Januar – Jänner

Vorbemerkung: Im Mittelalter war das Leben der Menschen in weit größerem Maße von den Jahreszeiten beeinflusst als heute. In einer Zeit ohne effektive Heizung, Wärmedämmung, künstliche Beleuchtung, Kühlmöglichkeiten, Gewächshäuser und andere technische Errungenschaften waren zahlreiche Arbeiten – insbesondere in der Landwirtschaft – von Wetter- und Umweltbedingungen abhängig. Tätigkeiten wie Aussaat, dreschen, Ernte, aber auch Bier brauen, Hausbau, Jagd und Fischfang oder Schlachtung konnten nur zu bestimmten Zeiten des Jahres erfolgen. Diese wurden vor allem im Spätmittelalter in sogenannten Monatsbildern festgehalten.
In dieser Beitragsreihe sollen die einzelnen Monate und die ihnen zugewiesenen Tätigkeiten, aber auch ihre wichtigen Feiertage, Fastenzeiten und ihre Bedeutung im Leben der Menschen kurz dargestellt werden.

Der Januar trägt seine Bezeichnung vom lateinischen Ianuarius, abgeleitet von Ianus, dem römischen Gott mit den zwei Gesichtern, von denen eines in die Vergangenheit, das andere in die Zukunft blickt. In Österreich und Südtirol ist stattdessen die Bezeichnung Jänner gebräuchlich. Ältere Namen sind Hartung, Hartmonat, Eis-, Schnee- oder Wintermond sowie Wolfsmonat.
Bis zur Umstellung des römischen Kalenders 153 v.Chr. war der Januar der elfte Monat des Jahres. Allerdings waren auch im Mittelalter noch unterschiedliche Termine für den Jahresbeginn gebräuchlich, etwa am 1. März oder zum astronomischen Frühlingsbeginn der Tagundnachtgleiche (20./21. März). Erst seit dem 13. Jahrhundert setzte sich in weiten Teilen Europas der 1. Januar als einheitlicher Termin durch. Weiterlesen

Fundstücke KW 2

Offenbar genügt es nicht mehr, „einfach nur“ Geschichte zu schreiben – sie muss heute wohl auch einen (wie sehr auch immer an den Haaren herbeigezogenen) Bezug zur Gegenwart aufweisen.
Effizientes Management von Wasser- und Getreideressourcen hat ein Team von Hydrologen und Historikern um den Umweltwissenschaftler Brian Dermody (Universität Utrecht/NL) als Ursache für Aufstieg UND Untergang des Römischen Reiches ausgemacht – und sieht darin, wenig verwunderlich, Parallelen zur Gegenwart, wie derstandard.at berichtet.
Der in Brüssel lehrende Althistoriker David Engels hingegen ist der Ansicht, dass eine Identitätskrise den Untergang der Römischen Republik verursacht habe – und sieht, wen wundert’s, darin Parallelen zur Gegenwart, genauer gesagt zur aktuellen Situation der EU. Auf SZ Online rezensiert der Berliner Kulturhistoriker Olaf B. Rader Engels Buch „Auf dem Weg ins Imperium“ und verwechselt dabei mehrfach das Ende des Römischen Reiches mit dem der Römischen Republik – zumindest hoffe ich, dass diese Konfusion nicht dem Autor selbst anzukreiden ist …

Ganz schlimm wird es immer dann, wenn Politiker historische Vergleiche ziehen oder die Vergangenheit bemühen, um ihren tagespolitischen Standpunkt zu rechtfertigen. Geradezu fahrlässig, wenn dies in einem „launigen Artikel“ (Spiegel Online) der Franktfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geschieht. Da durfte der (ehemalige F.A.Z.-Redakteur und heutige) AfD-Politiker Konrad Adam über die Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 schwadronieren: „Wie die Christen schon einmal die Türken besiegten“.
Immerhin muss man dem Mutterblatt F.A.Z. zugute halten, dass sie einen wunderbar sarkastischen und historisch deutlich besser informierten Kommentar eines gewissen „Don Alphonso“ in einem ihrer Blogs ebenfalls veröffentlichte: „Wie die Christen Europas für Profit den Türken hofierten„.
Einen ebenfalls sehr lesenswerten Kommentar aus Historikersicht veröffentlichte Achim Landwehr in seinem Blog „Geschichte wird gemacht. Über die Alltäglichkeit des Historischen„.

