Hagedorn: „Albrecht Dürer – Das Fechtbuch“

Dierk Hagedorn:

Dierk Hagedorn: „Albrecht Dürer – Das Fechtbuch“, Herne: VS-Books 2021.

Was habt Ihr während der Pandemie gemacht?
Dierk Hagedorn jedenfalls war fleißig, und so erscheint nur wenige Monate nach dem „Codex Amberger“ bereits der nächste von ihm bearbeitete Band der „Bibliothek der historischen Kampfkünste“.

Albrecht Dürer (der vor 550 Jahren geboren wurde) dürfte als Künstler weltweit bekannt sein. Der gelernte Goldschmied brillierte in verschiedenen Techniken wie Malerei, Zeichnung, Graphik, Kupferstich und Holzschnitt. Zu seinen berühmtesten Werken zählen neben seinen Selbstporträts die betenden Hände, der Feldhase oder seine Landsknecht-Darstellungen.
Doch Dürer beschäftigte sich auch Zeit seines Lebens mit verschiedenen Kampfkünsten und war maßgeblich an der Entstehung eines Fechtbuchs beteiligt, das heute in der Albertina in Wien aufbewahrt wird. Mit der vorliegenden Edition wird dieses streng gehütete Werk nun zum ersten Mal vollständig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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Forgeng (Hg.): Das Tower-Fechtbuch

Forgeng (Hg.): Das Tower-Fechtbuch, wbg.

Forgeng (Hg.): Das Tower-Fechtbuch, wbg.

Das Manuskript I.33 (neuerdings „FECHT1“) der Royal Armouries in Leeds, nach einem früheren Aufbewahrungsort auch als „Tower-Fechtbuch“ bekannt, weist einige Besonderheiten auf. Um 1320 vermutlich in einem fränkischen Kloster entstanden, gilt es als ältestes erhaltenes Werk zur mittelalterlichen Fechtkunst. Es ist ausschließlich dem Kampf mit Schwert und Buckler (einem kleinen Faustschild) gewidmet und bis auf die Verwendung einiger deutscher Fachbegriffe komplett auf Latein verfasst.
Sein Urheber, der sich im Text selbst als Luitger identifiziert, gehörte wohl dem geistlichen Stand an. Auf den hochwertigen Illustrationen wird er mit Tonsur und Mönchshabit dargestellt und als sacerdos („Priester“) bezeichnet, der einen Schüler (scolaris) unterrichtet. Im letzten Stück allerdings tritt statt diesem eine Schülerin namens Walpurgis auf – eine einmalige Erscheinung in der Geschichte der mittelalterlichen Fechtliteratur!

Bereits 2003 hatte der Fechthistoriker Jeffrey L. Forgeng eine erste englische Edition des Tower-Fechtbuchs vorgelegt. Eine stark überarbeitete Fassung erschien 2018 und diente als Grundlage für die erste deutschsprachige Gesamtausgabe, die nun von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft veröffentlicht wurde.

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U. Lehnart: Kleidung & Waffen der Dürerzeit (1480-1530) I

Lehnart: Kleidung & Waffen der Dürerzeit I, Berlin: Zeughaus 2021.

Lehnart: Kleidung & Waffen der Dürerzeit I, Berlin: Zeughaus 2021.

Die Reihe „Kleidung & Waffen“ von Ulrich Lehnart genießt seit Erscheinen des ersten Bands zur Früh- und Hochgotik 1998 unter rüstungs- und kostümhistorisch interessierten Leser*innen, Geschichtsdarsteller*innen und Schneider*innen mittelalterlicher Kleidung einen guten Ruf. Von den ehemals drei Bänden zur Spätgotik ist leider nur noch der letzte lieferbar, die vergriffenen Exemplare werden gebraucht z.T. zu fantastischen Preisen gehandelt. Die „Früh- und Hochgotik 1150-1320“ ist seit einigen Jahren als überarbeitete Neuauflage erhältlich.
Nun ist nach 15 Jahren Wartezeit endlich der erste Teil des abschließenden Bandes zur Dürerzeit oder beginennden Renaissance erschienen – erstmals nicht bei Karfunkel, sondern im Zeughaus-Verlag. An der bewährten Aufmachung hat sich nichts geändert, inhaltlich werden Kleidung, Rüstung und Waffen der Landsknechte, Reisläufer, Ritter und Reisigen behandelt.

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Matthias Toplak (Hg.): Die Wikinger

„Seeräuber und Krieger im Licht der Archäologie“

Toplak (Hg.) Die Wikinger, Darmstadt 2021.

Toplak (Hg.) Die Wikinger, Darmstadt 2021.

