Fundstücke KW 32

Neidisch habe ich – wie viele Andere – jahrelang nach Großbritannien geblickt, wo der Eintritt zu öffentlichen Museen kostenlos ist. British Museum, Museum of London, Royal Armouries, V&A, National Gallery, Pitt Rivers Museum, The Ashmolean und viele dutzende weitere der bedeutendsten Sammlungen der Welt waren für Jedermann jederzeit frei zugänglich.
Doch das könnte sich jetzt ändern, wenn die von der konservativen Regierung geplanten Budgetkürzungen Wirklichkeit werden. Zwar formiert sich dagegen Widerstand, doch ob und wie erfolgreich dieser sein kann, ist ungewiss. Informationen und ein Kommentar dazu auf den Seiten der Museums Association (auf Englisch).
In gleicher Richtung äußerte sich auch Tony Butler, Executive Director of Derby Museums Trust.

A propos englische Museen: Für die Royal Armouries in Leeds hat die Firma Perry Minitatures ein Diorama der Schlacht von Agincourt mit 4.500 Figuren und 3x4m Grundfläche erstellt.

Die Zeit stellt immer wieder alte Handwerksberufe vor, die zwar noch existent, aber vom Aussterben bedroht sind. Dieses Mal: Buchbinder.

Der Gastro-Podcast Gastropod widmete sich der Geschichte des Speiseeis‘ (auf Englisch). Die Zeit fasst die Erkenntnisse auf Deutsch zusammen.

Nach ihrem Themenwochenende „Kindheit im Mittelalter“ auf der Bachritterburg Kanzach haben die Wienischen Hantwercliute von 1305 nun eine Reihe passender Beiträge online gestellt: Von Schwangerschaft und Geburt über das Hebammenwesen oder die Säuglings- und Kleinkindpflege bis zur Frage nach dem Kinderspielzeug.

Die Soester Fehde – bzw. das historisierende Stadtfest gleichen Namens – ist Gegenstand zahlreicher multimedialer Beiträge im Soester Anzeiger.

Derzeit macht wieder einmal die tolle Verfilmung des Luttrell-Psalters im Netz die Runde, auf die ich vor einiger Zeit bereits aufmerksam gemacht hatte.

Das Bild der Woche stammt von der British Library: Es handelt sich um ein Schwert des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich in Deutschland hergestellt, dessen Inschrift die Forscher vor Rätsel stellt. Wer Vorschläge zur Entzifferung hat, kann sich an die BL in London wenden.

Einhandschwert mit rätselhafter Inschrift, 13. Jh. British Museum 1858,1116.5. Foto (c) British Museum.

Einhandschwert mit rätselhafter Inschrift, 13. Jh. British Museum 1858,1116.5. Foto (c) British Museum.

Fundstücke KW 31

Fundstücke unter der S21-Baustelle: In Stuttgart kamen steinzeitliche Gräberfelder zutage, wie die Stuttgarter Zeitung berichtet. Leider werden auch diese Funde das Irrsinnsprojekt nicht stoppen können … Hier noch ein Audio-Beitrag von Udo Zindel auf SWR 2.

In Birmingham ist ein Fragment einer Koran-Handschrift aufgetaucht, das noch zu Lebzeiten des Propheten entstanden sein könnte. derstandard.at weiß Näheres.

Polnische Angler wollte eigentlich nur nach Würmern als Köder graben und stießen stattdessen auf einen wikingerzeitlichen Münzschatz – Meldung wiederum auf derstandard.at.

Auf mittelalter.hypotheses.org finden sich nun Berichte zu zwei sehr unterschieldichen Tagungen: „Gebrauch und Symbolik des Wassers in der mittelalterlichen Kultur“ des Mediävistenverbandes in Bern vom 23.-25. März 2015 und „800 Jahre „Welscher Gast“. Neue Fragen zu einer alten Verhaltenslehre in Wort und Bild„, Interdisziplinäre Tagung des Sonderforschungsbereichs 933 „Materiale Textkulturen“, 7.–9. Mai 2015.
In der Reihe „1000 Worte Forschung“ stellt Florian Dirks seine 2013 abgeschlossene Dissertation vor: „Konfliktaustragung im norddeutschen Raum des 14. und 15. Jahrhunderts. Untersuchungen zu Fehdewesen und Tagfahrt“ (Universität Erfurt).
Und Christine Seidel setzte sich mit dem Grab Ludwig des Heiligen von Frankreich auseinander, bevor sich das Team bis zum 1. September in die Sommerferien verabschiedete.