Daniel Ossenkop M.A. bietet in seinem Blog immer wieder sehr lesenswerte, informative und anregende Betrachtungen zu verschiedenen Aspekten mittelalterlicher Geschichte. In seinem Beitrag vom 3. Januar widmet er sich „Konrad Kyesers Ideen für den Krieg – Die Darstellungen aus dem Bellifortis in Talhoffers Fechtbuch„. Darunter finden sich u.a. Schwimmbrücken, Taucheranzug, Sauna und viele spannende Kuriositäten mehr!

Mittelalterliche Sauna. Kopenhagen, Kongelige Bibliotek MS Thott.290.2°, fol. 31v. Via dasmittelalterderblog.com

Mittelalterliche Sauna. Kopenhagen, Kongelige Bibliotek MS Thott.290.2°, fol. 31v. Via dasmittelalterderblog.com

Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2015

Welche bedeutenden Geschehnisse ereigneten sich vor 500, 750 oder 1000 Jahren? Welche Jahrestage der mittelalterlichen Geschichte kommen dieses Jahr auf uns zu? Auf welche Feiern, Gedenktage, Debatten müssen wir uns einstellen?
Ein kurzer, keineswegs vollständiger und schamlos eurozentrischer Überblick:

Vor mehr als 1.000 Jahren:

1015 – Vor 1.000 Jahren:

Knut der Große. Buchminiatur, um 1320.

Knut der Große. Buchminiatur, um 1320.

1115 – Vor 900 Jahren:

1215 – Vor 800 Jahren:

1265 – Vor 750 Jahren:

Dante Alighieri. Fresco von Andrea de Castagno, um 1450.

Dante Alighieri. Fresco von Andrea de Castagno, um 1450.

1315 – Vor 700 Jahren:

1415 – Vor 600 Jahren:

  • Johannes XXIII., der einzige der drei Päpste des Abendländischen Schismas, der am Konstanzer Konzil (1414-1418) teilgenommen hat, flieht aus der Stadt (20. März). Am 29. April wird er in Freiburg gefasst und an König Sigismund ausgeliefert. Am 29. Mai wird er für abgesetzt erklärt, zwei Tage später stimmt er der Entscheidung zu.
  • Mit dem Dekret Haec sancta reklamiert das Konzil von Konstanz höhere Autorität als der Papst (6. April)
  • Mit der Ernennung Friedrichs, des Burggrafen von Nürnberg, zum Kurfürsten von Brandenburg beginnt die bis 1918 andauernde Herrschaft des Hauses Hohenzollern (30. April)
  • Das Konzil von Konstanz erklärt den 1384 verstorbenen englischen Kirchenreformator John Wyclif zum Ketzer und befiehlt, seine Gebeine zu verbrennen, was im Jahr 1428 erfolgt (4. Mai).
  • Auf Drängen des Konzils tritt Papst Gregor XII. zurück und wird dafür zum päpstlichen Legaten auf Lebenszeit ernannt, Der drite Papst, Benedikt XIII., wird für abgesetzt erklärt (4. Juli).
  • Der böhmische Reformator Jan Hus wird nach fast einjähriger Gefangenschaft als Ketzer verbrannt (6. Juli).
  • Geburt von Friedrich III., ab 14140 römisch-deutscher König, ab 1452 Kaiser († 1493).
  • König Henry V. von England besiegt dank seiner Langbogenschützen ein fast doppelt so großes französisches Heer in der Schlacht von Agincourt (25. Oktober)
  • Bei der Eroberung des Aargaus fällt den schweizer Eidgenossen auch die Stammburg der Habsburger in die Hände.
Schlacht von Azincourt, 25. Oktober 1415. Zeitgenössische Darstellung.

