Fundstücke KW 47

Die Max-Planck-Gesellschaft hat ein Institut für Geschichte und Naturwissenschaften gegründet. Dort soll die Anwendbarkeit biologischer Modelle auf geschichtswissenschaftliche Fragestellungen erforscht bzw. erprobt werden. Unter dem Titel „Die DNA der Geschichte“ hat der Heidelberger Mediävist Jörg Feuchter am 5. November in der F.A.Z. seine Gedanken zu diesem Ansatz und zur „genetischen Herausforderung“ der Geschichtswissenschaft veröffentlicht.
Darauf antwortet nun sein Kollege Prof. Jan Keupp aus Münster auf mittelalter.hypotheses.org: „Kein Wunder nirgendwo – die genetische Herausforderung der Geschichte„.

Wo würde man wohl eine Koranhandschrift aus der Frühzeit des Islam vermuten? Wahrscheinlich nicht unbedingt in der Universitätsbibliothek Tübingen – doch genau dort hat sich nun tatsächlich ein Exemplar als älter herausgestellt als bislang angenommen und wird nun auf das 7. Jahrhundert, etwa 20-40 Jahre nach dem Tod des Propheten datiert.

Noch eine Handschrift, diesmal aus dem 16. Jahrhundert, Brügge: Der sogenannte Cambrai Chansonnier, eine Notenhandschrift mit einmaligen, spannenden, rätselhaften und sehr unterhaltsamen Miniaturen, vorgestellt von classicfm.com.

Haben Archäologen in Wittenberg die Alchemistenküche des Doktor Faustus entdeckt? Bildergalerie und Video von National Geographic.

A propos Video: Der sogenannnte „History Channel“ ist schon seit langem eher für Autos, Ufos und Aliens bekannt als für Geschichtsdokumentationen. Nicht zuletzt die angeblich so aufwändig recherchierte und authentisch ausgestattete Serie „Vikings“ sorgt immer wieder für Spott und Empörung unter Historikern, living history-Darstellern, Wikinger-Fans und anderen Geschichtsinteressierten.
Nachdem sich Matt Easton von der britischen Fechtschule Schola Gladiatoria zuletzt über die in der Serie verwendeten Rüstungen ausgelassen hatte (Video 1, Video 2, Video 3), scheinen die Macher nun mit Ankündigung der 3. Staffel endgültig jeden Versuch aufgegeben zu haben, der Ausstattung auch nur den Schatten eines Hauchs des Anscheins von historischer Authentizität zu verleihen: Man beachte allein die Profilsohlen der Stiefel im Bildvordergrund …

Wikinger mit Gummisohlen: Werbeposter zur 3. Staffel der Fernsehserie "Vikings". (c) History Channel.

Wikinger mit Gummisohlen: Werbeposter zur 3. Staffel der Fernsehserie "Vikings". (c) History Channel.

Ist das nun Dreistigkeit („Das merkt eh keiner!“) oder Resignation („Die merken eh alles!“)?

 

Fundstücke KW 46

Na, das ist doch mal Geschichtsforschung und (experimentelle) Archäologie, von der Wissenschaft und Öffentlichkeit gleichermaßen profitieren: In Finnland wurde anhand von in einem Schiffswrack gefundener Flaschen ein 170 Jahre altes Bierrezept rekonstruiert und nachgebraut, wie derstandard.at meldet:

„Ein Teil des Erlöses durch den Verkauf soll für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, ein anderer zur weiteren Erforschung des nach wie vor unter Wasser liegenden Schiffswracks […]“

Die Erzeugung, Nutzung und vor allem Einsparung von Energie ist nicht erst seit gestern ein wichtiges Thema. Schon unsere eiszeitlichen Vorfahren sahen sich mit einem Mangel an entspechenden Rohstoffen konfrontiert: Holz war knapp und musste optimal genutzt werden, Lagerfeuer kamen daher nicht in Frage. Stattdessen wurden Steinöfen genutzt, und die Jäger zogen gar nicht dem Wild hinterher, sondern den Bäumen. (Das taten die Tiere allerdings wohl auch, so dass es am Ende doch auf dasselbe hinausläuft …)
Auf Spiegel Online stellt Angelika Franz die Ergebnisse der Dissertation des Mainzer Archäologen Frank Moseler vor.