Nicht zuletzt dank populärer Darstellungen wie z.B. in der erfolgreichen Fernsehserie „Vikings“ erfreuen sich die Wikinger anhaltenden öffentlichen Interesses. Im Zuge dieser Aufmerksamkeit, weiterhin befeuert durch einige z.T. spektakuläre archäologische Neufunde, sind in den vergangenen Jahren auch zahlreiche populärwissenschaftliche Sachbücher über die frühmittelalterlichen Krieger und Seefahrer aus Skandinavien erschienen.
Hier reiht sich nun auch das vorliegende Werk, ein Sonderband der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ ein, was die Fragen aufwirft: Braucht es eine weitere Neuerscheinung zum Thema? Und: Kann der Band neue Erkenntnisse liefern?

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Das Bootsgrab von Sutton Hoo

Rätselhafter Lichtschein in einer dunklen Zeit

In der englischen Geschichtsschreibung werden die Jahrhunderte zwischen dem Abzug der Römer 410 und der Herrschaft Alfreds „des Großen“ (871-899) oder sogar bis zur normannischen Eroberung 1066 als Dark Ages bezeichnet – als dunkles Zeitalter, aus dem praktisch keine Schriftzeugnisse oder andere verlässliche Quellen überliefert sind. Lediglich archäologische Funde in überschaubarer Zahl werfen vereinzelte Schlaglichter auf Aspekte der angelsächsischen Geschichte und Kultur jener Zeit, werfen aber oft genug mehr Fragen auf, als sie beantworten können. Die am hellsten strahlende, in ihrer Einzigartigkeit aber zugleich auch rätselhafteste dieser spärlichen Lichtquellen ist das spektakuläre Bootsgrab von Sutton Hoo. Weiterlesen

Jahrestage mittelalterlicher Geschichte 2021

Das Jahr 2020 ist Geschichte, und Begriffe, die man in Zusammenhang mit diesem „Seuchen-„, „Krisen-„, „Katastrophen-„, „Schicksals“-Jahr immer wieder hören und lesen konnte, lauteten „historisch“, „denkwürdig“ oder auch „für die Geschichtsbücher“. Nun, die Zukunft wird zeigen, ob und wie man sich in (ein paar) hundert Jahren an die Ereignisse von 2020 erinnern wird …

Vergangenheit ist alles, was sich ereignet hat. Geschichte hingegen ist das, woran man (sich) erinnert, wovon es Zeugnisse, Belege, Quellen gibt, die interpretiert werden können und müssen.
In diesem Sinne folgt hier der jährliche, subjektive, schamlos eurozentrische und keineswegs vollständige Überblick historischer Ereignisse des Mittelalters, die sich 2021 jähren.

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Die modisch gekleidete Bogenschützin

„Sportbekleidung“ in einer englischen Modezeitschrift von 1831

La Belle Assemblée“ war eine frühe britische Frauenzeitschrift, die von 1806 bis 1837 erschien und dann vereinigt mit dem „Lady‘s Magazine and Museum“ als „The Court Magazine and Monthly Critic“ weiter geführt wurde. Von Beginn an publizierte die Zeitschrift Lyrik, Kurzgeschichten und Fortsetzungsromane sowie Beiträge zu Politik und Wissenschaft, daneben Theater- und Buchkritiken. Ab den 1820er Jahren verlegten sich die Herausgeber vermehrt auf Fragen der Haushaltsführung sowie die neuesten Nachrichten und Trends aus der Welt der Mode.
Bemerkenswert ist „La Belle Assemblée, or Court and Fashionable Magazine“, wie seit 1823 der vollständige Titel lautete, heute in erster Linie aufgrund seiner zahllosen, qualitativ hochwertigen und oft kolorierten Stahlstiche, die neben Noten und Schnittmustern vor allem ein Panorama modischer Vorstellungen der Regency-Zeit in Großbritannien widerspiegeln.

Band XIV Nr. 81 vom September 1831 enthält einen mehrseitigen Artikel über das Bogenschießen als ehrenwerten, schicklichen und gesunden Zeitvertreib, der Damen der gehobenen Gesellschaft wohl angemessen sei. Das ist nicht ohne Bedeutung, denn weibliche Bogenschützen waren zu dieser Zeit noch keineswegs eine Selbstverständlichkeit! Während der Napoleonischen Kriege (1803-1815) war das Bogenschießen in England weitgehend zum Erliegen gekommen, und viele der wenigen in den 1820er und 1830er Jahren noch bestehenden Vereinigungen akzeptierten keine Frauen als aktive Mitglieder. Unter der Patronage von König William IV. (reg. 1830-1837) und Königin Victoria (reg. 1837-1901) erlebte das sportliche oder freizeitliche Bogenschießen jedoch einen erneuten Aufschwung, von dem auch die Damen profitierten.
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Werkzeuge für Vianden

