Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2019

Welche bedeutenden Geschehnisse ereigneten sich vor 500, 750 oder 1000 Jahren? Welche Jahrestage der mittelalterlichen Geschichte kommen 2019 auf uns zu? Auf welche Feiern, Gedenktage, Debatten müssen wir uns einstellen?

Der jährliche kurze, keineswegs vollständige und schamlos eurozentrische Überblick: Weiterlesen

Mittelalter & TV, Folge xxx: Vom (Nicht-)Wollen und (Nicht-)Können und einfach-nicht-drum-scheren …

An wen wendet man sich, wenn man sich für die Kochkunst des Mittelalters interessiert: An erfahrene Köche, die seit Jahrzehnten eine mittelalterliche Küche betreiben? An Darstellergruppen, die regelmäßig historische Rezepte auf möglichst authentische Weise nachkochen? An Autoren, Herausgeber oder Übersetzer von mittellterlichen Kochbüchern? An ausgewiesene Historiker, die zum Thema geforscht und publiziert haben?

Nein! Zumindest, wenn man RedakteurIn eines öffentlich-rechtlichen TV-Senders in Deutschland ist, dann weiß man instinktiv, wo man am ehesten kompetente Informationen zu Kochkunst und praktisch allen anderen Aspekten des Mittelalters erfahren kann: Natürlich auf einem … MITTELALTERMARKT!

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Der „Brückenheilige“ Johannes von Nepomuk, ein böhmischer Märtyrer

Man begegnet ihm allenthalben, vor allem auf Brücken, aber auch auf Altären, an Hauswänden, an Wegen und gelegentlich sogar auf Gegenständen des Alltags. Meist trägt er die Kleidung des Kanonikers – Soutane und Birett -, den Palmzweig des Märtyrers und ein Kreuz in der Armbeuge. Sein Nimbus wird gelegentlich von fünf Sternen geziert. Doch wer ist dieser Schutzpatron der Brücken und Wege, der Bewahrer vor Hochwasser und dem Tod durch Ertrinken, zugleich Hüter des Beichtsiegels und einer der Landespatrone Böhmens? Weiterlesen

Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2017

Welche bedeutenden Geschehnisse ereigneten sich vor 500, 750 oder 1000 Jahren? Welche Jahrestage der mittelalterlichen Geschichte kommen 2017 auf uns zu? Auf welche Feiern, Gedenktage, Debatten müssen wir uns einstellen?
Der jährliche kurze, keineswegs vollständige und schamlos eurozentrische Überblick: Weiterlesen

Mittelalter-Videos

Pornos und Katzenvideos sind bekanntlich die entscheidenden Inhalte des Internets. Doch finden sich dazwischen in dunklen Ecken zuweilen auch interessante, lehrreiche, wissenschaftliche und/oder unterhaltsame Videos zur Geschichte des Mittelalters, ihrer Erforschung oder Darstellung. Einige davon (in deutscher Sprache) sollen hier vorgestellt werden, Ergänzungen sind jederzeit herzlich willkommen! Weiterlesen

Alte Berufe und Familiennamen IV

Honig wurde im Mittelalter vornehmlich gewonnen, indem wilde Bienenstöcke ausgebeutet oder Körbe im Wald aufgestellt und Wildbienen angelockt wurden. Von diesem Handwerk der Zeidlerei leitet sich der Familienname Zeidler (auch Zedler) ab, allgemein auf die Gewinnung oder Verarbeitung von Honig verweist der Name Honigman.

Als Neber wurden im Mittelalter große geschmiedete Bohrer bezeichnet, die z.B. bei der Bohrung von Achslöchern in Radnaben zum Einsatz kamen. Weiterlesen

500 Jahre "Reinheitsgebot"

Bier zählt zu den ältesten Kulturgetränken der Menschheit. Älteste Hinweise stammen aus dem Neolithikum, bierähnliche Getränke sind z.B. aus Babylon und Ägypten belegt. In germanischer Zeit und im Frühmittelalter lag das Bierbrauen als Teil der bäuerlichen Selbstversorgung vorwiegend in Händen der Frauen. Doch nicht zuletzt der hohe Arbeitsaufwand sowie der Platz- und Gerätebedarf sorgten seit dem Aufkommen der Städte für einen Übergang zu gewerblicher Produktion, wodurch der eigenständige Beruf des Bierbrauers entstand.