Das Alamannen-Museum in Ellwangen lädt „engagierte Geschichtsdarsteller“ im Februar 2015 zu einer „Fortbildungsveranstaltung“ ein. Das Ganze nennt sich „Ellwanger Tage lebendige Geschichte„. Zitat:

„Das Alamannenmuseum möchte nun engagierten Geschichtsdarstellern die Möglichkeit bieten, ihre Darstellung gezielt auszubauen und ihr Vermittlungskonzept professioneller zu gestalten. Darum ist bei entsprechendem Interesse eine spezielle Fortbildung für Darsteller lebendiger Geschichte am Wochenende 21./22. Februar 2015 geplant. Die bisher einzigartige Idee sieht vor, Fachvorträge und Workshops zu einem Themenschwerpunkt anzubieten. Das Tagungswochenende bietet nicht nur die Möglichkeit, neue Ideen und Informationen zu sammeln, sondern auch dem Gedankenaustausch wird Raum gegeben.“

Im zweiten Teil seiner Betrachtung des Utrechter Psalters widmet sich Hiltibold verschiedenen Elementen, die antiken Traditionen entstammen oder zumindest auf diese verweisen sollen: Der Utrechter Psalter als Bildquelle frühmittelalterlicher Alltagskultur – Teil 2: Antike Versatzstücke

 

Fundstücke KW 45

Das Blog von Hiltibold aus Graz ist immer wieder eine ergiebige Quelle interessanter und spannender Beiträge und Überlegungen. Vergangene Woche hat er sich einmal mit den Darstellungen von Bogenschützen im Utrecht-Psalter beschäftigt.

Bei Hiltibold habe ich außerdem den Link zu dem folgenden Video entdeckt: Matt Easton von der Schola Gladiatoria aus London veröffentlicht auf YouTube regelmäßig sehr sehenswerte und anregende Videos zu historischen europäischen Kampfkünsten (HEMA), historischen Waffen oder auch zu deren Repräsentation in Film und Fernsehen.
Nun hat er sich auf gewohnt unterhaltsame Art mit dem leidigen Thema „Rüstungen in (pseudo-)historischen Fernsehserien wie z.B. VIKINGS“ auseinandergesetzt: Knitted chainmail and weird plate armour in movies and TV (auf Englisch).

Und wenn wir schon beim Thema sind: Unter traditionellen Bogenschützen sorgen gerade Bilder zum kommenden Multi-Millionen-Dollar-Spektakel „Exodus: Gods and Kings“ wie dieses für – je nach Temperament – Belustigung oder Verärgerung:

Christian Bale als Moses in "Exodus – Gods and Kings". (c) 20th Century Fox

Christian Bale als Moses in "Exodus – Gods and Kings". (c) 20th Century Fox

Der Grund? Der Bogen ist falsch herum aufgespannt! Das ist umso peinlicher, als er in anderen Szenen offenbar korrekt aufgespannt zu sehen ist. Allerdings ist das bei Weitem nicht das einzige historische Detail, das sich an der Produktion kritisieren ließe. Die Form des Bogens ist für die fragliche Zeit und Weltregion ebenso wenig belegt wie die des Schwert, von den Rüstungen für Menschen und Pferde, Bekleidungsdetails etc. ganz zu schweigen.
Aber anstatt zu sagen, wir haben hier einen Actionfilm produziert, der sich lose an gewisse Ereignisse aus der Bibel anlehnt, musste es ja mal wieder die „historisch korrekte“ Darstellung der Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten sein … An seinen eigenen Ansprüchen muss man sich eben messen lassen!