Das große living history-Event des letzten Juliwochenendes war das Reenactment der Schlacht von Agincourt 1415. Die sozialen Netzwerke sind derzeit voll von großartigen Fotos und Videoaufnahmen, und eines der schönsten Alben hat Guillaume Lourdel erstellt: Azincourt 1415-2015.

Englische Bogenschützen auf dem Weg zum Schlachtfeld. (c) Guillaume Lourdel

Englische Bogenschützen auf dem Weg zum Schlachtfeld. (c) Guillaume Lourdel

Lebendige Mittelalter-Darstellungen: Ein Überblick

Living history, Re-Enactment oder lebendige Geschichtsdarstellung (zur Definition dieser und weiterer Begriffe siehe meinen Beitrag vom 25. Juli 2012) können als überaus nützliche Verfahren zur Vermittlung von Wissen über die Vergangenheit dienen. Trotz anfänglicher Widerstände und vielerorts noch immer anhaltender Skepsis bei Museen, Ausstellungsmachern, akademischen Historikern und anderen „Geschichts-Profis“ setzt sich diese Erkenntnis heute immer mehr durch, und entsprechende Angebote bereichern zunehmend Museums-, Stadt- oder Burgfeste, historische Themenausstellungen oder deren Begleitprogramme. Ein Beispiel der jüngsten Zeit, das auch in den Medien großen Widerhall fand, waren z.B. die Jubiläumsveranstaltungen zum Konzil von Konstanz mit Beteiligung der Company of St. George.

Im Idealfall tragen solche Kooperationen dazu bei, mögliche Berührungsängste des Publikums mit historischen Themen abzubauen, indem sie einen spontanen, lebensweltlichen, individuellen Zugang ermöglichen. Anders als bei Literatur, Film und Fernsehen oder auch im Internet haben interessierte Besucher die Möglichkeit, Fragen zu stellen und individuelle Antworten zu erhalten. Im Mittelpunkt steht die historische Lebenswirklichkeit, die zur eigenen in Bezug gesetzt werden kann. Die Wahrnehmung erfolgt mit allen Sinnen: Werkzeuge lassen sich ausprobieren, Kleider befühlen, Rauch und Essensdüfte stimulieren die Nase, auf offenem Feuer zubereitete Gerichte lassen sich probieren etc.

Speisetafel. (c) IG MiM

Speisetafel. (c) IG MiM

Auch Fernsehmacher haben die living history-Szene längst für sich entdeckt. Kaum eine historische TV-Dokumentation kommt heute noch ohne entsprechende Spielszenen aus. Doch leider mangelt es bei den zuständigen Redaktionen leider noch immer an Hintergrundwissen und Sensibilität für das Thema – Ritter in Plattenrüstungen haben eben in einem Beitrag über die Kreuzzüge nichts verloren.
Zu diesem Problem trägt auch die Tatsache bei, dass es „Laien“ ohne Vorkenntnisse oft schwerfällt, zwischen ernsthafter Geschichtsdarstellung und dem weit verbreiteten und beliebten „Markt-“ oder „Grobmittelalter“ zu unterscheiden. Gute Geschichtsdarstellung beruht stets auf jahrelanger intensiver Recherche, dem Studium der Quellen und der verfügbaren Forschungsliteratur sowie auf eigenen Experimenten und Erfahrungen, und sie beschränkt sich in der Regel auf einen sehr eng gesteckten zeitlichen und geographischen Rahmen.

Die folgende Liste stellt einige Gruppen vorwiegend des Hoch- und Spätmittelalters vor, die diese Kriterien seit vielen Jahren erfüllen und Maßstäbe für die Qualität der Mittelalterdarstellung im deutschsprachigen Raum setzen. Sie stellt eine persönliche Auswahl dar, bietet aber vielleicht Orientierung für Veranstalter, Fernsehmacher oder Aspiranten, die selbst in die Materie einsteigen möchten.
Die Reihenfolge stellt wohlgemerkt keine Rangfolge dar!