Bierbrauer im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung, um 1425 (Nürnberg, Stadtbibliothek, Amb. 317.2°, fol. 20v.)

Bierbrauer im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung, um 1425 (Nürnberg, Stadtbibliothek, Amb. 317.2°, fol. 20v.)

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Alte Berufe und Familiennamen, Teil III

Zahlreiche alte, heute meist ausgestorbene Berufe haben ihre Spuren in Form von Familiennamen hinterlassen. Doch nicht immer ist auf den ersten Blick erkenntlich, welches historische Gewerbe sich hinter dem Klingelschild des Nachbarn verbirgt.
Nach Teil I und Teil II hier nun die dritte Folge von Erläuterungen historischer Berufsbezeichnungen, die einem im Telefonbuch* begegnen können.

Armbruster waren diejenigen, die Armbruste herstellten, nicht die, welche sie benutzten. So wie auch Bogner keine Bogenschützen waren, sondern Hersteller von Bögen.

Als Pielsticker bezeichnete man im Norden Deutschlands die Hersteller von Pfeilen und Bolzen für Bogen und Armbrust. Eine ebenfalls norddeutsche Variante ist der Pilemaker, anderswo wurde das Gewerbe als Pfeilschäfter oder einfach Pfeil(e)macher bezeichnet. Im Englischen hießen sie Fletcher, was ebenfalls ein weit verbreiteter Nachname ist.
(Mehr zum pilestikker oder pilemaker gibt es hier.)

Reider stellten Messer- und Schwertgriffe her, montierten die Klingen und übernahmen manchmal auch das Schärfen, was andernfalls Aufgabe der Schwertfeger war. Die Bezeichnung Reider war vor allem im Bergischen Land (um das Klingenzentrum Solingen) verbreitet, aber auch andernorts belegt.
Der Reider hat jedenfalls nichts mit dem Reiter oder dem Reut(h)er zu tun. Über die unterschiedlichen Ursprünge dieser Namen gibt es einen interessanten kurzen Beitrag in „Die Welt“.

Wer das Krugrecht innehatte, also eine Gastwirtschaft betrieb, wurde im Norddeutschen als Krüger bezeichnet. Im Dialekt konnte er auch Kröger heißen. Die gleiche Bedeutung haben die Nachnamen Krug, Krüg, Krog, Krügel oder Krugmann.

Binder ist eine der zahlreichen Bezeichnung des Böttchers, Bötti(n)gers, Küfers, Büttners – also dessen, der Fässer herstellte. Die Vielzahl und weite Verbreitung der Namen verweist auf die Bedeutung, die Fässer als universales Verpackungs- und Transportmittel im Mittelalter hatte. Nicht alle waren mit Eisenringen eingefasst, häufiger wurden die Dauben mit Weiden- oder Haselnussruten zusammengebunden – daher die Bezeichnungen Binder, Fassbinder, Fassbender.

Die Bedeutung der Bezeichnung Büttel ist vielfältig. Im Mittelalter wurden so Gerichtsdiener, Amts- und Fronboten sowie alle Arten von niederen Exekutivbeamten bezeichnet, also z.B. Feld-, Forst- oder Weinberghüter.

Ein "bütel" mit Amtsstab und Schwert im Hausbuch der Mendelschen Zwöflbrüderstiftung (1429). Nürnberg, Stadtbibliothek Amb. 317.2° fol. 50r.

Ein "bütel" mit Amtsstab und Schwert im Hausbuch der Mendelschen Zwöflbrüderstiftung (1429). Nürnberg, Stadtbibliothek Amb. 317.2° fol. 50r.