Auf das Crowdfunding-Projekt zur Veröffentlichung des multidisziplinären wissenschaftlichen Tagungsbands „Das Schwert – Waffe und Mythos“ hatte ich schon einmal hingewiesen. Die Finanzierungsplhase läuft noch bis zum 25. November, und noch immer fehlen mehr als € 1.000,-, um das Werk drucken zu können. Wer also noch ein gutes Werk vollbringen, junge Forscher ermutigen und unabhängige Forschung jenseits des Mainstreams unterstützen möchte, hat hier beste Gelegenheit dazu!

 

Fundstücke KW 44

Im Mai 2006 habe ich mich als Historiker selbständig gemacht – zugegebenermaßen nicht ganz freiwillig. Schon damals waren die Berufs- und Karriereaussichten an deutschen Universitäten nicht sehr verlockend, und die Situation hat sich seither nicht gebessert. Eher im Gegenteil: War damals die Aussicht auf eine unüberschaubare und potentiell unendliche Abfolge befristeter Verträge die Regel, so sorgt deren zeitliche Befristung nun dafür, dass junge Forscher nach sechs Jahren praktisch vor dem Nichts stehen können, denn Professorenstellen sind rar und im Mittelbau wird fleißig gekürzt, anstatt neue Stellen zu schaffen.
Was die Biologin Antje Fischer in der Zeit erzählt, gilt daher leider so ähnlich auch in den Geschichts- und anderen Wissenschaften: Wo sind die festen Stellen?

In Hamburg wurde diese Woche die große Ausstellung „Mythos Hammaborg“ über die karolingischen Anfänge der späteren Hansestadt eröffnet. Darüber berichtet u.a. T-Online. Die offizielle Seite des Archäologischen Museums Hamburg (AMH): http://mythos-hammaburg.de/

Der Streit um den Goldschatz von Bernstorf geht weiter, wie die SZ berichtet: Ärger unter Archäologen.

A propos Ärger: Bei Erwähnung des „Campus Galli“ erleiden zahlreiche Historiker, living history-Darsteller, Blogger und Steuerzahler inzwischen gefährlichen akuten Bluthochdruck. Nachdem die erwarteten Besucherzahlen von Jahr zu Jahr nach unten korrigiert wurden, gibt man sich nach der zweiten Saison nun mit 30.000 (statt erhofften 300.000 …) zufrieden und auch damit, dass das Projekt wohl nicht wie ursprünglich behauptet nach spätestens vier Jahren finanziell autark sein wird, sondern noch auf Jahre hinaus öffentliche Gelder in MIllionenhöhe verschlingen wird.
Warum das alles völlig OK ist, man das im Vorfeld alles gar nicht wissen konnte und die anfangs angegebenen Zahlen ohnehin frei erfunden waren, das erklärt auf SWR4 ein gewisser Roland Heck, der offenkundig so berühmt und sachkundig zu sein scheint, dass man ihn wohl nicht weiter vorstellen muss …: „Arbeiten bei Campus Galli„.

Fundstücke KW 43

Der Fund einer „Ulfberht„-Klinge in der Weser bei Großenwieden rückte diese legendären Schwerter des Frühmittelalters Mitte des Jahres (mal wieder) ins Licht der Öffentlichkeit. Die Südeutsche Zeitung berichtete am 30. Juli über die „Wunderwaffen aus dem Kloster„.
Nun gibt es eine rege Diskussion über die Herkunft bzw. Herstellung des Stahls, worüber wiederum die SZ Online berichtet: „Ein Schwert für Europa„.

Spatha, sog. Ulfberht-Schwert, aus dem Rhein bei Mannheim, 1. Hälfte 9. Jh., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (FG 2187). Quelle: de.wikipedia.org, User: Martin Kraft.

