Unter den Reformatoren des 16. Jahrhunderts zählt Thomas Müntzer (um 1489-1525) nicht unbedingt zu den bekanntesten – zumindest im Westen der wiedervereinigten Republik. In der ehemaligen DDR hingegen war der Prediger, Theologe und Revolutionär nahezu allgegenwärtig, war Namensgeber von Straßen und Plätzen, Bergwerksschächten und landwirtschaftlichen Kombinaten und etlichem mehr. Sein (fiktives) Konterfei prangte auf dem Fünf-Mark-Schein. Auch in Geschichtsschreibung und Schulbüchern wurde seine Rolle im „Deutschen Bauernkrieg“ deutlich stärker beleuchtet – und betont – als in der BRD.
Das lag nicht nur an seiner Herkunft aus Thüringen. Müntzers Kampf gegen die Obrigkeiten und für die Freiheit des „gemeinen Mannes“, vorgetragen in einer radikalen Rhetorik, prädestinierte ihn vermeintlich als Identifikationsfigur des selbsternannten Arbeiter- und Bauernstaates. Die zahlreichen Leerstellen in seinem Lebenslauf eröffneten zudem interpretatorische Spielräume und Projektionsflächen, sein gewaltsamer Tod verlieh ihm den Status eines Märtyrers.
Dass es sich bei Müntzers Utopie jedoch weniger um ein kommunistisches Paradies als um einen christlichen Gottesstaat handelte, wurde dabei geflissentlich ausgeblendet. Viele seiner Ansichten waren dabei nicht nur radikal, sondern erstaunlich modern. Ist der weitgehend in Vergessenheit geratene Reformator daher vielleicht doch auch heute noch relevant?
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Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2024
Neues Jahr – neues Glück? Auf jeden Fall wieder einmal 365 Gelegenheiten für neue Erlebnisse, Erfahrungen, Bekanntschaften, Erkenntnisse, …
Doch was ereignete sich vor 500 oder vor 1.000 Jahren? Welche Ereignisse, Erfindungen, Entwicklungen des Mittelalters können 2024 ein Jubiläum begehen?
Hier der traditionelle, subjektive, unvollständige und gnadenlos eurozentrische Überblick. Weiterlesen
Hagedorn: „Albrecht Dürer – Das Fechtbuch“
Was habt Ihr während der Pandemie gemacht?
Dierk Hagedorn jedenfalls war fleißig, und so erscheint nur wenige Monate nach dem „Codex Amberger“ bereits der nächste von ihm bearbeitete Band der „Bibliothek der historischen Kampfkünste“.
Albrecht Dürer (der vor 550 Jahren geboren wurde) dürfte als Künstler weltweit bekannt sein. Der gelernte Goldschmied brillierte in verschiedenen Techniken wie Malerei, Zeichnung, Graphik, Kupferstich und Holzschnitt. Zu seinen berühmtesten Werken zählen neben seinen Selbstporträts die betenden Hände, der Feldhase oder seine Landsknecht-Darstellungen.
Doch Dürer beschäftigte sich auch Zeit seines Lebens mit verschiedenen Kampfkünsten und war maßgeblich an der Entstehung eines Fechtbuchs beteiligt, das heute in der Albertina in Wien aufbewahrt wird. Mit der vorliegenden Edition wird dieses streng gehütete Werk nun zum ersten Mal vollständig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
U. Lehnart: Kleidung & Waffen der Dürerzeit (1480-1530) I
Die Reihe „Kleidung & Waffen“ von Ulrich Lehnart genießt seit Erscheinen des ersten Bands zur Früh- und Hochgotik 1998 unter rüstungs- und kostümhistorisch interessierten Leser*innen, Geschichtsdarsteller*innen und Schneider*innen mittelalterlicher Kleidung einen guten Ruf. Von den ehemals drei Bänden zur Spätgotik ist leider nur noch der letzte lieferbar, die vergriffenen Exemplare werden gebraucht z.T. zu fantastischen Preisen gehandelt. Die „Früh- und Hochgotik 1150-1320“ ist seit einigen Jahren als überarbeitete Neuauflage erhältlich.
Nun ist nach 15 Jahren Wartezeit endlich der erste Teil des abschließenden Bandes zur Dürerzeit oder beginennden Renaissance erschienen – erstmals nicht bei Karfunkel, sondern im Zeughaus-Verlag. An der bewährten Aufmachung hat sich nichts geändert, inhaltlich werden Kleidung, Rüstung und Waffen der Landsknechte, Reisläufer, Ritter und Reisigen behandelt.
Dierk Hagedorn & J. Christoph Amberger: Codex Amberger
„Codex Amberger“ – selbst erfahrene, langjährige Fechtbuchforscher werden mit dieser Bezeichnung zunächst wenig anfangen können. Das Werk trägt nicht den Namen eines obskuren, vergessenen Fechtmeisters, Autors, Sammlers, Künstlers oder auch nur eines berühmten Vorbesitzers, sondern des Mannes, der es 2005 in einem New Yorker Antiquariat erwarb und nun gemeinsam mit dem ausgewiesenen Experten Dierk Hagedorn herausgegeben hat.
Bei seinem Fund handelt es sich um ein gebundenes Album von 15 handgemalten Blättern, die einzelne Szenen des Zweikampfs mit verschiedenen Wehren enthalten. Keine dieser Techniken kann allerdings besondere Originalität für sich beanspruchen, und lediglich auf einer Seite findet sich ein beschreibender Text. Verfasser und Künstler sind unbekannt, zu Entstehungszeit und -ort lassen sich nur Vermutungen anstellen. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um ein Fragment eines ursprünglich umfangreicheren, möglicherweise auch unvollendeten Werks, dessen Reste jedoch weiterhin als verschollen gelten müssen.