Schlacht von Azincourt, 25. Oktober 1415. Zeitgenössische Darstellung.

1515 – Vor 500 Jahren:

Rhinoceros. Skizze von Albrecht Dürer, 1515.

Rhinoceros. Skizze von Albrecht Dürer, 1515.

Fundstücke KW 1

Neues Jahr, neue Meldungen 🙂

Wer war noch gleich Heinrich VII.? Ich muss gestehen, so auf Anhieb konnte ich auch keine Regierungsjahre oder besonderen Leistungen dieses deutschen Königs (1308-1312) und späteren Kaisers (1312-1313) aus dem Hause Luxemburg nennen. Er starb 1313, und 700 Jahre später wurde sein Grab im Dom von Pisa für Untersuchungen geöffnet, wobei einige erstaunliche Funde zutage traten, wie Martin Bauch im Mittelalterblog berichtet.

Die Klimaerwärmung wird wohl bald dafür sorgen, dass einige Inselkulturen für immer im Meer versinken. Andererseits sorgt sie aber auch dafür, dass Zeugnisse längst vergangener Kulturen wieder zum Vorschein kommen: Der „Gefrierschrank der Vergangenheit“ taut langsam ab (Beitrag von Hubert Filser auf SZ Online).

Bei den Kelten aßen Männer – insbesonders höhergestellte – mehr Fleisch als Frauen. Das klingt zwar weder besonders überraschend noch ungewöhnlich, war dem Standard aber dennoch eine Schlagzeile wert. Der Rest des Beitrags hat immerhin noch einige interessante Fakten zu den Ausgrabungen im schweizer Kanton Bern zu bieten.

Noch einmal Archäolgie: Auf Spiegel Online fasst Angelika Franz die Geschichte der Bibel-Archäologie im Heiligen Land zusammen.

Bereits am 21. Dezember veröffentlichte Daniel Ossenkop M.A. auf „Das Mittelalter – Der Blog“ einen neuen Beitrag über die Entstehung und Bedeutung des europäischen Rittertums.

Feuerwerk zu Silvester ist teuer, albern und unnötig? Nicht, wenn man es macht wie Thrand und Eldgrim. Die beiden Reenactor nutzten den Jahreswechsel, um eine Theorie zu überprüfen, nach der es sich bei bestimmten in der Biblia Porta (Bibliothèque Cantonale et Universitaire de Lausanne, U 964, um 1225-1250) und anderen mittelalterlichen Abbildungen dargestellten Objekten um frühe Handgranaten handeln soll.
Das Experiment wurde ursprünglich durch einen Beitrag von Roland Warzecha alias Dimicator auf Facebook inspiriert, der sich dabei auf Forschungen Wsewolods von Arendt aus den 1930er Jahren berief.

Wie zu sehen ist, verliefen die Tests wenig erfolgreich. Dennoch ist es der richtige Ansatz, derartige Behauptungen mit Hilfe praktischer Experimente zu überprüfen.

 

