: Hire-and-fire an der Universität.

Unterdessen geht der Kahlschlag der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fakultäten munter weiter. An der Universität Saarbrücken soll der renommierte Lehrstuhl für klassishe Archäologie gestrichen werden – hier gibt es eine Petition dagegen.

Ob die Lage für Geisteswissenschaftler an Universitäten im Ausland besser ist, kann ich nicht beurteilen. Auffällig ist jedoch, dass Deutschland mal wieder in einem wichtigen und zukunftsträchtigen Bereich hinterherhinkt, nämlich beim Thema Online-Publikation und Open Access. Die Zahl englischsprachiger, meist (z.T. nach Ablauf einer Sperrfrist) frei zugänglicher mediävistischer Fachzeitschriften von hoher Qualität steigt derzeit sprunghaft an, wohingegegn mir nicht eine nennenswerte deutschsprachige Online-Zeitschrift zur Mediävistik bekannt ist. (Sollte ich mich irren, freue ich mich über entsprechende Hinweise!)
Die Western Michigan University hat jedenfalls diese Woche die neue frei zugängliche mediävistische Online-Zeitschrift The Medieval Globe vorgestellt, deren erste Ausgabe sich mit neuen Ansätzen zur Geschichte der Pest befasst.
Eine Übersicht weiterer englischsprachiger Online-Journals (sowie ein Video einer Diskussionsrunde zum Thema „Open Access in der Mediävistik“ der International Conference on Medievalism vom 29. Oktober 2014) gibt es auf medievalists.net.

Das ewige Thema „Mittelalter im TV“: Der Online-Sender Netflix zeigt eine neue Serie über Marco Polo, die sich wohl an das Vikings- und Game of Thrones-Publikum zu richten scheint – Der Spiegel war jedenfalls nicht gerade begeistert, Die Zeit spricht von „bombastischer Leere“.
Bemerkenswert ist immerhin, dass Netflix für den Versuch, seine Abonnentenzahlen zu erhöhen und damit Marktanteile zu gewinnen, ausgerechnet auf historische Themen setzt – natürlich aufgemotzt mit Sex, Gewalt und asiatischer Kampfkunst, wie der ansonsten eher nichtssagende Trailer deutlich macht:

Fundstücke KW 49

Die Nachricht ist schon etwas älter, ich hatte immer gehofft, sie würde früher oder später auch in deutschsprachigen Medien ein Echo finden oder sogar Kommentare renommierter Forscher wie Alfred Geibig oder Stefan Mäder hervorrufen, doch leider war dies bislang nicht der Fall. Daher hier also der Link zur Originalmeldung in der Siberien Times: In Sibirien ist ein früh-/hochmittelalterliches Schwert gefunden worden, dessen Klinge sehr wahrscheinlich im Fränkischen Reich hergestellt wurde. Es könnte in späterer Zeit Iwan dem Schrecklichen gehört haben – ein äußerst gut erhaltener und spannender Fund!

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Das Nationalmuseum von Dänemark hat die Wikingersiedlung und den Königshof von Tissø digital wieder auferstehen lassen. Zwar habe ich im Detail so meine Schwierigkeiten mit der Rekonstruktion – z.B. wird wieder einmal das Klischee bedient, die Langhäuser der Wikinger hätten nur als Met-Halle und „Party Location“ gedient, statt als Wohnstätten –, doch die Umsetzung finde ich dennoch recht gelungen und anschaulich:

Richard III. und kein Ende: Der englische König erfreut sich seit der Entdeckung seiner Gebeine unter einem Parkplatz größerer Beliebtheit als zu Lebzeiten! Im aktuellen Bericht aus Spiegel Online geht es um die DNA-Analyse seiner Überreste und die Erkenntnis, dass wohl nicht alle seine Kinder seine Kinder waren

Die Zeit widmete in dieser Woche der neuen Sonderausstellung „Fleisch. Jäger, Fischer, Fallensteller in der Steinzeit“ im Neanderthal Museum in Mettmann einen Artikel: Heimwerker der Steinzeit von Sami Skalli.