Interessengemeinschaft Mensch im Mittelalter (IG MiM)

Aus der Selbstbeschreibung:

„Die Darsteller von mim verkörpern einen Haushalt aus Mühlheim sowie Bürgertum und Einwohner der Orte und Städte in der Bieger Mark um das Jahr 1340. Wir stellen neben dem zivilen Leben, Handwerk und Kultur auch eine Reihe von alltäglichen Dingen dar. Das Vor- und Zubereiten von Speisen nach mittelalterlichen Überlieferungen und Rezepten, das Beisammensein an der Tafel und das Darstellen von handwerklichen Techniken gehört ebenso zu unserem „Programm“ wie die Erläuterungen zu unseren Darstellungen.“

Logo der IG MiM (c) IG MiM

Logo der IG MiM (c) IG MiM

Die Gruppe umfasst eine große Zahl von Mitgliedern, die Rollen unterschiedlicher sozialer Schichten verkörpern, so dass ein sehr vielfältiges Bild der Gesellschaft im 14. Jahrhundert entsteht. Die IG ist immer wieder auf ausgewählten, hochwertigen Veranstaltungen zu finden und beeindruckt mit ihrer umfangreichen, quellengetreuen Ausstattung.

http://www.ig-mim.de/

Die Reisecen e.V.

Eine Gruppe aus Schwaben, nach eigener Aussage mit dem Ziel,

„eine möglichst hochwertige Darstellung nach historischen Vorlagen zu zeigen. Die Gewänder werden von uns von Hand genäht, die Zuschnitte dafür aus Originalquellen recherchiert und farbige Stoffe durchweg pflanzengefärbt, um nur ein Beispiel zu nennen. Auch die hochmittelalterliche Gesellschaftsstruktur wird berücksichtigt. So besteht unsere Gruppe aus einem Herrn (ministerialer Dienstadel/niederer Adel), seiner Familie und einer inzwischen recht großen zugehörigen Hofgemeinschaft (familia) an Handwerkern, Knechten, Mägden und Kindern.“

Der dargestellte Zeitraum ist um 1220-1250 zu verorten. Von der Modenschau über kochen, nähen, waschen, Ackerbau, Holz- und anderes Handwerk bis zur Feldschlacht gibt es vermutlich nichts, das „Die Reisecen“ nicht originalgetreu darstellen können. Die Ausstattung reicht von der einfachen Nähnadel bis zum schweren Belagerungsgerät.

http://www.die-reisecen.de/

Interessengemeinschaft 14. Jahrhundert in Wien

(c) IG14

(c) IG14

„Die Interessengemeinschaft „14. Jahrhundert in Wien“ ist ein loser Verband von Living History Darstellern aus Wien und Umgebung, deren Darstellungsschwerpunkt auf dem Alltagsleben der einfachen Bürger und Handwerker Wiens in vorwiegend 1.Hälfte des 14. Jahrhundert liegt.“

Die vergleichsweise wenigen Mitglieder der „IG14“ sind in der Lage, eine beeindruckende Vielzahl mittelalterlicher Handwerkstechniken darzustellen und zu erläutern. Werkzeuge werden ebenso wie Kleidung und andere Alltagsgegenstände nach Quellen möglichste originalgetreu hergestellt.

http://ig14.at/

Wienische Hantwercliute 1350

„Der im Frühjahr 2011 gegründete Verein „Wienische Hantwërcliute 1350“ legt sein Hauptaugenmerk auf die Vermittlung und Repräsentation von mittelalterlicher Lebens- und Handwerkskultur. Unser Schwerpunkt liegt auf einer regionalen Darstellung Wiener Handwerker und Bürger um 1350, just nach dem Abklingen der ersten großen Pestwelle in Mitteleuropa, einer Zeit des gesellschaftlichen Wandels und aufstrebendem Bürgertum im Kampf um Einfluss in der mittelalterlichen Stadt.“

Der Verein besteht aus drei Personen, die auch in der „IG14“ aktiv sind. Wie der Name schon andeutet, steht die Darstellung mittelalterlichen Handwerks – Holz, Keramik, Secco-Malerei und mehr – im Mittelpunkt.

http://wh1350.at/

Neues aus der Gotik

Messer und Scheide von Niklas Hofbauer. (c) Niklas Hofbauer

Messer und Scheide von Niklas Hofbauer. (c) Niklas Hofbauer

„Neues aus der Gotik“ ist der Blog von Niklas Hofbauer und seiner Frau Sophia, die auch in der „IG14“ aktiv sind. Sie stellen österreichische Handwerksleute um 1340 dar. Niklas fertigt als Gürtler und Messerer beeindruckende Reproduktionen und berichtet darüber sehr humorvoll und informativ auf seinem Blog. Dort finden sich auch Quellen und Informationen über Zeitraum und Darstellung sowie ein empfehlenswerter Leitfaden für Einsteiger.