Rezension GEO Epoche 70: KARL der Große und das REICH der Deutschen

Das „Heilige Römische Reich (Deutscher Nation)“ existierte von 962 bis 1806 und war zeit seines Bestehens ein höchst eigentümliches Konstrukt. Zahlreiche Personen, Ereignisse und Entwicklungen haben seine Geschichte geprägt, und die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift „GEO Epoche“ unternimmt den Versuch, auf knapp 180 Seiten einige davon näher zu beleuchten. Von Karl dem Großen und der Idee eines christlichen Kaisertums im Westen bis zu Napoleon und der Abdankung Kaiser Franz‘ II. spannt sich der Bogen der Beiträge teils namhafter Autorinnen und Autoren. Behandelte Themen umfassen etwa den Wormser Reichstag von 1495, die Reformation in Nürnberg, den Dreißigjährigen Krieg oder auch die Insignien des Kaisertums.
Den Verfassern gelingt vielfach, nicht zuletzt durch die konsequente, ungewöhnliche Erzählweise im Präsens und zuweilen die Perspektive von Beteiligten oder Zeitgenossen, eine lebendige, anschauliche Schilderung der Ereignisse und Zustände. Als Leser fühlt man sich häufig sehr dicht am Geschehen, doch stellt sich zuweilen die Frage, woher die Autoren ihre Kenntnisse über die vergangenen Zeiten beziehen, etwa wenn es von der Ausbildung zum Ritter im 15. Jahrhundert heißt:

„Schon als Fünfjährige zwingt man sie aufs Pferd und bindet sie im Sattel fest. Drückt sie in den Dung der Ställe, wo sie still liegen müssen, den Bissen, Tritten und Ausscheidungen der Tiere ausgesetzt.“
(Jörg-Uwe Albig: Götz von Berlichingen, S. 90)

Der Verzicht auf die Angabe von Quellen birgt die Gefahr, eine Nähe und ein Wissen über die historischen Gegebenheiten zu suggerieren, die von der Forschung zuweilen schwerlich gestützt werden können.
Problematisch erscheint zudem die Illustration mehrerer Artikel durch Geschichtsdarstellungen des 19. Jahrhunderts. Diese können für die dargestellte Zeit keinen Quellencharakter beanspruchen und sind zudem oft von nationalistischen, die Vergangenheit verklärenden Motivationen geprägt. Auch die Verwendung burgundischer Buchmalereien des 15. Jahrhunderts in einem Beitrag über Otto I. (936-973) trägt nicht unbedingt dazu bei, ein realistisches Bild der damaligen Verhältnisse zu transportieren.
Die Lebensbeschreibung des Raubritters Götz von Berlichingen wiederum wird durch stimmungsvolle Fotografien verschiedener Burgen illustriert. Allerdings liegen die meisten davon im Osten des heutigen Deutschland, und keine hat irgendeinen Bezug zum Thema des Beitrags. So erscheint die Bildauswahl des Hefts zuweilen etwas willkürlich und geradezu „grobmittelalterlich“ – es ist ist eben „irgendwie alles Mittelalter“. (Bei den neuzeitlichen Themen besteht das Problem nicht.) Das ist ein wenig schade, aber dennoch lassen sich die Texte durchaus mit Gewinn lesen.
Eine Zeittafel und (etwas spärliche) Literaturhinweise erhöhen den Nutzwert des Magazins.