 

Fundstücke KW 48

„Schrottmünzen“ beim Supermarkt: Die Discount-Kette NORMA warb diese Woche mit einem Super-Sonderangebot, einer „Sammler-Wunderkiste Münzen“. Darin enthalten u. a. „aus Schatzfund: 1 originale altrömische Münze!!!“ Die Aktion war zwar nicht illegal, wie manche Kommentatoren im Netz meinten, aber zumindest mal unsensibel, unseriös und unglaublich dämlich!
Einen profunden und etwas elaborierter formulierten Kommentar dazu liefert der Archäologe Rainer Schreg in seinem Blog archaeologik.blogspot.de.

Archäologie II: „Nordrhein-Westfalen spart an Archäologie und Baudenkmalpflege und vergeudet dennoch öffentliche Gelder“ – so äußerte sich diese Woche die DGUF, und weiter: „Nordrhein-Westfalen hat 2013 seinen langjährigen Sparkurs in der Archäologie und in der Baudenkmalpflege deutlich verschärft, trotz eines starken öffentlichen Bürgerprotests. Heute setzt das Land für den Erhalt seines kulturellen Erbes weniger Mittel ein als die meisten anderen Bundesländer und nur ein Drittel dessen, was in Europa üblich ist. Dennoch verzichtet das Land NRW infolge ungeschickter Gesetzesregelungen zu Gunsten von Investoren auf jährliche Einnahmen für die Archäologie in Millionenhöhe. Diese Kosten muss stattdessen die Allgemeinheit übernehmen. Das vergeudete Geld ist in Summe ein Mehrfaches dessen, was das Land selbst für die Archäologie einsetzt.“
Die vollständige, erschütternde Anaylse von Diane Scherzler und Frank Siegmund gibt es auf den Seiten der DGUF zum Download, Zusammenfassung und Kommentar der Autoren unter dem o.g.Titel auf archaeologie-online.de.

Im 3. Teil seiner Betrachtung des Utrechter Psalters geht Hiltibold auf die Darstellung von Schilden ein. Diese sind rund und überwiegend nicht flach wie etwa zeitgenössische Wikingerschilde, sondern konvex gebogen. Deren Existenz konnte zwar bislang archäologisch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, doch sie finden sich auch in anderen zeitgenössischen Darstellungen (z.B. dem Stuttgarter Psalter), sie machen sich gut als „missing link“ zwischen den flachen Rundschilden und den gebogenen „Drachenschilden“ des 11. Jahrhunderts, und schließlich bieten sie gegenüber diesen im Kampf einige Vorteile, insbesondere zu Pferd.

Gewölbte Rundschilde im Utrechter Psalter.

Gewölbte Rundschilde im Utrechter Psalter.

Am Dienstag ist die Finanzierungsphase des Crowdfunding-Projekts zur Veröffentlichung des Tagungsbandes „Das Schwert – Symbol ud Mythos“ zu Ende gegangen. Fehlten 24 h zuvor noch rund € 300,-, so sorgte ein wahrer Geldregen am letzten Tag dafür, dass das Finanzierungsziel von € 4.100,- um mehr als € 1.600,- übertroffen wurde. Wie ich finde, eine tolle Sache, ein Beleg für das große Interesse am Thema und ein schöner Erfolg nicht nur für die Macher, sondern für unabhängige, junge Geschichtsforschung in Deutschland allgemein!

 

Fundstücke KW 47

Die Max-Planck-Gesellschaft hat ein Institut für Geschichte und Naturwissenschaften gegründet. Dort soll die Anwendbarkeit biologischer Modelle auf geschichtswissenschaftliche Fragestellungen erforscht bzw. erprobt werden. Unter dem Titel „Die DNA der Geschichte“ hat der Heidelberger Mediävist Jörg Feuchter am 5. November in der F.A.Z. seine Gedanken zu diesem Ansatz und zur „genetischen Herausforderung“ der Geschichtswissenschaft veröffentlicht.
Darauf antwortet nun sein Kollege Prof. Jan Keupp aus Münster auf mittelalter.hypotheses.org: „Kein Wunder nirgendwo – die genetische Herausforderung der Geschichte„.