Spatha, sog. Ulfberht-Schwert, aus dem Rhein bei Mannheim, 1. Hälfte 9. Jh., Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (FG 2187). Quelle: de.wikipedia.org, User: Martin Kraft.

Die im Artikel aufgeworfene Frage „Schmiedeten Klöster die legendären Waffen?“ lässt sich allerdings ganz einfach beantworten: NEIN! Es waren mit großer Sicherheit Menschen, Schmiede wahrscheinlich, vielleicht Mönche oder Klosterhandwerker, aber ganz sicher keine Klöster!

(A propos Schwerter: Hier kann man noch bis zum 25. November spenden, um die Publikation des Tagungsbandes „Das Schwert – Mythos und Waffe“ zu unterstützen.)

Noch einmal die Süddeutsche Zeitung Online, noch ein Expertenstreit: „Zu sehr Gold, um wahr zu sein“ hieß es dort am 24. Oktober um 10:51 Uhr über den (angeblich) bronzezeitlichen Schatz von Bernstorf. Der soll nämlich eine moderne Fälschung sein, behauptet der Heidelberger Chemieprofessor Ernst Pernicka.
Um 18:49 Uhr dann die Position der Gegenseite und die Erkenntnis: „Am Gold scheiden sich die Geister„.

Überhaupt nicht begeistert war die Kino-Redaktion des Spiegel Online diese Woche von dem pseudo-historischen Action-Machwerk „Northmen – A Viking Saga“ und wünschte allen Beteiligten gleich mal ein Ticket nach Walhalla – ohne Rückfahrt.
Nun ja, zum Thema „Geschichte in Film und Fernsehen“ habe ich mich ja bereits gelegentlich geäußert und werde das auch sicherlich wieder tun (u.a. hatte ich ja schon meinen Unmut über das „Northmen“-Filmplakat kund getan), aber wenn schon Fantasy, dann doch bitte wenigstens spannend und unterhaltsam …

Vom Bayerischen Rundfunk stammt ein Podcast über Attila und die Hunnen (mp3-Download). Und einer über Theoderich den Großen und die Goten (mp3-Download).

 

Fundstücke KW 37-42

Der Sommer ist zu Ende, es gibt endlich wieder spannende Nachrichten aus Geschichtsforschung und Archäologie zu vermelden!

Netzwerkanalyse als Mittel geschichtswissenschaftlicher Erkenntnis: Das ist das Konzept des Projekts „Mapping Medieval Conflicts“ (MEDCON), das von der Österreichen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) geördert wird. Aber, lieber derstandard.at: Netzwerkanalyse hat nichts, aber auch gar nix mit Facebook zu tun! „Facebook des Mittelalters“ – oh Mann …

Im Oktober 2012 veranstalteten drei NachwuchswissenschaftlerInnen an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die interdisziplinäre Nachwuchstagung „Das Schwert – Symbol und Waffe“. Die Ergebnisse der Tagung sollen jetzt der Öffentlichkeit in einem Sammelband zugänglich machen. Zur Finanzierung der Druckkosten haben die drei Initiatoren eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen: https://www.sciencestarter.de/das-schwert

Das Schwert - Symbol und Waffe

Das Schwert - Symbol und Waffe

Bei dem Anfang des Jahres vor Haiti entdeckten Schiffswrack handelt es sich doch nicht um die Santa Maria, das Flaggschiff Christopher Kolumbus‘, wie derstandard.at berichtet: http://derstandard.at/2000006474738/Unesco-Experten-Schiffswrack-vor-Haiti-ist-nicht-die-Santa-Maria

In Schottland ist ein Wikingerschatz gefunden worden, der offenbar in halb Europa zusammen geraubt wurde. Es handelt sich um den größten Hortfund seit 150 Jahren, wie Spiegel Online berichtet: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wikinger-in-schottland-wertvoller-schatz-entdeckt-a-997023.html