DVD-Beilage

Das Heft ist entweder einzeln oder zusammen mit einer DVD erhältlich. Dabei handelt es sich um die dreiteilige sogenannte Dokumentation „Karl der Große – Der erste Kaiser“ aus dem Jahr 2013. Mit großem filmischem und technischem Aufwand wird hier die Lebensgeschichte des Frankenherrschers ins Bild gesetzt, eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der der gealterte Einhard einem jungen Schreiber seine „Vita Karoli Magni“ diktiert.
Zwischen die Spielszenen sind Aussagen namhafter Historiker und Experten wie Johannes Fried, David Nicolle oder Dame Janet Nelson eingebettet. Mit Hilfe dieses geballten Wissens hätte es eigentlich möglich sein müssen, eine historisch fundierte und zugleich spannende und unterhaltsame Dokumentation zu produzieren, doch leider versagt das Machwerk hier auf ganzer Linie.
Angefangen von peinlichen Dialogen und albernen Bettszenen erinnert das Schauspiel eher an eine billige Fantasy-Trash-Produktion als an ein seriöses Format mit Bildungsanspruch. Wer soll hier eigentlich die Zielgruppe sein?
Ganz und gar unterirdisch ist das Niveau der Ausstattung, das selbst die extrem niedrigen Standards von Fernsehserien wie „Vikings“ noch locker unterbietet. Ich will gar nicht auf die allgegenwärtigen Kerzen und Fackeln, orientalische Teppiche als Bodenbelag oder moderne Sättel und Steigbügel eingehen, doch was etwa (durchaus hübsche) Renaissance-Himmelbetten in einer Dokumentation über das 8.-9. Jahrhundert zu suchen haben, wird wohl ein Geheimnis der Fernsehmacher bleiben.
Für die Bekleidung wurden offenbar übrig gebliebene Bestände sämtlicher Geschichts- und Märchenproduktionen der vergangenen 20 Jahre geplündert. Da wird unter fachkundiger Leitung des britischen Militärhistorikers David Nicolle ein Beschusstest auf Kettenhemden durchgeführt, von denen es zu Recht heißt, sie seien das wichtigste Element der Körperpanzerung der Zeit gewesen. Warum tragen die Darsteller diese dann nicht im Film, sondern … ja, was soll das eigentlich sein, was die Franken da unter ihre wehenden roten Umhänge geschnallt haben??? Und warum schlagen sie 773 n.Chr. (!) beidhändig mit Langschwertern des 14.-15. Jahrhunderts auf die Sachsen ein? Das alles ist Grobmittelalter auf unterstem Mittelaltermarkt-Niveau!

Szene aus "Der erste Kaiser": Grobmittelalterlicher Gewandungsmix auf Mittelaltermarkt-Niveau. (c) taglicht media.

Szene aus "Der erste Kaiser": Grobmittelalterlicher Gewandungsmix auf Mittelaltermarkt-Niveau. (c) taglicht media.

Es lohnt nicht, noch weitere Worte über dieses mit einer großen Menge an öffentlichen Fördergeldern produzierte Machwerk zu verlieren. Der in weiten Teilen durchaus ernstzunehmende Inhalt und die fundierten Aussagen der zu Rate gezogenen Experten werden leider durch die vollkommen unhistorische, lächerliche und letztlich vollkommen überflüssige Darstellung überschattet. Hier wurde mit viel Pomp und Getöse eine große Chance vertan. Schade!

GEO Epoche 70 (Dezember 2014): Karl der Große und das Reich der Deutschen. 172 S. ISBN 978-3-652-00341-4. € 10,- (Einzelheft), € 17,50 (mit DVD).

Zum GEO-Shop.

Fundstücke KW 52

Im Hafenbecken von Stade sind zahlreiche mittelalterliche Pilgerabzeichen zum Vorschein gekommen. War es Brauch, diese nach glücklicher Heimkehr hier zu versenken? Die Archäolgin Angelika Franz schreibt darüber auf Spiegel Online.

Betrieben die Wikinger in der Neuen Welt Bronzeguss? Ein in Kanada entdeckter Steintiegel scheint darauf hinzudeuten, wie derstandard.at berichtet.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag zeigte das SWR Fernsehen „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Die Sendung über die Küche des Mittelalters entstand unter Beteiligung meiner Wenigkeit, HistoFakt. Historische Dienstleistungen zeichnete für die historische Beratung verantwortlich.
Die vollständige Sendung ist nun über die SWR Mediathek abrufbar, weitere Informationen, Rezepte etc. zu der dreiteiligen Reihe gibt es hier. Meine Erfahrungen beim Dreh habe ich vergangene Woche im Blog zusammengefasst.

 

Fundstücke KW 51

Auf der Liste zur Wahl des Wissenschaftsblogs des Jahres 2014 stehen auch zwei Blogs zur Geschichte: Rainer Schregs archaeologik und mittelalter.hypotheses.org. Abstimmen geht schnell und kostet nichts …

Vergangene Woche wies ich auf die Petition zum Erhalt des Lehrstuhls für Archäologie an der Universität des Saarlands hin. Nun soll es auch dem renommierten Lehrstuhl für rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn an den Kragen gehen. Auch dagegen gibt es eine Petition.