Wo würde man wohl eine Koranhandschrift aus der Frühzeit des Islam vermuten? Wahrscheinlich nicht unbedingt in der Universitätsbibliothek Tübingen – doch genau dort hat sich nun tatsächlich ein Exemplar als älter herausgestellt als bislang angenommen und wird nun auf das 7. Jahrhundert, etwa 20-40 Jahre nach dem Tod des Propheten datiert.

Noch eine Handschrift, diesmal aus dem 16. Jahrhundert, Brügge: Der sogenannte Cambrai Chansonnier, eine Notenhandschrift mit einmaligen, spannenden, rätselhaften und sehr unterhaltsamen Miniaturen, vorgestellt von classicfm.com.

Haben Archäologen in Wittenberg die Alchemistenküche des Doktor Faustus entdeckt? Bildergalerie und Video von National Geographic.

A propos Video: Der sogenannnte „History Channel“ ist schon seit langem eher für Autos, Ufos und Aliens bekannt als für Geschichtsdokumentationen. Nicht zuletzt die angeblich so aufwändig recherchierte und authentisch ausgestattete Serie „Vikings“ sorgt immer wieder für Spott und Empörung unter Historikern, living history-Darstellern, Wikinger-Fans und anderen Geschichtsinteressierten.
Nachdem sich Matt Easton von der britischen Fechtschule Schola Gladiatoria zuletzt über die in der Serie verwendeten Rüstungen ausgelassen hatte (Video 1, Video 2, Video 3), scheinen die Macher nun mit Ankündigung der 3. Staffel endgültig jeden Versuch aufgegeben zu haben, der Ausstattung auch nur den Schatten eines Hauchs des Anscheins von historischer Authentizität zu verleihen: Man beachte allein die Profilsohlen der Stiefel im Bildvordergrund …

Wikinger mit Gummisohlen: Werbeposter zur 3. Staffel der Fernsehserie "Vikings". (c) History Channel.

Wikinger mit Gummisohlen: Werbeposter zur 3. Staffel der Fernsehserie "Vikings". (c) History Channel.

Ist das nun Dreistigkeit („Das merkt eh keiner!“) oder Resignation („Die merken eh alles!“)?

 

Fundstücke KW 45

Das Blog von Hiltibold aus Graz ist immer wieder eine ergiebige Quelle interessanter und spannender Beiträge und Überlegungen. Vergangene Woche hat er sich einmal mit den Darstellungen von Bogenschützen im Utrecht-Psalter beschäftigt.

Bei Hiltibold habe ich außerdem den Link zu dem folgenden Video entdeckt: Matt Easton von der Schola Gladiatoria aus London veröffentlicht auf YouTube regelmäßig sehr sehenswerte und anregende Videos zu historischen europäischen Kampfkünsten (HEMA), historischen Waffen oder auch zu deren Repräsentation in Film und Fernsehen.
Nun hat er sich auf gewohnt unterhaltsame Art mit dem leidigen Thema „Rüstungen in (pseudo-)historischen Fernsehserien wie z.B. VIKINGS“ auseinandergesetzt: Knitted chainmail and weird plate armour in movies and TV (auf Englisch).

Und wenn wir schon beim Thema sind: Unter traditionellen Bogenschützen sorgen gerade Bilder zum kommenden Multi-Millionen-Dollar-Spektakel „Exodus: Gods and Kings“ wie dieses für – je nach Temperament – Belustigung oder Verärgerung:

Christian Bale als Moses in "Exodus – Gods and Kings". (c) 20th Century Fox

Christian Bale als Moses in "Exodus – Gods and Kings". (c) 20th Century Fox

Der Grund? Der Bogen ist falsch herum aufgespannt! Das ist umso peinlicher, als er in anderen Szenen offenbar korrekt aufgespannt zu sehen ist. Allerdings ist das bei Weitem nicht das einzige historische Detail, das sich an der Produktion kritisieren ließe. Die Form des Bogens ist für die fragliche Zeit und Weltregion ebenso wenig belegt wie die des Schwert, von den Rüstungen für Menschen und Pferde, Bekleidungsdetails etc. ganz zu schweigen.
Aber anstatt zu sagen, wir haben hier einen Actionfilm produziert, der sich lose an gewisse Ereignisse aus der Bibel anlehnt, musste es ja mal wieder die „historisch korrekte“ Darstellung der Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten sein … An seinen eigenen Ansprüchen muss man sich eben messen lassen!