Der Hafen bezeichnet in Österreich und Teilen Bayerns eine Schale oder Schüssel aus Keramik. (Der Nachthafen ist ein Nachttopf.) Der Töpfer ist daher in diesen Regionen als Hafner oder Häfner bekannt.
Da Hafner die Kacheln früher Kachelöfen anfertigten und diese zuweilen gleich selbst installierten, konnte auch ein Ofenbauer oder -setzer als Hafner bezeichnet werden.

Ebenfalls aus Österreich und Bayern stammt der Weinzierl, der anderswo als Winzer, Wingerter, Wengerter, Weingärtner, Weinbauer oder Weinmann bekannt ist – also als jemand, der Weinbau betreibt und einen Weinberg oder Wingert besitzt.

Die Reihe wird (bei Gelegenheit ganz bestimmt irgendwann) fortgesetzt!

* Gibt es überhaupt noch Telefonbücher? Früher waren das gedruckte Verzeichnisse mit den Namen und Telefonnummern aller Einwohner eines Ortes.

Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2016

Welche bedeutenden Geschehnisse ereigneten sich vor 500, 750 oder 1000 Jahren? Welche Jahrestage der mittelalterlichen Geschichte kommen 2016 auf uns zu? Auf welche Feiern, Gedenktage, Debatten müssen wir uns einstellen?
Ein kurzer, keineswegs vollständiger und schamlos eurozentrischer Überblick:

Vor mehr als 1.000 Jahren:

Darstellung König Sigismunds in der Dreifaltigkeitskirche Konstanz, 1417-37.

Darstellung König Sigismunds in der Dreifaltigkeitskirche Konstanz, 1417-37.

1016 – Vor 1.000 Jahren:

1066 – Vor 950 Jahren:

Die Schlacht von Stamford Bridge in der Lebensbeschreibung König Edwards, 13. Jh.

Die Schlacht von Stamford Bridge in der Lebensbeschreibung König Edwards, 13. Jh.

1116 – Vor 900 Jahren:

1216 – Vor 800 Jahren:

Landung des frz. Kronprinzen in London. Guillaume Fillastre, La Toison d'or, 15.-16. Jahrhundert.

Landung des frz. Kronprinzen in London. Guillaume Fillastre, La Toison d'or, 15.-16. Jahrhundert.

1266 – Vor 750 Jahren:

Darstellung der Schlacht von Benevent in der Nuova Cronica des Giovanni Villani, 14. Jahrhundert.

Darstellung der Schlacht von Benevent in der Nuova Cronica des Giovanni Villani, 14. Jahrhundert.

1316 – Vor 700 Jahren:

Zeitgenössische Darstellung Papst Johannes' XXII. Avignon, Archives iconographiques du palais du Roure.

Zeitgenössische Darstellung Papst Johannes' XXII. Avignon, Archives iconographiques du palais du Roure.

1346 – Vor 670 Jahren:

Schlacht von Crécy in einer Handschrift der Chroniken Jean Froissarts.

Schlacht von Crécy in einer Handschrift der Chroniken Jean Froissarts.

1416 – Vor 600 Jahren:

Hieronymus von Prag wiird zum Scheiterhaufen geführt. Richenthal-Chronik, Rosgartenmuseum Konstanz, Hs. 1, fol. 59v.

Hieronymus von Prag wiird zum Scheiterhaufen geführt. Richenthal-Chronik, Rosgartenmuseum Konstanz, Hs. 1, fol. 59v.

  • Frühjahr: König Sigismund versucht erfolglos, im Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich zu vermitteln. In der Folge verschlechtert sich das Verhältnis zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Frankreich
  • Als sich die Rückkehr des 1408 gestürzten Alten Rates nach Lübeck abzeichnet, organisiert der Goldschmied Heyno Sobbe als Mitglied des Neuen Rats erfolglos einen Handwerkeraufstand, um das zu verhindern. Er wird verhaftet und am 11. Juni hingerichtet
  • 15. August: Der Vertrag von Canterbury wird als Bündnisvertrag im Rahmen des Hundertjährigen Krieges zwischen König Henry V. von England und König Sigismund geschlossen. Der Vertrag wird bis September ratifiziert, erhält aber in den folgenden Kriegsjahren kaum mehr als symbolische Bedeutung
  • Oktober: In Olmütz kommt es zu einem Aufstand, nachdem der von König Wenzel und dem Prager Erzbischof ernannte Administrator Albrecht von Březí an einer hussitischen Messe teilgenommen hat. Das Konzil von Konstanz benennt am 14. Dezember einen Nachfolger, der jedoch von König und Erzbischof nicht anerkannt wird