Cod.Guelf. 78.2 Aug.2° ist eine wohl zwischen 1465 und 1480 entstandene Sammelhandschrift, die u.a. Abschriften der „ZedelMeister Lichtenauers, des Gladiatoria-Fechtbuchs, des „Bellifortis“ Konrad Kyesers sowie weiterer Handschriften zum mittelalterlichen Kriegswesen enthält. Die stark beschädigte und vom Zerfall bedrohte Handschrift wurde nun digitalisiert und ist online frei zugänglich: http://diglib.hab.de/mss/78-2-aug-2f/start.htm

Die Zeit widmet sich in einem Artikel den Beginen und der Haltung der Kirche gegenüber diesen Frauen, die ein Ordensleben außerhalb der Orden zu verwirklichen suchten: http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2014/03/beginen-kirche-christliches-leben

 

Alte Berufe und Familiennamen II

Das Mittelalter kannte eine Vielzahl von Gewerben, die heute weitgehend oder ganz verschwunden sind. Mitunter leben solche Berufsbezeichnungen in Familiennahmen weiter, die aber nicht immer ohne weiteres zu entschlüsseln sind.
Einige Beispiele wurden an dieser Stelle bereits vorgestellt, hier nun eine weitere Auswahl.

Meier (Meyer, Maier, Mayer, Mayr – von lat. maior) war die Bezeichnung für einen Verwalter von Gütern einer Grundherrschaft. Insbesondere in Westfalen und Teilen Niedersachsens sind heute noch Namen verbreitet, die auf die Hofstelle verweisen, die ein Vorfahr einst innegehabt hatte, wie z.B. Meyer zu Heepen, Meyer zum Gottesberge etc.

Pfister (auch Pfisterer) hießen im süddeutschen Raum die Bäcker (von lat. pistor), insbesondere jene, die vornehmlich das feine, weiße Brot und die Semmeln für die Oberschicht buken – anderswo als Schön(e)beck bekannt, im Gegensatz zum Schwarzbeck, der das dunkle, grobe Roggenmehl verarbeitete. Weiterlesen

Die Gabel – ein Werkzeug des Teufels?

Im Mittelalter, so heißt es, hätten die Menschen  – selbst die reichen und vornehmen – mit der Hand gegessen, weil die Kirche den Gebrauch der Gabel verboten habe. Als Werkzeug des Teufels sei sie angesehen worden und habe sich daher erst später, in einem aufgeklärteren, rationaleren, kultivierteren Zeitalter, als Teil des Essbestecks durchsetzen können.
Nahezu immer, wenn in populären Medien die Essgewohnheiten des Mittelalters thematisiert werden, dient dieses Beispiel dazu, gleichermaßen die vermeintlich rohen Tischsitten wie die naive Frömmigkeit und Kirchenhörigkeit zu illustrieren. Doch die These findet sich auch in zahlreichen Fachpublikationen zum Thema und hat es sogar ins renommierte Lexikon des Mittelalters geschafft. Die Geschichte vom Teufel, seiner Gabel und der Kirche ist zum Selbstläufer geworden, zum geschichtswissenschaftlichen Topos, der nicht länger hinterfragt, sondern nur mehr kolportiert wird.
Eines nämlich haben all diese Reiterationen, vom LexMA über bekannte Online-Lexika bis zur Kochsendung im Fernsehen, gemeinsam: Es fehlt ihnen an zeitgenössischen Quellen, um die so beliebte These zu belegen.

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Fundstücke KW 36

Wikinger sind, wie es scheint, mal wieder in Mode und in aller Munde. SPIEGEL Online etwa veröffentlicht den Beitrag „Wie König Harald Blauzahn die Wikinger zähmte“ über die Christianisierung der heidnischen Skandinavier. Das Original stammt aus dem aktuellen Heft von „National Geographic“, das ganz dem Thema gewidmet ist.