http://neuesausdergotik.blogspot.de

Comthurey Alpinum

Die Gruppe aus der Schweiz hat sich das originelle Ziel gesetzt,

„den Alltag einer Reisegruppe im Hochmittelalter so authentisch wie möglich nachzustellen.“

Den fiktiven Hintergrund bildet eine Alpenüberquerung um das Jahr 1180, geführt von einem Komtur des Hospitaliter-Ordens.

http://www.comthurey-alpinum.ch

The Medieval Hunt

Eine Gruppe aus Schweden, also dem nicht-deutschsprachigen Raum, die hier wegen ihres originellen Ansatzes aufgenommen wurde. Wie der Name andeutet, bildet die mittelalterlicher Jagd den Rahmen der Darstellung, die alles umfasst außer dem Erlegen von Tieren. Ziel der Mitglieder ist es jedoch weniger, auf Veranstaltungen mit umfangreicher Ausstattung präsent zu sein, sondern das persönliche Nacherleben mittelalterlichen Lebens zu allen Jahreszeiten, in allen Wetterbedingungen.
Darüber berichten sie in englischer Sprache in ihrem Blog, wo sie eindrucksvoll dafür werben, living history zu einem persönlichen Erlebnis zu machen und gewissermaßen als sportliche Herausforderung und Selbsterfahrung zu betrachten.

http://themedievalhunt.com/

Video von „The Medieval Hunt“

Fundstücke KW 28

Der in KW 27 erwähnte Urheberrechtsstreit, der von den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen vom Zaun gebrochen wurde, ging vergangene Woche in eine neue Runde: Die rem veröffentlichten eine Stellungnahme, in der sie ihre Position untermauern. Interessant ist dabei u.a., dass die rem eine Summe von € 250,- für die einmalige Veröffentlichung eines Fotos im Internet als „angemessen“ erachten …
Mit dem gleichen Thema setzt sich auch das Blog von arthistoricum auseinander: „What an ugly mess, to hell with it„!

In Israel haben Reenactors aus Israel und Russland die Schlacht von Hattin 1187 nachgespielt. Ein Bericht (auf Englisch) in der Tmes of Israel.

„Crowdfunding“ im Mittelalter: Die Wiener zahlten im 14.-15. Jahrhundert für den Bau des Stephansdoms, weiß derstandard.at.

Die „Interessengemeinschaft 14. Jahrhundert“ wird am kommenden Wochenende (18.-19. Juli 2015) die Bachritterburg Kanzach mit dem Thema „Kindheit im Mittelalter“ beleben.

Zum Bild der Woche zitiere ich die Beschreibung der AG Historisches Handwerk, die dieses großartige Objekt nach einem Fund angefertigt hat:

„Römisches Tintinnabulum in Form eines Phallus mit Bocksbeinen. Auf dem Phallus sitzt eine nackte Frau, die über dessen Eichel als Zeichen des Sieges der Männlichkeit (virtus) über das Böse einen Lorbeerkranz hält. Zwischen den Bocksbeinen ist ein weiterer Phallus, und der Schweif, der sich dem Hinterteil der nackten Frau annähert, ist ebenfalls als Phallus ausgeformt.“

"Römisches Tintinnabulum", angefertigt und (c) des Fotos AG Historisches Handwerk.

"Römisches Tintinnabulum", angefertigt und (c) des Fotos AG Historisches Handwerk.

Waren Ritter in Rüstung wirklich so unbeweglich?

Wenn ein Ritter in Rüstung vom Pferd fiel, war er nicht in der Lage, ohne Hilfe wieder aufzustehen. Bei Turnieren mussten die Teilnehmer mit einem Kran oder einer ähnlichen Einrichtung auf ihr Pferd gehoben werden, weil die Rüstungen so schwer waren. Laufen war in diesen Blechbüchsen fast unmöglich, denn sie waren ausschließlich für den Kampf zu Pferde gemacht.
Solcherart sind die Behauptungen über mittelalterliche Rüstungen, die man immer wieder hören und lesen kann. Sie wurden zwar von Forschern und Praktikern schon vielfach widerlegt und als Mythen entlarvt, doch scheinen sie in der Vorstellung vieler Menschen geradezu unerschütterlich verankert zu sein (und durch Filme und Fernsehbeiträge immer wieder bestätigt zu werden).
Hier also ein weiterer Versuch, solche irrigen Annahmen zu entkräften.