1516 – Vor 500 Jahren:

    • 23. Januar: Nach dem Tod Ferdinands II. wird sein Sohn Karl I. König von Spanien. Damit beginnt der Jahrhunderte währende Gegensatz zu Frankreich, das sich von den Habsburgern „umzingelt“ sieht
    • 18. Februar: Geburt Marias I. von England (Maria Tudor, Bloody Mary), Königin von England († 1558)
    • März: Die Orte Uri, Schwyz, Zürich, Basel und Schaffhausen, die den im Vorjahr nach der Schlacht bei Marignano geschlossenen Frieden von Genf ablehnen, stellen dem römisch-deutschen Kaiser Maximilian I. 15.000 Mann für seinen Feldzug nach Oberitalien zur Verfügung. Ein neuerlicher Bruderkrieg mit den anderen eidgenössischen Orten, die Frankreich unterstützen, wird nur vermieden, weil Maximilian I. den vereinbarten Sold nicht aufbringen kann
    • 23. April: In Ingolstadt erlassen die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. eine neue bayerische Landesordnung. Darin werden u.a. die Zutaten und Höchstpreise für Bier geregelt, weswegen sie im 20. Jahrhundert als bayerisches bzw. deutsches „Reinheitsgebot“ nachhaltige Wirkung entfaltet
    • 23. April: Geburt des Georg Fabricius, protestantischer deutscher Dichter, Historiker und Archäologe († 1571)
Vier Studien von Hanno. Oxford, Ashmolean Museum.

Vier Studien von Hanno. Oxford, Ashmolean Museum.

  • 8. Juni: Tod des Elefanten Hanno, der Lieblingstiers von Papst Leo X., das dieser von König Manuel I. von Portugal zwei Jahre zuvor geschenkt bekommen hatte. Wenig später kursiert ein satirisches Testament des Elefanten, in dem die Zustände in der römischen Kurie angeprangert werden
  • Im August stirbt der niederländische Maler Hieronymus Bosch (* um 1450)
  • 13. August: Gegen den Willen Kaiser Maximilians I. schließen Karl I. von Spanien als Herzog von Burgund und Franz I. von Frankreich den Vertrag von Noyon. Maximilian muss daraufhin seine letzten Positionen in Italien aufgeben
  • 12. November: König Karl I. von Spanien schließt mit Franz von Taxis und seinem Neffen Johann Baptista einen erneuerten Postvertrag. In diesem Vertrag bezeichnet König Karl die beiden als seine Hauptpostmeister (capitaines et maistres des postes) und einzige Post- und Kuriermeister. Franz und Johann Baptista verpflichten sich, Postreiter von Brüssel unter anderem zum französischen Königshof sowie zum Hof Kaiser Maximilians zu stationieren. Auf jeder Wechselstation mit Ausnahme von abgelegenen Routen sollten zwei Pferde gehalten werden. Es dürfen im Rahmen bestimmter Zeitvorgaben ausnahmslos nur königliche Briefe befördert werden. Der Vertrag tritt am 15. November in Kraft
  • 29. November: Der französische König Franz I. schließt mit den Eidgenossen die „ewige Richtung“, in der alle früheren Feindschaften aufgehoben werden und für künftige Konflikte ein Schiedsgericht eingesetzt werden soll. Kein Vertragspartner soll die Feinde des anderen unterstützen, und die Eidgenossen dürfen ihre Eroberungen in Italien mit Ausnahme des Eschentals behalten. Das Tessin fällt damit endgültig an die Schweiz. Als Kriegsentschädigung zahlt Franz I. 700.000 Kronen an die dreizehn Orte der Eidgenossenschaft
  • 19. Dezember: Der französische König Franz I. und Papst Leo X. schließen das Konkordat von Bologna. Franz erkennt darin die Superiorität des Papstes (über die Konzilien) und die Annaten (Abgaben für Übertragung eines geistlichen Amtes) an. Dafür erhält er das Recht, die wichtigen Positionen in der französischen Kirche ohne Einmischung des Papstes zu besetzen
  • Dezember: Thomas Morus‚ staatstheoretisches Werk „Utopia“ wird auf Betreiben Erasmus‘ von Rotterdam in Löwen in lateinischer Sprache erstmals veröffentlicht
  • Götz von Berlichingen ruft angeblich dem Kurmainzischen Amtmann in Krautheim an der Jagst den „Schwäbischen Gruß“ zu
  • In Augsburg wird im Auftrag des Kaufmanns und Bankiers Jakob Fugger unter Baumeister Thomas Krebs mit dem Bau der Fuggerei begonnen, der ältesten noch heute bestehenden Sozialsiedlung der Welt. Die Arbeiten dauern bis 1521
  • Die erste Fassung des aus 40 Gesängen bestehenden Versepos Orlando furioso von Ludovico Ariosto erscheint
  • Lucas Cranach der Ältere malt den Bilderzyklus „Die 10 Gebote
  • Der Spanier Juan Díaz de Solís erreicht vermutlich als erster Europäer mit seiner aus drei Karavellen bestehenden Expedition die Mündung des Río de la Plata und damit das Gebiet der heutigen Staaten Uruguay und Argentinien
Die Zehn Gebote von Lucas Cranach d.Ä. Wittenberg, Rathaus.