Bereits am 4. Dezember zeigte der Bildungssender RTL das „Historiendrama Götz von Berlichingen„. Zugegebenermaßen ist dieses Großereignis des Geschichtsfernsehens unbemerkt an mir vorüber gegangen, doch ich möchte hier zumindest einen Teil der Beschreibung nachliefern:

Berühmt und berüchtigt und ein unverbesserlicher Frauenheld: Henning Baum verkörpert im TV-Event „Götz von Berlichingen“ den Raubritter mit der eisernen Hand. Der Historienfilm spielt im 16. Jahrhundert. […]
Als Götz von Berlichingen Kisten mit Goldmünzen des französischen Königs erbeutet, wird ihnen die Brisanz ihres Fundes erst klar, nachdem sie sicher ihre Burg erreicht haben. […] Im Kampf verliert Götz seine rechte Hand – er überlebt nur mit Hilfe der geheimnisvollen Heilerin Saleema (Dennenesch Zoudé). Der Ritter schafft das Unmögliche: Mit seiner eisernen Hand erkämpft er sich nicht nur seine alte Stärke zurück, sondern findet auf diesem Weg auch treue Weggefährten und nicht zuletzt die Unterstützung der Bauern. […]

Den Rest mag sich Jede/r anhand des zugehörigen Fotos selbst zusammenreimen:

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Götz von Berlichingen (Henning Braun) und die "geheimnisvolle Heilerin Saleema" (Dennenesch Zoude). (c) RTL

Ich hoffe, damit ist nun endgültig der absolute Tiefpunkt der Geschichtsdarstellung im Fernsehen erreicht …

A propos Mittelalter im TV: Auf der Facebook-Seite von EpochenKochen gibt es die offiziellen Bilder von den Dreharbeiten zur gleichnamigen Sendung, an der HistoFakt. Historische Dienstleistungen mitgewirkt hat. Die Sendung ist am zweiten Weihnachtstag ab 14.15 Uhr im SWR Fernsehen zu sehen. Darüber berichtet u.a. das Mittelaltermagazin „Praeco Medii Aevi“.

Erfahrungen beim Dreh einer Unterhaltungssendung mit historischem Hintergrund

Am 26. Dezember 2014 zeigt das SWR Fernsehen um 14.15 Uhr die Sendung „EpochenKochen: Wie die Ritter tafelten“. Moderatorin Heike Greis und Starkoch Vincent Klink begeben sich auf die Suche nach Rezepten und Küchengeheimnissen des Mittelalters.
Obwohl (oder vielleicht weil?) ich mich in der Vergangenheit mehrfach kritisch mit der Darstellung des Mittelalters im deutschen Fernsehen auseinandergesetzt habe, wurde ich von der Produktionsfirma maz&more als historischer Berater und Experte in der Sendung engagiert. Die Vorbereitungen und die Dreharbeiten im September waren eine überaus interessante und aufschlussreiche Erfahrung!

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

Spielszene zu mittelalterlichen Tischmanieren.

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Fundstücke KW 50

Es ist nicht immer ganz einfach, sein Dasein als freischaffender Historiker zu fristen. Doch ein Anlass für den Schritt in die Selbständigkeit und ein Grund, warum eine Rückkehr an die Akademie nicht in Frage kommt, waren und sind die dortigen Arbeitsbedingungen von wissenschaftliechen Hilfskräften, Doktoranden, etc. Darüber berichtete diese Woche mal wieder die SZ online: Hire-and-fire an der Universität.

Unterdessen geht der Kahlschlag der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fakultäten munter weiter. An der Universität Saarbrücken soll der renommierte Lehrstuhl für klassishe Archäologie gestrichen werden – hier gibt es eine Petition dagegen.