Auf das Crowdfunding-Projekt zur Veröffentlichung des multidisziplinären wissenschaftlichen Tagungsbands „Das Schwert – Waffe und Mythos“ hatte ich schon einmal hingewiesen. Die Finanzierungsplhase läuft noch bis zum 25. November, und noch immer fehlen mehr als € 1.000,-, um das Werk drucken zu können. Wer also noch ein gutes Werk vollbringen, junge Forscher ermutigen und unabhängige Forschung jenseits des Mainstreams unterstützen möchte, hat hier beste Gelegenheit dazu!

 

Fundstücke KW 43

Der Fund einer „Ulfberht„-Klinge in der Weser bei Großenwieden rückte diese legendären Schwerter des Frühmittelalters Mitte des Jahres (mal wieder) ins Licht der Öffentlichkeit. Die Südeutsche Zeitung berichtete am 30. Juli über die „Wunderwaffen aus dem Kloster„.
Nun gibt es eine rege Diskussion über die Herkunft bzw. Herstellung des Stahls, worüber wiederum die SZ Online berichtet: „Ein Schwert für Europa„.

Spatha, sog. Ulfberht-Schwert, aus dem Rhein bei Mannheim, 1. Hälfte 9. Jh., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (FG 2187). Quelle: de.wikipedia.org, User: Martin Kraft.

Spatha, sog. Ulfberht-Schwert, aus dem Rhein bei Mannheim, 1. Hälfte 9. Jh., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (FG 2187). Quelle: de.wikipedia.org, User: Martin Kraft.

Die im Artikel aufgeworfene Frage „Schmiedeten Klöster die legendären Waffen?“ lässt sich allerdings ganz einfach beantworten: NEIN! Es waren mit großer Sicherheit Menschen, Schmiede wahrscheinlich, vielleicht Mönche oder Klosterhandwerker, aber ganz sicher keine Klöster!

(A propos Schwerter: Hier kann man noch bis zum 25. November spenden, um die Publikation des Tagungsbandes „Das Schwert – Mythos und Waffe“ zu unterstützen.)

Noch einmal die Süddeutsche Zeitung Online, noch ein Expertenstreit: „Zu sehr Gold, um wahr zu sein“ hieß es dort am 24. Oktober um 10:51 Uhr über den (angeblich) bronzezeitlichen Schatz von Bernstorf. Der soll nämlich eine moderne Fälschung sein, behauptet der Heidelberger Chemieprofessor Ernst Pernicka.
Um 18:49 Uhr dann die Position der Gegenseite und die Erkenntnis: „Am Gold scheiden sich die Geister„.

Überhaupt nicht begeistert war die Kino-Redaktion des Spiegel Online diese Woche von dem pseudo-historischen Action-Machwerk „Northmen – A Viking Saga“ und wünschte allen Beteiligten gleich mal ein Ticket nach Walhalla – ohne Rückfahrt.
Nun ja, zum Thema „Geschichte in Film und Fernsehen“ habe ich mich ja bereits gelegentlich geäußert und werde das auch sicherlich wieder tun (u.a. hatte ich ja schon meinen Unmut über das „Northmen“-Filmplakat kund getan), aber wenn schon Fantasy, dann doch bitte wenigstens spannend und unterhaltsam …

Vom Bayerischen Rundfunk stammt ein Podcast über Attila und die Hunnen (mp3-Download). Und einer über Theoderich den Großen und die Goten (mp3-Download).