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Fundstücke KW 13

Das „mittelalterliche Großereignis“ der Woche war wohl ohne Frage die Wiederbestattung des englischen Königs Richard III. am Donnerstag in Leicester. Die Zeit Online hat den Überblick, außerdem gibt es hier eine Video-Zusammenfassung der Highlights:

Auf „Das Mittelalter – Der Blog“ widmete sich Daniel Ossenkop einer Belagerungsmaschine des Mittelalters, dem Tribok oder Trebuchet.

Und noch ein Video: Dieses handelt von der Männerkleidung zur Mitte des 14. Jahrhunderts und findet sich im hervorragenden Blog der „Wienischen Hantwercliute 1350“ (dort gibt es auch ein älteres zur Frauenkleidung).
(EDIT: Die „Wienischen“ sind ein Teil der „IG 14. Jahrhundert in Wien„, die großartige Arbeit in der Erforschung und Darstellung des gewählten Zeitraums leisten und viele tolle Seiten im Netz haben.)

 

Wiederentdeckung historischer Praktiken des (militärischen) Bogenschießens?

In den sozialen Netzwerken macht derzeit folgendes, mehr als 10 Millionen mal angesehenes (Stand: 25. Januar 2015) Video eines gewissen Lars Andersen die Runde, der sich nicht nur rühmt, mit gängigen Hollywood-Mythen und -Klischees über Pfeil und Bogen aufzuräumen, sondern auch die authentischen, historischen Praktiken des militärischen Bogenschießens wiederentdeckt, studiert und schließlich gemeistert, wenn nicht gar übertroffen zu haben:

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Fundstücke KW 32

Auf www.monumente-online.de hat Dr. Bettina Vaupel einen interessanten Artikel über die Herstellung von Farben und den Handel mit Pigmenten im Mittelalter veröffentlicht: Wie das Blau übers Meer kam. Vom Wert der Farbe

Dazu gibt es noch ein Interview mit Dr. Doris Oltrogge, Expertin für mittelalterliche Farben und Maltechniken: Das Geheimnis der Pigmente

Passend hierzu ein Beitrag aus dem Buch „Die Macht der Toga“ über die Gewinnung von Purpur in der antiken Welt des Mittelmeers (academia.edu via Hiltibold): Carmen Alfaro: Purpur und Macht an den Küsten des Mittelmeerraums

Gleich zwei Podcasts des Bayerischen Rundfunks zum Thema Mittelalter (Download als mp3):

Und eine schwedische Dokumentation (mit engl. Untertiteln) über living history, das Leben als Reenactor und die Darstellung der Schlacht von Visby (von flygfisk.de, via medievalists.net):

Fundstücke KW 30

Seit dem 11. Juli präsentiert das Museum Keltenwelt am Glauberg die Sonderausstellung „Von der Steinzeitjagd zum modernen Bogensport“. Die kleine, aber feine Schau, die von Archäologe und Bogenbauer Christian Schürmann ursprünglich für das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen konzipiert wurde, zeichnet anhand von zahlreichen rekonstruierten Bögen und Pfeilen sowie originalen Zielen, verschiedenem Zubehör, Bildern und Literatur die Entwicklung von Pfeil und Bogen in Europa nach.
Im Rahmen des Begleitprogramms werden im Herbst einzelne Aspekte dieser spannenden Geschichte in Form von Vorträgen vertieft. Meine Wenigkeit wurde eingeladen, am 13. November zum Thema „Pfeil und Bogen im antiken Griechenland“ zu referieren.
http://www.keltenwelt-glauberg.de/de/aktuelles/news/

Die Burgruine Eppenstein (12. Jh.) in der Steiermark wird seit fünf Jahren archäologisch untersucht, u.a. von Studierenden der Archäologie, die hier erste Praxiserfahrungen sammeln können. Nun ist dort das mit 1.650 Exemplare bislang größte Depot von Armbrustbolzen entdeckt worden, wie derstandard.at berichtet: http://derstandard.at/2000003391067/Groesstes-europaeischeArmbrustbolzen-Depot-inBurgruine-Eppenstein-entdeckt

Plakat Ritterturnier (c) Museum Allerheiligen/Schaffhausen (CH)

Plakat Ritterturnier (c) Museum Allerheiligen/Schaffhausen (CH)

In Schaffhausen (CH) fand vom 11. bis zum 20. Juli 2014 als Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung „Das Turnier: Geschichte einer Festkultur“ ein Ritterturnier statt, bei dem sich die internationalen Teilnehmer in minutiös rekonstruierten Rüstungen mit Lanzen mit Metalkronen im Tjost und verschiedenen anderen Dispziplinen maßen – nicht (nur) zur Show, sondern als ernstzunehmender sportlicher Wettkampf. Ich hätte gerne aus erster Hand berichtet, aber widrige Umstände verhinderten leider meine Anwesenheit. Daher hier nur einige Links zum Thema – für weitere Hinweise bin ich dankbar!