Burg Vianden ist eine mittelalterliche Befestigungsanlage im gleichnamigen Kanton in Luxemburg und mit einer Grundfläche von rund 85 mal 30 m eine der größten erhaltenen Burgen westlich des Rheins. In etwa 310 m Höhe auf einem Bergvorsprung gelegen, blickt die stattliche, in großen Teilen erhaltene Anlage über die Stadt Vianden und den Fluss Ours.
Den Ursprung des Baus bildete ein römisches Kastell des 4.-5. Jahrhunderts. Größere Bedeutung sowie zahlreiche Erweiterungen erfuhr die imposante Stauferburg und mächtigste noch bestehende Wehranlage Luxemburgs im 11. Jahrhundert. Anlass war der Umzug der Herren von Vianden aus der Eifel an diesen Ort. Bis ins 15. Jahrhundert waren die Grafen von Vianden die mächtigsten Herren zwischen Rhein, Mosel und Maas.
Von 1417 bis zur Französischen Revolution befand sich die Burg im Besitz des Hauses Oranien-Nassau. Im 17. Jahrhundert erhielt die Burg ein Herrenhaus im Renaissancestil. Während der französischen Revolution wurde sie konfisziert, jedoch 1815 an Großherzog Wilhelm I. von Luxemburg zurückgeben. Wenzeslas Coster, der damalige Bürgermeister der Stadt, erwarb die Burg 1820 bei einer Versteigerung für 3.200 Gulden. Er verkaufte die Materialien der Burg wie die Kupferverdachung, Bleiverglasung, Holztäfelung und Eisenbeschläge, Türen und Fenster, sodass die Bauten der Burganlage zusehends verfielen.
Im Jahr 1890 erwarb Großherzog Adolf aus dem älteren Haus der Nassauer die Ruine nun für 1100 Gulden mit der Absicht, sie wieder aufbauen zu lassen. Dazu kam es jedoch nicht, so dass die Anlage zwar im Besitz der Großherzöge verblieb, aber immer weiter verfiel. Im Jahr 1977 wurde sie verstaatlicht und seither schrittweise restauriert.

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Dierk Hagedorn & J. Christoph Amberger: Codex Amberger

Dierk Hagedorn & J. Christoph Amberger:

Dierk Hagedorn & J. Christoph Amberger: „Codex Amberger“, VS-Books 2020.

„Codex Amberger“ – selbst erfahrene, langjährige Fechtbuchforscher werden mit dieser Bezeichnung zunächst wenig anfangen können. Das Werk trägt nicht den Namen eines obskuren, vergessenen Fechtmeisters, Autors, Sammlers, Künstlers oder auch nur eines berühmten Vorbesitzers, sondern des Mannes, der es 2005 in einem New Yorker Antiquariat erwarb und nun gemeinsam mit dem ausgewiesenen Experten Dierk Hagedorn herausgegeben hat.
Bei seinem Fund handelt es sich um ein gebundenes Album von 15 handgemalten Blättern, die einzelne Szenen des Zweikampfs mit verschiedenen Wehren enthalten. Keine dieser Techniken kann allerdings besondere Originalität für sich beanspruchen, und lediglich auf einer Seite findet sich ein beschreibender Text. Verfasser und Künstler sind unbekannt, zu Entstehungszeit und -ort lassen sich nur Vermutungen anstellen. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um ein Fragment eines ursprünglich umfangreicheren, möglicherweise auch unvollendeten Werks, dessen Reste jedoch weiterhin als verschollen gelten müssen.
Was also macht dieses kleine „Sammelalbum“ so bedeutsam, dass es nun in einer wohlfeilen Ausgabe von 144 Seiten Aufnahme in die renommierte „Bibliothek der historischen Kampfkünste“ fand?

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Sonja Ulrike Klug: Zauberer des Zirkels

Klug: Zauberer des Zirkels, Nünnerich-Asmus-Verlag

Klug: Zauberer des Zirkels, Nünnerich-Asmus-Verlag

„Ein bemerkenswertes Phänomen mittelalterlicher Baukunst ist das völlige Fehlen von Bau- und Konstruktionsplänen, die so gestaltet sind, dass sich Gebäude damit vollständig planen lassen. Für etliche Bauwerke gibt es zwar Teilpläne einzelner Bauelemente, aber Gesamtpläne haben sich niemals gefunden.“

Dieses auffällige Fehlen von Bau- und Konstruktionsplänen beschäftigt Kunsthistoriker*innen, Bauforscher*innen, Architekt*innen und andere Wissenschaftler*innen und Pragmatiker*innen schon seit dem 19. Jahrhundert, als das (romantische) Interesse am Mittelalter und seinen Bauwerken seinen Anfang nahm.
Sollte es tatsächlich möglich sein, dass die Meisterwerke der gotischen Kathedralen und Klöster oder auch weltliche Großbauwerke wie Rat- und Warenhäuser, Steinbrücken u.a. komplett ohne zeichnerische Planung errichtet wurden? Das schien und scheint vielen Experten kaum vorstellbar.
Doch falls es sie gab: Wohin sind diese Pläne, Zeichnungen, Skizzen, Entwürfe und Ansichten dann verschwunden? Wurden sie nach Fertigstellung der Bauwerke abgeschabt und wiederverwendet – oder schlicht vernichtet, wie etliche Autoren annehmen?
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