Die Zehn Gebote von Lucas Cranach d.Ä. Wittenberg, Rathaus.

St. Georg und das deutsche Bier

Der 23. April ist der Tag des heiligen Georg, eines spätantiken Märtyrers, der vor allem als Drachentöter Bekanntheit erlangt und Darstellung gefunden hat.

Traditionell markierte der Georgstag das Ende der Brausaison, die am 29. September, dem Tag des Erzengels Michael begonnen hatte. Aufgrund mangelnder Kühlmöglichkeiten war es im Mittelalter praktisch unmöglich, während der heißen Sommermonate ein qualitativ hochwertiges Bier herzustellen. Vielerorts wurde daher im Frühjahr noch einmal ein besonders starkes und damit lange haltbares „Lagerbier“ gebraut, regional z.B. als Märzen bekannt.
Das meiste Bier wurde im Mittelalter frisch gebraut getrunken, d.h. wenige Tage bis Wochen nach Abschluss der Gärung. Wiederum verhinderten fehlende Kühlmöglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten des Transports und der Unterbringung eine allzu lange Lagerung.

Bierbrauer im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung (Nürnberg, Stadtbibliothek, Amb. 317.2°, fol. 20v.)

Bierbrauer im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung (Nürnberg, Stadtbibliothek, Amb. 317.2°, fol. 20v.)

Gleichwohl wurde auch während der braufreien Sommermonate Bier ausgeschenkt und konsumiert. Dabei galten, wie bei den meisten Lebensmittel, obrigkeitlich festgesetzte Höchstpreise. So heißt es etwa in einem Mandat Herzog Wilhelms IV. von Bayern:

„Item wir ordnen / setzen / und wöllen mit Rathe unnser Lanndtschaft / das füran allennthalben in dem Fürstenthumb Bayrn / auff dem Lande / auch in unnsern Stettn unn Märckthen / da deßhalb hieuor kain sonndere ordnung ist / von Michaelis biß auff Georij / ain mass oder kopffpiers über ainen pfenning Müncher werung / unn von sant Jorgentag / biß auff Michaelis / die mass über zwen pfenning derselben werung / und derenden der kopff ist / über drey haller / bey nachgesetzter Pene / nicht gegeben noch außgeschenckht sol werden. „