Ob die Lage für Geisteswissenschaftler an Universitäten im Ausland besser ist, kann ich nicht beurteilen. Auffällig ist jedoch, dass Deutschland mal wieder in einem wichtigen und zukunftsträchtigen Bereich hinterherhinkt, nämlich beim Thema Online-Publikation und Open Access. Die Zahl englischsprachiger, meist (z.T. nach Ablauf einer Sperrfrist) frei zugänglicher mediävistischer Fachzeitschriften von hoher Qualität steigt derzeit sprunghaft an, wohingegegn mir nicht eine nennenswerte deutschsprachige Online-Zeitschrift zur Mediävistik bekannt ist. (Sollte ich mich irren, freue ich mich über entsprechende Hinweise!)
Die Western Michigan University hat jedenfalls diese Woche die neue frei zugängliche mediävistische Online-Zeitschrift The Medieval Globe vorgestellt, deren erste Ausgabe sich mit neuen Ansätzen zur Geschichte der Pest befasst.
Eine Übersicht weiterer englischsprachiger Online-Journals (sowie ein Video einer Diskussionsrunde zum Thema „Open Access in der Mediävistik“ der International Conference on Medievalism vom 29. Oktober 2014) gibt es auf medievalists.net.

Das ewige Thema „Mittelalter im TV“: Der Online-Sender Netflix zeigt eine neue Serie über Marco Polo, die sich wohl an das Vikings- und Game of Thrones-Publikum zu richten scheint – Der Spiegel war jedenfalls nicht gerade begeistert, Die Zeit spricht von „bombastischer Leere“.
Bemerkenswert ist immerhin, dass Netflix für den Versuch, seine Abonnentenzahlen zu erhöhen und damit Marktanteile zu gewinnen, ausgerechnet auf historische Themen setzt – natürlich aufgemotzt mit Sex, Gewalt und asiatischer Kampfkunst, wie der ansonsten eher nichtssagende Trailer deutlich macht:

Fundstücke KW 49

Die Nachricht ist schon etwas älter, ich hatte immer gehofft, sie würde früher oder später auch in deutschsprachigen Medien ein Echo finden oder sogar Kommentare renommierter Forscher wie Alfred Geibig oder Stefan Mäder hervorrufen, doch leider war dies bislang nicht der Fall. Daher hier also der Link zur Originalmeldung in der Siberien Times: In Sibirien ist ein früh-/hochmittelalterliches Schwert gefunden worden, dessen Klinge sehr wahrscheinlich im Fränkischen Reich hergestellt wurde. Es könnte in späterer Zeit Iwan dem Schrecklichen gehört haben – ein äußerst gut erhaltener und spannender Fund!

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Im Rheinland geschmiedet, in Schweden montiert, in Sibirien gefunden … Foto (c) The Siberian Times

Das Nationalmuseum von Dänemark hat die Wikingersiedlung und den Königshof von Tissø digital wieder auferstehen lassen. Zwar habe ich im Detail so meine Schwierigkeiten mit der Rekonstruktion – z.B. wird wieder einmal das Klischee bedient, die Langhäuser der Wikinger hätten nur als Met-Halle und „Party Location“ gedient, statt als Wohnstätten –, doch die Umsetzung finde ich dennoch recht gelungen und anschaulich:

Richard III. und kein Ende: Der englische König erfreut sich seit der Entdeckung seiner Gebeine unter einem Parkplatz größerer Beliebtheit als zu Lebzeiten! Im aktuellen Bericht aus Spiegel Online geht es um die DNA-Analyse seiner Überreste und die Erkenntnis, dass wohl nicht alle seine Kinder seine Kinder waren

Die Zeit widmete in dieser Woche der neuen Sonderausstellung „Fleisch. Jäger, Fischer, Fallensteller in der Steinzeit“ im Neanderthal Museum in Mettmann einen Artikel: Heimwerker der Steinzeit von Sami Skalli.