Fundstücke KW 34

Der Spiegel widmete sich diese Woche zum wiederholten Male der Perspektivlosigkeit von Nachwuchswissenschaftlern. Diese ist natürlich kein Zufall, sondern politisch gewollt, und daran werden leider auch ein weiteres Dutzend kluger Beiträge nichts ändern, sondern allenfalls ein Aufstand des akademischen Mittelbaus mit Unterstützung jener Professoren, die in der Lage sind, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, und genügend Weitblick besitzen, die Gefährdung des Wissenschaftsstandorts Deutschland in dieser kurzsichtigen Politik zu erkennen.

In der Rhein-Main-Presse schreibt Falko Daim über die Rekonstruktion einer frühmittelalterlichen Doppelorgel aus Byzanz im Mainzer RGZM.

Unter großem wissenschaftlichen, technischem und handwerklichem Aufwand wurde in Beckum im Auftrag des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) eine frühmittelalterliche Spatha mit „wurmbunter“, also feuerverschweißter Klinge vermessen, analysiert, nachgeschmiedet und poliert. Das Ergebnis wird in den kommenden Monaten in verschiedenen westfälisch-lippischen Museen zu sehen sein (Meldung des LWL).

Meine persönlichen Ansichten zum inflationär gebrauchten Begriff „Sensationsfund“ habe ich bereits des öfteren zum Ausdruck gebracht. Aber beeindruckend ist es schon, was Archäologen im südlichen Dänemark aus der Erde geholt haben: Bislang 165 Silbermünzen und eine Goldperle aus der Wikingerzeit. Es berichtete die SHZ.

Schon etwas älter ist dieses Video, auf das ich diese Woche von irgendwoher verlinkt wurde: Die virtuelle Auferstehung der 1465 zerstörten polnischen Stadt Nieszawa anhand nicht-invasiver Bodenuntersuchungen. Mehr zum Projekt „Stara Nieszawa“ gibt es hier (auf Englisch).

Fundstücke KW 33

Archäologiestudenten aus Cardiff (Wales) waren in den vergangenen Wochen auf Praxisbesuch im Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen. Zum Abschluss halfen sie nun auch noch mit, frühmittelalterliche Grubenhäuser in Paderborn freizulegen, wie die Neue Westfälische berichtet.

Im Blog „Schickes und Schönes – Die Kreativ-WG“ erschien diese Woche eine kurze Anleitung zum mittelalterlichen Kochen in Tontöpfen.

Ein neuer Beitrag auf „kurz!-Geschichte“ widmet sich dem Sturz Heinrichs des Löwen.

Unter dem Titel „Thanks, but no thanks!“ sammelt ein neues Blog Stellenausschreibungen für Geisteswissenschaftler, „auf die wir uns nicht bewerben, weil sie unverschämt sind“. Ob’s was nützt? Vielleicht trägt das Projekt ja dazu bei, auf die prekäre Situation unzähliger Nachwuchs-(Geistes-)Wissenschaftler aufmerksam zu machen.

Ist Deutsch als Wissenschaftssprache vom Aussterben bedroht? Ich spiele hier nicht auf den allgemeinen Niveauverfall in Rechtschreibung und Grammatik an, sondern auf eine Entwicklung, die offenbar in Österreich gerade ihren Höhepunkt erreicht: Wer dort künftig öffentliche Forschungsgelder beantragt, ist verpflichtet, seine Forschungen auf Englisch zu präsentieren statt in seiner Muttersprache (die NZZ berichtet).
Nun ist Englisch ohne Frage eine Weltsprache, gerade auch in der Welt der Forschung, und von jedem europäischen Geisteswissenschaftler kann und sollte erwartet werden, dass er oder sie die moderne lingua franca hinreichend beherrscht. Aber deutschsprachige Germanisten, die ihre Forschungen auf Englisch niederschreiben müssen? Das grenzt ans Absurde!
Mal ganz abgesehen von der Frage, was das für die Öffentlichkeitswirkung der Wissenschaft bedeutet – gilt diese ja ohnehin zuweilen bereits als abgehoben und der Welt der Normalsterblichen entrückt, wird einem nicht unerheblichen Teil der interessierten Öffentlichkeit mit einem solchen Erlass nun auch noch der Zugang zu den (mit Steuergeldern finanzierten!) Forschungen verwehrt oder zumindest erschwert.