Was also macht dieses kleine „Sammelalbum“ so bedeutsam, dass es nun in einer wohlfeilen Ausgabe von 144 Seiten Aufnahme in die renommierte „Bibliothek der historischen Kampfkünste“ fand?
The Sword. Form and Thought
„The Sword – Form and Thought“ was the name of an exhibition held at the Deutsches Klingenmuseum (German Blade Museum) in Solingen from 26th September 2015 until 28th February 2016, and is also the title of the accompanying catalogue.
An international interdisciplinary conference of the same name was organised by the museum on 19th and 20th November 2015, and to make confusion perfect another book of the same title has now been published: „The Sword. Form and Thought“ is a collection of articles based on papers presented at said conference, edited by the organisers Lisa Deutscher, Mirjam Kaiser, and Sixt Wetzler.
The contributions cover a wide range of topics, from production, symbolical meaning, and practical use, to modern day classification of „the most iconic of weapons“, written by international experts from very diverse professional backgrounds: Archaeologist, historian, linguist, swordsmith, restorator, and others.
„Das große Buch vom Schwert“
Mit „Das Schwert – Mythos und Wirklichkeit“ veröffentliche Thomas Laible 2006 ein Werk, das für viele seiner zahlreichen Leserinnen und Leser den ersten Kontakt mit der Welt historischer Blankwaffen dargestellt haben dürfte. Auf fundierte, aber verständliche Weise erläuterte der Autor darin die historische Entwicklung, Herstellung, Rekonstruktion und Verwendung mittelalterlicher Schwerttypen, die Unterschiede zwischen Deko-, Schaukampf-, Fecht- und Filmschwertern und vieles mehr.
Das Buch ist seit einiger Zeit vergriffen, und mit Spannung wurde der bereits seit Längerem angekündigte Nachfolger erwartet. Nun ist „Das große Buch vom Schwert“ erschienen und richtet sich vornehmlich an die gleiche Zielgruppe: Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ein Interesse an historischen Schwertern haben und auf der Suche nach fundierten Informationen ohne zu viel wissenschaftlichen „Ballast“ sind. Nach Angaben des Autors beruht sein neues Werk zu einem großen Teil auf Fragen, Kommentaren und Wünschen, die von Leserinnen und Lesern von „Mythos und Wirklichkeit“ an ihn herangetragen wurden. Im Gegensatz zu diesem ist es stärker praxisorientiert, auch wenn viele Teile des Vorgängers in überarbeiteter (und gekürzter) Form übernommen wurden.
Seminar „Hieb – Stich – Schnitt“
Der Verein Burglandschaft e.V. veranstaltet, in Kooperation mit Historisches Fechten Würzburg e. V., ein Seminar zum Thema Historische Europäische Kampfkünste am Wochenende von Freitag, 22.11.2019, bis Sonntag, 24.11.2019.
In verschiedenen Workshops beschäftigen sich die Teilnehmer im Umgang mit dem Langen und dem einhändigen Schwert, Stangenwaffen, Dolchkampf und Ringen. Das Seminar findet auf Burg Rothenfels in Rothenfels statt, sowohl das gesamte Seminarwochenende als auch einzelne Workshops können auch unabhängig voneinander besucht werden.
„Die Armbrust. Schrecken und Schönheit“
Bis zum 8. März 2020 zeigt das Deutsche Historische Museum in Berlin die Ausstellung „Die Armbrust – Schrecken und Schönheit“. Bei dem nun erschienenen gleichnamigen Katalog handelt es sich jedoch nicht (nur) um einen Begleitband, sondern um eine Bestandsaufnahme aller im Besitz des Museums befindlichen Armbruste, Spannhilfen, Bolzen, Köcher und sonstigen verwandten Objekte.
Von den 330 Seiten entfallen rund die Hälfte auf den Katalogteil, die andere Hälfte umfasst thematisch sehr unterschiedliche Aufsätze namhafter Autoren. Dabei geht es zunächst einmal gar nicht unmittelbar um die Armbrust, sondern um die spannende Frage: Wie geht man als Museum mit Waffen und anderen Zeugnissen von Krieg und Gewalt um? Ist es z.B. überhaupt legitim, einem zum Töten geschaffenen Gegenstand einen ästhetischen Wert zuzuschreiben, wie es der Titel von Ausstellung und Katalog ja andeutet?
Konzert und kostenloses Seminar mit „Triskilian“
Am 4. Oktober 2019 um 19:30 Uhr veranstaltet der gemeinnützige Verein „Burglandschaft e.V.“ ein Konzert „Do durch der werlde“ mit der Band „Triskilian“ zur Musik des Mittelalters und der Renaissance in der Zehntscheune Kleinwallstadt.
Die Karten kosten € 13,- im Vorverkauf, € 15.- an der Abendkasse. Der Vorverkauf erfolgt im BIB Eschau, beim Main-Echo in Obernburg, im Rathaus Kleinwallstadt, bei Schreibwaren Mücke Kleinwallstadt und bei Getränkemarkt Ostheimer Kleinwallstadt.
Am darauffolgenden Wochenende 5.-6. Oktober findet darüber hinaus ein Seminar zu mittelalterlichen Musik mit den Mitgliedern des Ensembles statt.
Es stehen drei verschiedene Schwerpunkte zur Auswahl:
- „Gesang“ mit Jule Bauer
- „Instrumentenensemble“ mit Dirk Kilian
- „Percussion (Rahmentrommel)“ mit Christine Hübner
Das Seminar ist KOSTENLOS! Eine vorherige Anmeldung ist allerdings erforderlich, das Formular dazu kann hier heruntergeladen werden.