In Norwegen haben es die (modernen Darsteller der alten) Wikinger sogar schon auf Briefmarken geschafft:

Norwegische Briefmarke

Norwegische Briefmarke

Am Samstag schipperte das nachgebaute Drachenboot „Havhingsten fra Glendalough“ (Seehengst von Glendalough) über die Spree, um in Berlin die Ausstellung „Die Wikinger“ im Martin Gropius-Bau zu eröffnen.
Zu der Ausstellung wird es ein Online-Lernspiel und eine App geben, Teil des Multimediaprojekts „Die Frauen der Wikinger“. Dazu wiederum gibt es ein zweiteiliges „Doku-Drama“ mit Esther Schweins u.a., das am Samstag, den 13. September auf ARTE erstausgestrahlt wird. Details dazu auf Facebook (auch für Nichtkontobesitzer).

A propos Frauen der Wikinger: Die waren möglicherweise aktiver an kriegerischen Aktivitäten beteiligt, als man meinen sollte. Zumindest wurden (in England) etliche von ihnen mit Rüstungen und Waffen begraben – bei nahezu 50% aller Bestattungen mit Waffenbeigaben dort soll es sich um Beisetzungen von Frauen handeln. Diese Erkenntnis veröffentlichte die australische Archäologin Shane McLeod 2011 in einer Studie (SPEKTRUM berichtete damals online).
Der drei Jahre alte Aufsatz in Early Medieval Europe erfuhr vergangene Woche plötzlich einige Aufmerksamkeit in englischsprachigen on- und offline-Publikationen sowie auf Twitter. Warum eigentlich? fragt sich medievalists.net.
Hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass der Verlag Marvel Comics kürzlich eine weibliche Version seines Superhelden Thor angekündigt hat?

Gleiche Zeit, andere Region und Kultur: In Messkirch soll bekanntlich eine „Karolingische Klosterstadt“ entstehen. Markus Zwidtmayer von tribur.de hat sich die „Geschichtsbaustelle“ angesehen und war nicht begeistert.

Gar nicht begeistert war ich von dem Poster zum Film „Northmen – A Viking Saga“ (Kinostart 23. Oktober):

Northmen – A Viking Saga (c) Ascot Elite

Northmen – A Viking Saga (c) Ascot Elite

Über die Bekleidung will ich mich gar nicht weiter auslassen – aber ein mit Glasfaser belegter Recurve-Bogen mit Pfeilauflage??? Das ist nun wirklich ein neuerlicher Tiefpunkt in der traurigen Geschichte namens „Geschichte im Film“ …
Zumal ja wahrlich kein Mangel an Veröffentlichungen über die wahren Wikinger-Bögen (z.B. aus Haithabu und Ballinderry) besteht – nicht zuletzt von meiner Wenigkeit im Karfunkel Codex 1: Die Wikinger (Neuauflage von 2011).

 

Fundstücke KW 32

Auf www.monumente-online.de hat Dr. Bettina Vaupel einen interessanten Artikel über die Herstellung von Farben und den Handel mit Pigmenten im Mittelalter veröffentlicht: Wie das Blau übers Meer kam. Vom Wert der Farbe

Dazu gibt es noch ein Interview mit Dr. Doris Oltrogge, Expertin für mittelalterliche Farben und Maltechniken: Das Geheimnis der Pigmente

Passend hierzu ein Beitrag aus dem Buch „Die Macht der Toga“ über die Gewinnung von Purpur in der antiken Welt des Mittelmeers (academia.edu via Hiltibold): Carmen Alfaro: Purpur und Macht an den Küsten des Mittelmeerraums

Gleich zwei Podcasts des Bayerischen Rundfunks zum Thema Mittelalter (Download als mp3):

Und eine schwedische Dokumentation (mit engl. Untertiteln) über living history, das Leben als Reenactor und die Darstellung der Schlacht von Visby (von flygfisk.de, via medievalists.net):