Eine Maß Winterbier sollte also für einen Münchner Pfennig, die Maß Sommerbier für nicht mehr als zwei Pfennig zu haben sein.
Derartige Höchstpreistaxen waren seit dem 13. Jahrhundert weit verbreitet und regelten den Verkaufspreis von Fisch, Fleisch, Brot, Wein, Wachs und zahlreichen anderen Produkten. Um jedoch zu verhindern, dass Hersteller ihren Gewinn zu Lasten der Qualität zu maximieren versuchten, wurden oft auch gleich die zulässigen Zutaten geregelt.
Und so heißt es auch in der bayerischen Bierpreisordnung weiter:

„Wir wöllen auch sonderlichen / das füran allenthalben in unsern Stetten / Märckthen / unn auf dem Lannde / zu kainem Pier / merer stückh / dann allain Gersten / Hopfen / unn wasser / genommen unn gepraucht sölle werdn.“

Das war allerdings keine revolutionäre Neuerung. Das zitierte Gesetz war keineswegs das erste, weder in Bayern noch in anderen deutschen Herrschaften, welches die Zutaten des Bieres auf Gerste, Hopfen und Wasser beschränkte. Schon seit dem 14. Jahrhundert wurden Versuche unternommen, die Beimischung billigeren Getreides, verschiedener Ersatzstoffe, vor allem aber aller erdenklichen Kräutermischungen (der sogenannten Grut) zu unterbinden, von denen manche – wie etwa das beliebte Bilsenkraut – gesundheitsschädliche Wirkungen haben konnten.

Doch dank der Zufälle und Willkür der Quellenüberlieferung war es jenes Mandat WIlhelms IV., das im 19. Jahrhundert von romantisch und regionalpatriotisch gesinnten Historikern wiederentdeckt wurde und seither als „bayerisches“, später „deutsches Reinheitsgebot“ eine ebenso erstaunliche wie fragwürdige Karriere erlebt hat. Was als Höchtspreistaxe erlassen worden war, diente deutschen Bierbrauern 500 Jahre später als Marketinginstrument, als Schutzmaßnahme gegen ausländische Konkurrenz, als traditions- und damit identitätsstiftendes Werkzeug der Image-Pflege.

Erlassen wurde diese bayerische Bierpreistaxe am 23. April 1516. Konsequenterweise wurde der Tag des hl. Georg daher vom Deutschen Brauer-Bund 1994 zum „Tag des deutschen Bieres“ erhoben. Als solcher dürfte er zumindest hierzulanden den Gedenktag des Drachentöters an Beliebtheit deutlich übertreffen …

Zur Feier dieses Bier-Festtags hier ein Rezept für ein mittelalterliches Festtags-Bier, garantiert NICHT nach dem „Reinheitsgebot“ gebraut:

Grut-Bier nach einem Rezept des 14. Jahrhunderts

  • 4,5 l Wasser
  • 1,5 Pfund Malz („English Pale“)
  • 1,5 Pfund Karamellmalz
  • Flüssige Bierhefe („Pale Ale“)
  • 1,5 g Gagel
  • 1,5 g Sumpfporst
  • 1,5 g Schafgarbe

Wasser auf 75°C erhitzen. Soviel davon auf das geschrotete Malz gießen, bis eine steife Maische entsteht. Abgedeckt drei Stunden lang stehen lassen.
Langsam mit 75°C heißem Wasser besprenkeln, bis 4,5 l Gesamtmenge erreicht sind. Kräuter zufügen und Würze 1,5 h lang kochen lassen.
Auf ca. 20°C abkühlen lassen, dann in Gärbehälter abseihen. Hefe zufügen und mit Gärstopfen verschließen. Bei Zimmertemperatur gären lassen, bis der Gärvorgang vollständig abgeschlossen ist.
In Flaschen abfüllen, verschließen und vor Genuss vier Monate reifen lassen.

Prost!

Hinweis: Die Verwendung dieses Rezepts erfolgt auf eigene Gefahr und Verantwortung! Grundregeln der Küchenhygiene und gesetzliche Regelungen zur Hausbrauerei beachten. Der Autor übernimmt keine Verantwortung. Maßvoll konsumieren!