Das Vortragsprogramm der Tagung „The Sword – Form and Thought“ im Deutschen Klingenmuseum Solingen am 19-21. November steht nun zum Download bereit. Wie der Name schon andeutet, wird auch bei dieser internationalen Tagung auf Englisch referiert und diskutiert.
Die gleichnamige Ausstellung eröffnet am 26. September.

Bernard Cornwell ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autoren historischer Romane, die Verfilmung seiner Reihe „The Last Kingdom“ wurde daher mit einer gewissen Spannung erwartet. Mittelalter-Fans dürften jedoch ein weiteres Mal enttäuscht werden dürften, wie Hiltibold angesichts einiger Standbilder und Videoclips darlegt.

Dann doch lieber ein hübsches kleines Vidoe wie dieses von Artful Videos, das die schönsten Katzendarstellungen aus mittelalterlichen Manuskripten zusammenfasst:

Waren Ritter in Rüstung wirklich so unbeweglich?

Wenn ein Ritter in Rüstung vom Pferd fiel, war er nicht in der Lage, ohne Hilfe wieder aufzustehen. Bei Turnieren mussten die Teilnehmer mit einem Kran oder einer ähnlichen Einrichtung auf ihr Pferd gehoben werden, weil die Rüstungen so schwer waren. Laufen war in diesen Blechbüchsen fast unmöglich, denn sie waren ausschließlich für den Kampf zu Pferde gemacht.
Solcherart sind die Behauptungen über mittelalterliche Rüstungen, die man immer wieder hören und lesen kann. Sie wurden zwar von Forschern und Praktikern schon vielfach widerlegt und als Mythen entlarvt, doch scheinen sie in der Vorstellung vieler Menschen geradezu unerschütterlich verankert zu sein (und durch Filme und Fernsehbeiträge immer wieder bestätigt zu werden).
Hier also ein weiterer Versuch, solche irrigen Annahmen zu entkräften.

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Fundstücke KW 49

Die Nachricht ist schon etwas älter, ich hatte immer gehofft, sie würde früher oder später auch in deutschsprachigen Medien ein Echo finden oder sogar Kommentare renommierter Forscher wie Alfred Geibig oder Stefan Mäder hervorrufen, doch leider war dies bislang nicht der Fall. Daher hier also der Link zur Originalmeldung in der Siberien Times: In Sibirien ist ein früh-/hochmittelalterliches Schwert gefunden worden, dessen Klinge sehr wahrscheinlich im Fränkischen Reich hergestellt wurde. Es könnte in späterer Zeit Iwan dem Schrecklichen gehört haben – ein äußerst gut erhaltener und spannender Fund!

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Das Nationalmuseum von Dänemark hat die Wikingersiedlung und den Königshof von Tissø digital wieder auferstehen lassen. Zwar habe ich im Detail so meine Schwierigkeiten mit der Rekonstruktion – z.B. wird wieder einmal das Klischee bedient, die Langhäuser der Wikinger hätten nur als Met-Halle und „Party Location“ gedient, statt als Wohnstätten –, doch die Umsetzung finde ich dennoch recht gelungen und anschaulich:

Richard III. und kein Ende: Der englische König erfreut sich seit der Entdeckung seiner Gebeine unter einem Parkplatz größerer Beliebtheit als zu Lebzeiten! Im aktuellen Bericht aus Spiegel Online geht es um die DNA-Analyse seiner Überreste und die Erkenntnis, dass wohl nicht alle seine Kinder seine Kinder waren

Die Zeit widmete in dieser Woche der neuen Sonderausstellung „Fleisch. Jäger, Fischer, Fallensteller in der Steinzeit“ im Neanderthal Museum in Mettmann einen Artikel: Heimwerker der Steinzeit von Sami Skalli.