 

Und einige aus dem Publikum aufgenommene Videos:

Die offizielle Seite der Ritterspiele: http://www.allerheiligen.ch/component/content/article/43-uncategorised/387-ritterspiele-live

… und Informationen zur Ausstellung: http://allerheiligen.ch/de/wechsel-und-sonderausstellungen/375-ritterturnier-geschichte-einer-festkultur

 

Lebende Bilder aus dem Luttrell-Psalter

Als Psalter bezeichnet man ein liturgisches Werk, das die König David zugeschriebenen 150 Gebete und Gesänge der Psalmen umfasst. Er diente Geistlichen wie Laien gleichermaßen als Andachtsbuch und wurde im Laufe einer Woche in den Stundengebeten einmal komplett gelesen bzw. gesungen. Ergänzt wurden die Psalmentexte mitunter durch weitere Gebete wie das Vaterunser oder Mariengebete, das Glaubensbekenntnis, ein Antiphon, Kalendarium o.ä.

Psalter zählten in illuminierter Form oder als reine Textausgaben zu den am weitesten verbreiteten Buchformen des Mittelalters. Bei einigen der prachtvollsten erhaltenen Handschriften handelt es sich um Psalter, die mitunter zu Krönungen oder Eheschließungen von Herrschern angefertigt wurden.

Zu den bekanntesten und interessantesten zählt der sogenannte Luttrell-Psalter, der sich heute unter der Signatur Add. MS 42130 in der British Library in London befindet. Er wurde ungefähr zwischen 1325 und 1340 von unbekannten Schreibern und Illuminatoren angefertigt. Auftraggeber war Sir Geoffrey Luttrell (1276-1345), ein wohlhabender adeliger Landbesitzer aus Irnham in Lincolnshire.

Berühmte Darstellung mittelalterlicher Bogenschützen beim Training.

Berühmte Darstellung mittelalterlicher Bogenschützen beim Training.

Bemerkenswert ist der Luttrell-Psalter vor allen Dingen wegen seiner zahlreichen ausdrucksstarken Darstellungen von Alltagsszenen. Die Mediävistik und insbesondere die Kostümforschung hat das Werk schon seit geraumer Zeit als wertvolle Quelle zu Bekleidung, Ausstattung und Alltag sowie haus- und landwirtschaftlichem Gerät der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entdeckt.

Eine Gruppe namens WAG Screen, die sich der filmischen Dokumentation von Geschichte und Kultur in Lincolnshire verschrieben hat, machte sich im Jahr 2008 daran, Szenen aus dem Luttrell-Psalter originalgetreu in Szene zu setzen. Bekleidung, Gerätschaften und Szenerie wurden anhand der Miniaturen der Handschrift rekonstruiert, und im Verlauf eines Jahres wurden die einzelnen Szenen an verschiedenen historischen Schauplätzen in bewegte Bilder umgesetzt.

Zwei Männer pflügen mit einem Ochsengespann. Die Szene ist erstaunlich detailreich, insbesondere die Darstellung des Pflugs lässt deutlich einzelne Konstruktionsmerkmale erkennen.

Zwei Männer pflügen mit einem Ochsengespann. Die Szene ist erstaunlich detailreich, insbesondere die Darstellung des Pflugs lässt deutlich einzelne Konstruktionsmerkmale erkennen.

Der „Luttrell Psalter-Film“ kommt ohne Text aus und bietet dennoch einen wunderbaren Einblick in das ländliche Leben des 14. Jahrhunderts. Eine sehr gelungene Umsatzung einer originellen und absolut nachahmenswerten Idee – es gibt noch zahlreiche illuminierte Handschriften aus dem Mittelalter, die es verdienen, in bewegte und lebendige Bilder übertragen zu werden.

Weitere Informationen sowie Hinweise auf andere spannende Projekte gibt es auf der Seite der Macher: http://www.luttrellpsalter.org.uk. Auf dem YouTube-Kanal von WAG Screen finden sich außerdem weitere Filme und Szenen „hinter den Kulissen“.